Der Wahn um die Lebensmittel mit Superkräften findet kein Ende: Auf den Chia-Hype folgte die Goji-Beeren-Verehrung knapp verfolgt vom Spirula-Algen-Fieber. Superfood ist kein geschützter Begriff. Theoretisch könnte jeder Schokoladenhersteller das Wort auf die Verpackungen stempeln und damit den Absatz wahrscheinlich massiv steigern.

Denn die Wunderlebensmittel treffen den Nerv der Zeit. Sie unterstützen den Trend zur Selbstoptimierung und den Hang zum übernatürlichen Perfektionismus. Sie machen angeblich gesund. Und schlank. Und strahlend schön!

Die dunkle Seite des Hypes

Es ist ja gut, dass Menschen sich bewusster ernähren wollen und andere Geld damit verdienen können – allerdings wendet sich das Blatt, wenn andere Menschen und die Umwelt darunter leiden müssen.

Der Stern berichtete vom Quinoa-Korn, das bis zu seinem Aufstieg zum Superfood den Menschen in Bolivien als Grundnahrungsmittel diente. Durch die immense Nachfrage schoss der Preis so in die Höhe, dass die Einheimischen sich das Korn nicht mehr leisten konnten.

Der Import der Trendfoods geht außerdem auf Kosten der Umwelt: Açai-Beere aus Brasilien, Chia-Samen aus Mexiko, Matcha aus Japan. Ewig lange Transportwege – muss das sein?

Nein. Denn bei all der Aufregung um die exotischen Lebensmittel vergessen wir, dass vor der Haustüre Löwenzahn, Brennessel und Brombeeren wachsen – regionale Lebensmittel, die problemlos mit den Exoten mithalten können.

Die Verbraucherzentrale NRW deckte im Rahmen ihrer Recherche zu Superfood: Hype um Früchte und Samen einige Lebensmittel-Mythen auf:

Açai-Beere vs. Heidelbeere

Schon 2009 lobte  Talkshow-Königin Oprah Winfrey die Açai-Beere als das Wundermittel am Diäthimmel. Die Beere kommt aus Brasilien und besteht zu 90 Prozent aus ihrem Kern, nur die Haut ist essbar. Besonders der hohe Gehalt an Antioxidantien bescherte ihr eine steile Karriere. Aber: Heidelbeeren oder Sauerkirschen überbieten die Açai-Beere darin locker! Von Juli bis August ist die Heidelbeere regional genießbar und vielseitig verwendbar.

Chia-Samen vs. Leinsamen

Chia-Öl, Chia-Brot, Chia-Müsli – mittlerweile sind die quelligen Körner überall. Sie sollen durch ihren besonders hohen Gehalt an Eiweiß und Ballaststoffen unter anderem Sodbrennen oder Gelenkschmerzen lindern und – natürlich – eine Traumfigur bescheren. Allerdings stehen Leinsamen den Chia-Samen kaum nach. Insbesondere für Vegetarier und Veganer sind Leinsamen interessant: Sie sind sehr reich an Omega-3-Fettsäuren und Ballaststoffen. Und bedeutend günstiger.

Maqui-Beere vs. Rotkohl

Ähnlich wie die Açai-Beere soll die chilenische Maqui-Beere angeblich mit dem "höchsten Anthocyangehalt von allen Lebensmitteln auf der ganzen Welt" das Immunsystems stärken und entgiftend wirken. Anthocyane sind Antioxidantien. Deutschland bietet währenddessen mit einer Vielzahl von roten Beeren, Rotkohl oder Spinat aber auch so einige Lebensmittel, die hohe ORAC-Werte aufweisen und mindestens genauso gesund sind.

Also, statt euch für teuer Geld irgendwelche fancy Exoten zu kaufen, geht lieber auf den Wochenmarkt und deckt euch mit regionalem Superfood ein. Klingt vielleicht nicht ganz so hip, ist aber trotzdem sehr gesund und besser für die Umwelt.