Im Weiteren versehen wir das Wort M* mit einem Sternchen, um die Reproduktion des rassistischen Begriffs zu vermeiden.Weltweite Proteste,

gestürzte Denkmäler und die Abschaffung rassistischer Werbefiguren: Der gewaltvolle

Tod von George Floyd vor einem Monat stieß eine breite Debatte über das

kolonialistische Erbe und seine Spuren im heutigen Alltag an.

Eine dieser Spuren findet sich allerorts in der nordbayerischen Stadt Coburg. Auf Gullideckeln, an Häuserwänden und Kirchen ist das Stadtwappen abgebildet. Seine Mitte ziert der Schutzpatron Sankt Mauritius, der auch als sogenannter "Coburger M*" bekannt ist. Da die Abbildung des Heiligen auf rassistischen und kolonialistischen Stereoptypen basiert, fordern zwei Frauen nun eine Veränderung. Mit ihrer Petition auf change.org haben Juliane Reuther und Alisha Archie bereits über 2.700 Unterschriften gesammelt.

Haarkrause, dicke Lippen, große Goldohrringe: Dem klischeehaften Bild von Bewohner*innen afrikanischer Länder dürfte jede*r schon einmal begegnet sein. In Kinderbüchern, auf Schokoladenverpackungen oder eben im stadteigenen Wappen hat es vom Spätmittelalter bis heute überdauert.

Es sei per se nichts Schlechtes daran, eine Schwarze Person in einem Stadtwappen zu verewigen, sagte Reuther dem BayerischenRundfunk, es käme aber darauf an, wie die jeweilige Person abgebildet werde. Die Darstellung im Coburger Wappen erinnere an eine kolonialistische Darstellung und die damit verbundene Sklaverei. Das mache sie rassistisch.

Diskriminierend, traumatisierend und erniedrigend

Auch die Bezeichnung als "Coburger M*" kritisiert Reuther: "Das Wort M* wird von Schwarzen Menschen als eine Art Pendant zum N-Wort erfahren. Es wirkt diskriminierend, traumatisierend und erniedrigend." Das Wort sei "nie neutral" gewesen. In einem eigenen Beitrag zum Thema auf Noizz erläutert sie auch, warum: "Das Wort geht nämlich sowohl auf das griechische moros, was so viel wie töricht und dumm bedeutet, zurück, als auch auf das lateinische maurus, das für dunkel, schwarz und afrikanisch steht."

Das Wort M* wird von Schwarzen Menschen als eine Art Pendant zum N-Wort erfahren. Es wirkt diskriminierend, traumatisierend und erniedrigend.
Juliane Reuther

Seine erste Verwendung galt eigentlich den Nomadenvölkern der Mauren, die in nordafrikanischen Ländern lebten. Zu ihnen soll auch der Heilige Mauritius gehört haben, der bis heute das Coburger Stadtwappen schmückt. Ursprünglich aus Ägypten stammend, starb er um 290 nach unserer Zeitrechnung als Legionär in der Schweiz. Da er seinen christlichen Glauben verteidigte und sich für seine Truppe opferte, wurde er als Märtyrer gefeiert. Aus diesem Grund nahm man ihn auch in das Coburger Wappen auf.

Dass Mauritius durch seine ägyptische Herkunft nicht so aussah, wie darauf abgebildet, begründet die Stadt Coburg auf ihrer Webseite wie folgt: "Allerdings war Mauritius kein M*, wurde aber als Afrikaner, wegen seines Namens von den Künstlern des Mittelalters gern als solcher dargestellt." In ihrem Petitionsschreiben werfen Reuther und Archie den Zuständigen vor, trotz besserem Wissen, rassistische Zuschreibungen zu zelebrieren.

Der Kultur- und Museumswissenschaftler Dr. Hubertus Habel, der seine Dissertation zum Heiligen Mauritius verfasste, negiert eine rassistische Konnotation. Seiner Meinung nach müsse man das Stadtwappen im damaligen zeitlichen Kontext verstehen, wie er im Interview mit der Süddeutschen Zeitung sagte. Durch seinen Einsatz fürs Christentum, sei das Wappen "ein Akt von Dankbarkeit und Hochachtung" gewesen. Dieser Meinung schließt sich auch die Stadt Coburg an, wie deren Pressesprecher Louay Yassin gegenüber ze.tt angab.

Koloniales Erbe im deutschen Stadtbild

Auch andernorts werden gehäuft Proteste zur Beseitigung kolonialer und rassistischer Symbole im Stadtbild laut. In einer anderen Petition fordern tausende Menschen das Wappen des Stuttgarter Bezirks Möhringen zu ändern, wie die Badische Zeitung berichtete. Besagtes Bezirkswappen zeigt neben einer Fahne, fünf Kreisen und einem Rad auch den Kopf eines Schwarzen Menschen. Wie auch in Coburg wird dieser mit krausem Haar, großen Kreolen und dicken, roten Lippen abgebildet.

In Berlin ist die Liste der kolonialgeprägten Straßen und Orte lang. Ein prominentes Beispiel ist der U-Bahnhof M*-Straße. Seine Umbenennung in Anton-Wilhelm-Amo-Straße forderten jüngst Wissenschaftler*innen und Studierende des Instituts für Europäische Ethnologie der Humboldt-Universität. Sie wünschen sich zudem die Errichtung eines postkolonialen Lern- und Erinnerungsortes an besagter Stelle.