Seit spätestens 18. März sind alle Zoos und Tierparks in Deutschland geschlossen. Wegen der Corona-Krise sind sie zu – genauso wie andere Betriebe, in denen Menschen zusammenkommen und sich anstecken könnten. Doch über die langfristigen Folgen hatte sich wohl niemand Gedanken gemacht.

Das tat nun Verena Kaspari. Sie ist Direktorin des Neumünster Zoos mit einer extremen Einstellung. Der Welt sagte sie, dass die Lage in ihrem Tierpark so dramatisch sei, dass sie Notfallpläne zur Schlachtung einiger Tiere erstellt habe, um sie an andere Tiere verfüttern zu können. Nur so bekämen sie ausreichend Nahrung. Das sei zwar der letzte Ausweg, aber durchaus möglich. "Im schlimmsten Fall werde ich Tiere euthanasieren müssen, ehe ich sie verhungern lasse", sagt sie.

Wir haben das Gefühl, wir sind vergessen worden.
Volker Homes vom Verband der zoologischen Gärten

Volker Homes, Geschäftsführer des Verbands der zoologischen Gärten (VdZ) widerspricht ihr. "So, wie es der Tierpark Neumünster darstellt, wird es nicht passieren", sagt er. Eine Gesellschaft dürfe so etwas nicht zulassen, das sei auch nicht Verbandsmeinung. "Mit so einem Szenario 'Gebt uns Geld oder wir töten unsere Tiere' sollte man weder in die Medien noch in die Politik gehen, so einen Druck wollen wir nicht aufbauen. Das ist Unsinn".

Dass den Zoos dringend geholfen werden müsse, sei allerdings unumstritten. Die Winter sind traditionell eine schlechte Jahreszeit für Zoos. Nur wenige Besucher*innen besuchen in der kalten Periode die Tiere, Einnahmen gehen zurück. "Es ist normal, dass Zoos sich über diese Zeit ein Defizit anhäufen", sagt Homes. "Doch während und nach Ostern brummt normalerweise richtig der Laden." Dieses Brummen fällt diesmal aus. Das Defizit steigt weiter.

Ein Zoo ist keine Fabrik, die man runterfahren kann

Durchschnittlich 35 Millionen Gäste zählen alleine die im Verband organisierten deutschen Zoos jedes Jahr. Dadurch nehmen sie insgesamt mehrere Millionen Euro pro Woche einnehmen. Dieses Geld fehlt nun – doch die Ausgaben bleiben. Man könne Zoos naturgemäß nicht einfach herunterfahren, wie andere Betriebe die Produktion einstellen. Tiere müssen weiter fressen und medizinisch versorgt werden, für all das brauche man Mitarbeiter*innen. "Wir haben das Gefühl, wir sind vergessen worden", sagt Homes.

Wie sich ein Zoo finanziert, ist von seiner Betriebsstruktur abhängig. Es gibt private Zoos, wie der Tierpark Hagenbeck in Hamburg oder der Opel-Zoo in Kronberg, die sich ausschließlich über ihre Eintrittsgelder finanzieren. Bei den meisten übernimmt die Kommune einen Teil der Kosten. Viele können sich das gerade nicht leisten, vor allem strukturschwache Regionen.

In den Verbands-Zoos werden insgesamt 180.000 Wirbeltiere gehalten. Viele von ihnen gehören zu bedrohten Arten und sind Bestandteil internationaler Erhaltungszuchtprogramme. "Ein möglicher Verlust dieses wertvollen Tierbestandes wäre ein herber Rückschlag für unseren Kampf um den Erhalt der Biodiversität und käme somit einer Katastrophe gleich", schreibt Jörg Junhold, Präsident des VdZ und Zoodirektor in Leipzig, in einer Pressemitteilung. In einem offenen Brief bittet der Verband daher Bundeskanzlerin Angela Merkel um ein 100 Million-Euro-Soforthilfe-Programm, damit der Betrieb zumindest wenige Wochen gesichert werden kann. Die Bundesregierung verabschiedete zwar vor Ostern einen ersten finanziellen Rettungsschirm. Da viele Zoos aber kommunal verwaltet sind, dürfen sie laut den Statuten des Rettungsschirms nicht davon profitieren.

Volker Homes hofft indes, dass die Zoos sehr bald wieder öffnen können. "Man müsste natürlich strengen Sicherheitsvorkehrungen treffen. Mindestabstände an der Kasse, die Restaurants könnte man geschlossen halten, Bodenmarkierungen ähnlich wie in den Supermärkten". Es müsse in jedem Fall eine Lösung her, denn geschlossen bleiben können die Zoos allein wegen dem Wohl der Tiere nicht. Was sonst passieren würde? Dazu äußert sich Homes nicht.