Als der chilenische Präsident Sebastian Piñera das in Santiago angesetzte UN-Klimatreffen aufgrund der politischen Unruhen in seinem Land absagte, waren viele in den sozialen Medien in heller Aufregung: Gibt es dieses Jahr etwa keine Klimakonferenz der Vereinten Nationen, kurz COP? Und das, obwohl sich die Klimafrage selten so aufdrängte wie jetzt? Doch dann bot schnell die spanische Regierung Madrid als Austragungsort an. Am Montag beginnt dort die elftägige Klimakonferenz. Auch der chilenische Präsident Piñera wird teilnehmen. Denn offiziell ist Chile nach wie vor Host – nun eben an der Seite der spanischen Regierung.

Auch wenn die Befürchtungen einer Absage der Klimakonferenz sich nicht bewahrheiteten, so zeugen sie doch davon, welche Bedeutung dem Weltklimagipfel beigemessen wird. Mittlerweile wird gefühlt ständig über das Klima konferiert: Im Juni war die UN-Klimakonferenz in Bonn, im September der UN-Klimagipfel in New York, jetzt eben die einmal im Jahr stattfindende COP, das Treffen der Vertragsstaaten der Klimarahmenkonvention und des Kyoto-Protokolls. Es tut sich also was – müsste man meinen. Doch die CO2-Emissionen sind weltweit so hoch wie nie zuvor.

Über 37 Milliarden Tonnen CO2 wurden 2017 nach Angaben der Europäischen Kommission weltweit ausgestoßen. Das ist der bisher höchste gemessene Wert. Zum Vergleich: 1990 waren es noch knapp 22,7 Tonnen CO2. Erst vergangene Woche zeigte ein Monitoringbericht der Bundesregierung: Der globale Treibhausgasausstoß erreicht einen neuen Rekordwert. Die Temperatur steigt in Deutschland seit Beginn der Wetteraufzeichnung bereits um 1,5 Grad Celsius. Im letzten Monitoringbericht 2015 war noch von 1,2 Grad die Rede.

Warum ist es so schwer, Beschlüsse zu erzielen, die etwas bringen?

Zum einen ist es die Vielzahl der unterschiedlichen Vertreter*innen und Interessensgruppen, die jedes Jahr zum UN-Klimagipfel anreisen. Zur COP kommen Regierungsvertreter*innen aller 197 Vertragsstaaten, darunter die Mitglieder der UN, Palästina, die Insel Niue, die Cookinseln und die EU. Dazu kommen Journalist*innen, NGOs, Wirtschaftslobbyist*innen wie die Internationale Handelskammer ICC, Gewerkschaften, wissenschaftliche Organisationen und Jugendbewegungen. Insgesamt werden in Madrid bis zu 30.000 Besucher*innen erwartet.

Jede Gruppe verfolgt eigene Interessen und versucht, Einfluss auf die Themen und den Verlauf der Konferenz zu nehmen. Das macht es sehr schwierig, innerhalb von wenigen Tagen zu Übereinkünften zu kommen. Viele Tagesordnungspunkte werden lang diskutiert, manchmal kommt es sogar zu Eklats. Die Klimakonferenz im Jahr 2000 in Den Haag musste zum Beispiel aufgrund von Streitigkeiten unterbrochen werden musste. Sie wurde dann ein halbes Jahr später fortgesetzt.

Ein Beschluss bei einer Klimakonferenz bedeutet erst einmal noch nichts. Denn im Anschluss muss jeder Staat die Vereinbarungen von seinem Parlament beschließen lassen. Einige Beschlüsse treten offiziell erst ab einer gewissen Anzahl von Zustimmungen in nationalen Parlamenten in Kraft. Das war zum Beispiel beim Kyoto-Protokoll der Fall, das bei der Klimakonferenz 1997 beschlossen wurde, aber erst 2002 gültig wurde, weil viele Staaten so lang brauchten, um die Maßnahmen durch ihre nationalen Parlamente zu bringen.

Worauf hat man sich bisher geeinigt und was wurde davon eigentlich umgesetzt?

Als Anfang der internationalen Klimapolitik im heutigen Sinne wird meist das Jahr 1992 genannt. Damals unterschrieben zunächst 154 Staaten in Rio de Janeiro eine Klimarahmenkonvention. Ein historischer Moment, denn zum ersten Mal wurde die Klimakrise offiziell als globales Problem anerkannt. In der Konvention wurde als Ziel festgehalten: "Die Stabilisierung der Treibhausgaskonzentrationen in der Atmosphäre auf einem Niveau zu erreichen, auf dem eine gefährliche anthropogene Störung des Klimasystems verhindert wird. Ein solches Niveau sollte innerhalb eines Zeitraums erreicht werden, der ausreicht, damit sich die Ökosysteme auf natürliche Weise den Klimaänderungen anpassen können, die Nahrungsmittelerzeugung nicht bedroht wird und die wirtschaftliche Entwicklung auf nachhaltige Weise fortgeführt werden kann."

Von diesem Ziel kann man wohl getrost behaupten, dass es sehr schwammig formuliert und bisher nicht ausreichend umgesetzt wurde. Die Klimarahmenkonvention trat 1994 in Kraft, ein Jahr später fand die erste offizielle Klimakonferenz der Vertragsstaaten statt, die COP1.

Fünf Jahre nach Rio folgte eines der bekanntesten Dokumente der UN-Klimakonferenzen: das Kyoto-Protokoll. Dieses erste völkerrechtlich verbindliche Klimaabkommen hatte vor allem ein Ziel: Der jährliche Treibhausgasausstoß der Industrieländer sollte im Schnitt um 5,2 Prozent im Vergleich zu 1990 sinken – und zwar im Zeitraum von 2008 bis 2012. Die EU-Mitgliedsstaaten einigten sich sogar auf acht Prozent Reduktion. Ein Blick auf die Zahlen zeigt: Die EU hat es sogar geschafft, ihren CO2-Ausstoß in diesem Zeitraum um durchschnittlich knapp 12,3 Prozent im Vergleich zu 1990 zu reduzieren. Weltweit sieht das jedoch anders aus. Hier sind die Emissionen in der gleichen Zeit angestiegen – und zwar um durchschnittlich 49 Prozent.

Das liegt vor allem daran, dass Entwicklungsländer von dieser Vereinbarung ausgenommen wurden. Außerdem hatte die USA sich verweigert, teilzunehmen. In Doha wurde das Kyoto-Protokoll um acht Jahre verlängert, 2020 läuft es erneut aus. Dabei sprachen sich die teilnehmenden Staaten 2012 für ambitioniertere Ziele aus: Die Industrieländer sagten zu, ihre CO2-Emissionen bis 2020 gegenüber 1990 um 18 Prozent zu reduzieren. Die EU setzte sich die 20-Prozentmarke zum Ziel. In den vergangenen Jahren waren die EU-Mitgliedsstaaten knapp davor.

Ein anderes großes Thema der UN-Klimagipfel war in den vergangenen Jahren die Erderwärmung. 2009 wurde bei der Klimakonferenz in Kopenhagen nach langem Hin und Her beschlossen, die Erderwärmung auf bis zu zwei Grad begrenzen zu wollen. Einige Staaten lehnten das ab, sie hatten während der Verhandlungen eine 1,5-Grad-Grenze gefordert. Dazu kam es dann sechs Jahre später mit dem Pariser Klimaabkommen. Bis heute gilt der Klimagipfel in Paris 2015 als Durchbruch in der internationalen Klimaschutzpolitik. Erstmals kam damit ein Klimaschutzvertrag zustande, der heute für fast alle Staaten der Welt Gültigkeit hat. Im Gegensatz zu den vertraglich festgelegten Klimaschutzvorgaben bestimmen die Länder mit dem Pariser Vertrag selbst, welche Maßnahmen sie ergreifen, und melden sie dem UN-Klimasekretariat. US-Präsident Donald Trump stieg im Sommer 2017 allerdings aus dem Vertrag aus.

In Kattowitz wurde 2018 ein 100 Seiten starkes Regelbuch beschlossen. Es soll sicherstellen, dass im Pariser Klimaschutzvertrag festgelegte Ziele eingehalten und ohne Schlupflöcher umgesetzt werden. Es setzt erstmals nicht nur für die Industrieländer, sondern für alle teilnehmenden Staaten verbindliche Standards. Alle fünf Jahre sollen weitere ambitioniertere Ziele gesetzt werden, um die Vereinbarungen von Paris einhalten zu können.

Was steht dieses Mal auf der Tagesordnung?

Seit dem vergangenen UN-Klimagipfel haben vor allem die Proteste für den Klimaschutz und etliche Bewegungen und Umweltorganisationen Aufwind bekommen. Dementsprechend hoch sind die Erwartungen an die kommenden Tage in Madrid. Zu erwarten ist, dass es bei der diesjährigen Konferenz vor allem um die letzten Detailfragen zum Pariser Klimaabkommen und dessen konkrete Umsetzung gehen wird. Außerdem wird der Emissionshandel diskutiert, für den es nach wie vor mehrere Märkte gibt, und die Frage, mit welchen Maßnahmen die Staaten ihre Anstrengungen weiter erhöhen können.

Gibt es Alternativen zur COP?

Ja, die gibt es. Zum einen gibt es nicht nur die COP, es gibt auch den Climate Action Summit der Vereinten Nationen. Der fand im September in New York statt. Diese Konferenz soll zur Vorbereitung des Klimagipfels dienen und findet deshalb jährlich ein paar Monate vorher statt. Auf Grund der nach wie vor steigenden Emissionen rief UN-Generalsekretär Antonio Guterres die Vertragspartner*innen in New York zusammen, um unter anderem zu besprechen, wie sich die Treibhausgasemissionen innerhalb der nächsten zehn Jahre um 45 Prozent senken und bis 2050 gar Nullemissionen erreichen lassen.

Unabhängig davon fand dieses Jahr außerdem zum zweiten Mal die Internationale Klimakonferenz (ICCA) statt. Im Mittelpunkt stehen hier vor allem die Kommunen, die gemeinsam mit anderen politischen und wirtschaftlichen Vertreter*innen von Staaten und Regionen über den Klimaschutz diskutieren und sich über Klimaschutzprojekte austauschen. Die erste ICCA fand 2015 in Hannover statt, die zweite dieses Jahr in Heidelberg. Dabei unterschrieben die teilnehmenden Vertreter*innen eine Partnerschaftserklärung zum gemeinsamen Klimaschutz.

Zusätzlich zu den eher politischen Konferenzen gibt es regelmäßig eine Vielzahl wissenschaftlicher Klimakonferenzen, bei denen sich Forscher*innen aus aller Welt regelmäßig über den aktuellen Stand der jeweiligen Forschungsgebiete rund ums Klima austauschen. Diese Konferenzen gehen meist viel mehr ins Detail. Ein Beispiel dafür ist der seit zwei Jahren stattfindende K3-Kongress. Trotzdessen bleibt die COP, vor allem wegen der dort herrschenden großen Repräsentanz, eines der bedeutendsten weltweiten Zusammentreffen von Vertreter*innen aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft.