Das ist der aktuelle Stand

CETA ist fertig verhandelt. Der Vertrag steht und ist öffentlich einsehbar (PDF). Noch ist der Vertrag allerdings nicht unterzeichnet. Die EU-Kommission hatte im Juli vorgeschlagen, CETA als ein "gemischtes Abkommen" einzustufen. Das bedeutet, dass einige im Vertrag ausgehandelte Punkte nicht in den Entscheidungsbereich der EU fallen, sondern in den der nationalen Parlamente. Es müssen also nicht nur die EU und Kanda dem Vertrag zustimmen, sondern auch alle Landesparlamente der 28-EU-Mitgliedsstaaten. Auch der deutsche Bundestag wird demnach über ein Ja oder Nein zu CETA abstimmen.

Am 23. September werden jedoch die EU-Handelsminister*innen in Bratislava darüber entscheiden, ob das CETA-Abkommen (mit Ausnahme der Regelungen zum Investitionsschutz) bereits vorläufig in Kraft treten wird. Dieses vorläufige Inkrafttreten ist eine nicht unumstrittene Praxis, die bewirken soll, dass die EU-Handelspolitik nicht durch die langatmigen Entscheidungsprozesse der 28 Landesparlamente gelähmt wird. Laut Zeit Online gilt es als wahrscheinlich, dass die EU-Handelsminister*innen der vorläufigen Anwendung zustimmen werden.

Das sagen CETA-Befürworter*innen

Befürworter*innen argumentieren, dass CETA sowohl das europäische als auch das kanadische Wirtschaftswachstum ankurbeln und dadurch Arbeitsplätze schaffen könnte. CETA ist schließlich ein Handelsabkommen, sprich, es ist dafür da, den Handel zwischen Kanada und der EU zu verbessern. Dafür sollen unter anderem Zölle abgeschafft werden, die für Unternehmen hohe Kosten darstellen.Expert*innen erwarten, dass europäische Unternehmen durch das Wegfallen von Zöllen und anderen Handelshindernissen zukünftig mehr nach Kanada exportieren werden. Dadurch würden europäische Unternehmen ihre Absätze steigern, also mehr produzieren und somit mehr Arbeitsplätze schaffen können. Dies könnte sich wiederum positiv auf die gesamte Gesellschaft auswirken: Es wird erwartet, dass durch CETA das Pro-Kopf-Einkommen und der allgemeine gesellschaftliche Wohlstand in der EU und in Kanada steigen.

Die EU-Kommission führt als bekräftigendes Beispiel das Handelsabkommen zwischen Südkorea und der EU an: "In den vier Jahren seit dem Inkrafttreten des Abkommens mit Südkorea war ein rascher Anstieg der EU-Ausfuhren in dieses Land zu verzeichnen – um 55 % bei Waren und um über 40 % bei Dienstleistungen. (...) Besonders wichtig ist dabei, dass ein Ausfuhrvolumen von 1 Milliarde Euro durchschnittlich etwa 14 000 Arbeitsplätze bedeutet."

Das sagen CETA-Gegner*innen

  • Schiedsgerichte: Kritiker*innen des Handelsabkommen befürchten, dass mithilfe von Schiedsgerichten demokratische Entscheidungen gefährdet werden könnten. Mithilfe von geltenden Verträgen wie CETA können Unternehmen Staaten auf Entschädigung verklagen, sollten sich die Bedingungen ändern, unter denen ein Unternehmen in einem Land investiert hat. Dies könnte dazu führen, dass sich die Politik künftig stärker an den Interessen der Wirtschaft orientiert.
    Dass Firmen Staaten aufgrund von abgeschlossenen Handelsabkommen verklagen können, wenn sich bestimmte Bedingungen ändern, ist allerdings nichts Neues. So klagte beispielsweise das schwedische Unternehmen Vattenfall vor einem internationalen Schiedsgericht gegen die Stilllegung seiner Kraftwerke, als Deutschland den Atomausstieg beschloss. Die umstrittenere Frage ist jedoch: WO diese Klagen verhandelt werden.
    CETA wurde hier bereits nachgebessert: statt über diese Klagen in privaten, intransparenten Schiedsgerichten zu entscheiden, soll ein ständiger, öffentlicher Gerichtshof eingerichtet werden. Verdi-Chef und CETA-Gegner Frank Bsirske kritisierte, dass dies jedoch nichts daran ändere, dass ausländische Investoren die Wahl einer besonderen Gerichtsbarkeit hätten, die eben nicht unabhängig sei.
  • Verbraucherschutz: Gegner*innen befürchten, dass durch CETA das europäische Vorsorgeprinzip untergraben werden könnte. Das Vorsorgeprinzip besagt, dass Produkte erst dann auf den Markt kommen dürfen, wenn ihre Unschädlichkeit nachgewiesen ist. Der CETA-Vertrag bekennt sich nicht explizit zu diesem Prinzip, sondern verweist auf die Welthandelsorganisation (WTO). Laut WTO-Recht gilt jedoch das amerikanische Nachsorgeprinzip. Sprich: Die Schädlichkeit eines Produkts muss erst bewiesen werden, bevor es von Behörden verboten werden kann. Umweltschützer*innen befürchten, dass so zum Beispiel Gentechnik durch die Hintertür eingeführt werden könnte. Das Bundeswirtschaftsministerium widerspricht allerdings diesen Vorwürfen: CETA gefährde das europäische Vorsorgeprinzip nicht.

Die Positionen der Bundestags-Parteien

SPD: Als Wirtschaftsminister ist SPD-Vorsitzender Sigmar Gabriel Gallionsfigur der Pro-CETA-Fraktion. Die Partei ist jedoch gespalten: Die Jusos sowie der linke Parteiflügel sind gegen das Handelsabkommen.

Auf dem SPD-Parteikonvent an diesem Dienstag einigten sich die Sozialdemokraten jedoch auf eine gemeinsame Linie: Pro CETA. "Internationale Kooperationen und Handelsabkommen sind unverzichtbar, um faire Regeln für den globalen Handel durchzusetzen", so Thomas Oppermann, Fraktionsvorsitzender der SPD im Bundestag

in einer Presseerklärung.

CDU/CSU: "

CETA ist das beste und fortschrittlichste Freihandelsabkommen, das die EU bisher erreicht hat", so Joachim Pfeiffer, wirtschafts- und energiepolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion in einer

Pressemitteilung. "Nur mit neuen modernen Freihandelsabkommen wie

CETA und TTIP wird es Europa gelingen, die Zukunft des Welthandels zu gestalten und die globalen Standards für das 21. Jahrhundert zu setzen. Gerade für ein Land wie Deutschland, in dem Millionen Arbeitsplätze vom Export abhängen, sind Freihandelsabkommen ein zentraler Beitrag für mehr Wirtschafswachstum, Wohlstand und sozialen Frieden."

Die Grünen: Die Bundestagsfraktionen der Grünen spricht sich gegen die Unterzeichnung des Handelsabkommens aus. "CETA ist nicht harmloser als TTIP", so Anton Hofreiter, Fraktionsvorsitzender der Grünen im Bundestag, 

in einer Presseerklärung. "Beide Abkommen sind intransparent, setzen auf private Schiedsgerichte und hebeln Umwelt-, Verbraucher- und Sozialstandards aus. Beide Abkommen müssen gestoppt werden – und zwar sofort. Der SPD sage ich: Wer gegen TTIP ist, muss auch gegen CETA sein. Wir brauchen fairen Welthandel statt neoliberale Konzernabkommen."

Die Linke: Für die Linke sind sowohl TTIP als auch CETA "ein Angriff auf Demokratie, Sozialstaat und klare Standards im Umweltrecht und im Verbraucherschutz", so Sahra Wagenknecht, Fraktionsvorsitzende der Linken, in einer Pressemitteilung. "Deshalb haben nur Großkonzerne und Superreiche ein Interesse daran. Wir fordern die Bundesregierung auf, den Menschen ohne Wenn und Aber zu versprechen, dass

CETA nicht an den Parlamenten vorbei vorläufig eingeführt wird."