Kalender führen hat mich schon immer begeistert. Bestimmt eine ganze Woche lang nach dem Kauf eines neuen Hausaufgabenhefts, Schulplaners oder eines teuren Moleskines habe ich ganz vorbildlich To Dos und Termine notiert und fleißig Notizen aufgeschrieben. Bis heute fühle ich mich selten so produktiv und organisiert, wie wenn ich meinen Namen in ein nigelnagelneues Notizbuch male. Darum hat mich das Bullet Journaling, das gerade im Netz viel diskutiert und illustriert wird, sofort angesprochen.

So viele schöne Schnörkel und Bildchen. Mein Problem war bisher jedoch die Beständigkeit. Da hapert es ein wenig - darum sind in all meinen Notizbüchern nur die ersten drei Seiten gefüllt. Ich benutze sie alle, weshalb ich nie so richtig weiß, wo ich was aufgeschrieben habe. Den Kalender meines iPhones nutze ich wesentlich öfter, für das, was mir gerne entfällt. Soll heißen, ich schaue nur sporadisch auf meine Termine. Oder ich tippe mit meinen Wurstfingern irgendetwas Falsches ein und bin dann irgendwo zu früh oder zu spät oder tauche gar nicht erst auf.

Das Bullet Journal basiert auf dem sogenannten Rapid Logging, das sich der New Yorker Produktdesigner Ryder Carrol ausgedacht hat, und das erstmal ein bisschen komplex wirkt. Er nennt es "das analoge System für das digitale Zeitalter". Das hat mich ziemlich angefixt und so beschloss ich das ganze Mal zu testen.

Bei dem Ganzen handelt es sich um einen Mix aus Kalender, Tagebuch, To-Do-Liste, Notizbuch und Archiv. Das ist so erstmal nicht neu, doch das Bullet Journal verspricht Hilfe für mehr Organisation und Effizienz, als es herkömmliche Kalender oder Smartphone-Apps vermögen. Mit Hinsicht auf die diversen digitalen Anwendungen schreibt Entwicklerin Belle Beth Cooper auf Quartz:  "Die meisten Methoden für Produktivität zwingen einen, sich nach ihrer Arbeitsweise zu richten, statt sich den Bedürfnissen des Nutzers zu beugen." Diese fehlende Flexibilität fände sie im klassischen Stift-und-Papier-System.

Also zog ich aus und legte mir ein Notizbuch mit Seitenzahlen zu. Das ist die wichtigste Voraussetzung für ein Bullet Journal. Denn mithilfe eines Inhaltsverzeichnis wird später durch die Aufgaben, Termine und Notizen navigiert, was ewiges Blättern erspart. Die Einleitung zum "Einrichten" des Notizbuchs klang für mich persönlich zunächst ein wenig kompliziert. Dabei stellte sich heraus, dass das Schwierigste sein sollte, ein Lineal zu finden. Kurz: Ist alles eigentlich ganz einfach.

Die Schritte

Auf den ersten drei bis vier Seiten richtet ihr euer Inhaltsverzeichnis oder den Index ein.

Dann folgen zwei oder vier Seiten für das Future Log (Zukunftsprotokoll). Dafür zählt ihr die Linien auf dem Papier und teilt sie durch drei. Mit einem Lineal zieht ihr zwei horizontale Striche und beschriftet die Bereiche mit den Monaten (im Tutorial hat das Future Log exemplarisch sechs Monate). Die Seiten des Future Logs notiert ihr im Inhaltsverzeichnis.

Auf den nächsten zwei Seiten folgt das Monthly Log (Monatsprotokoll). Auf der linken notiert ihr die Monatstage (1-30) und die abgekürzten Wochentage (Mo, Di, etc.), auf der rechten eure monatlichen To Dos und Termine. Auch die Seiten des Monthly Log werden im Inhaltsverzeichnis festgehalten.

Danach folgt euer Daily Log (Tagesprotokoll), das durch verschiedene Satzzeichen strukturiert wird: Aufgaben werden mit einem Punkt versehen, Termine mit einem Kreis und die Notizen mit einem Bindestrich. Wichtige Aufgaben markiert ihr mit einem Sternchen. Am Ende des Tages verwandelt ihr eure erledigten Aufgaben in ein x und bereitet euer nächstes Daily Log vor.

© Saba MBoundza

Noch offene To Dos werden in den nächsten Tag übertragen und mit einem > versehen. Aufgaben, die erst an einem anderen Tag oder in einem anderen Monat fällig werden, markiert ihr mit einem < und notiert die Aufgabe in eurem Future Log. So behaltet ihr den Überblick über langfristige Aufgaben und "das hilft euch, Ablenkungen auszusortieren", erklärt Erfinder Ryder Carrol. Wenn Aufgaben inzwischen überflüssig sind, streicht ihr sie einfach durch. So geht ihr auch vor, wenn ihr euer neues Monthly Log vorbereitet.

Aufgaben und Notizen könnt ihr zudem in eurer "Collection" in Themenblöcken zusammenfassen. Diese notiert ihr euch auch wieder auf einer freien Seite, deren Zahl ebenfalls im Inhaltsverzeichnis vermerkt wird.

© Saba MBoundza

Mein Urteil

Ryder Carrol sagt, die Strukturierung helfe zwischen beschäftigt und produktiv sein zu unterscheiden. Ich führe jetzt seit etwas mehr als einer Woche mein Bullet Journal und habe tatsächlich fast alle Punkte abgearbeitet – wobei ich auch nicht viel aufgeschrieben hatte.

Das System zu verinnerlichen, also in die tägliche Routine aufzunehmen, dauert nämlich ein bisschen. Dazu gehört allein schon, das Bullet Journal dabei zu haben und auch mehrmals täglich zu konsultieren. Sonst vergisst man einfach, sein Daily Log regelmäßig um die ganzen Sachen zu ergänzen, die einem am Tag noch so einfallen.

Ich hatte jedenfalls viel mehr zu tun, als ich mir in meinem Notizbuch vorgenommen hatte und habe sicherlich auch einiges verplant. Jedoch sitze ich derzeit auch nicht in einem Büro, wo man Notizen oft so selbstverständlich durchgeht wie sein E-Mail-Postfach. Wer also einen Arbeitsalltag hat und sein Bullet Journal zu Arbeitsbeginn, nach der Mittagspause und vor dem Feierabend aktualisiert, wird es sicherlich leicht finden, sich die Strukturierung zügig anzueignen.

Unterm Strich finde ich dieses manuelle Synchronisieren von Notizen und To Dos, das für Übersicht sorgt und Abläufe sortiert, definitiv hilfreich. Der Index macht mit Hinsicht auf normale Kalender tatsächlich einen Unterschied, wenn man seine täglichen Notizen sorgfältig in Collections sortiert.

Das System erinnert an eine Mind Map, die ständig erweitert und aktualisiert wird. Schon ein paar Minuten Bullet Journaling am Tag können helfen, sich einen klaren Kopf zu schaffen – einfach indem man Aufgaben priorisiert, Ideen ausformuliert und beides miteinander verknüpft. Dinge aufzuschreiben und mehrmals täglich durchzugehen, bleibt doch einprägsamer als etliche Alerts auf dem Smartphone. Für Inspiration rate ich übrigens dringend das #bulletjournal auf Instagram zu durchforsten.