Wir fassen uns ständig unbewusst ins Gesicht – wovor wegen des Coronavirus gewarnt wird. Die Website Do not touch your face will uns dieses Verhalten mithilfe eines Algorithmus abtrainieren.

Im Auge herumreiben, die Nase kratzen, am Ohrläppchen herumspielen: Wir fassen uns ständig ins Gesicht, bestimmt dutzende Male am Tag. Wer sich und andere vor dem Coronavirus schützen will, der sollte das unterlassen – raten Virolog*innen. Da es sich dabei um eine unterbewusste Angewohnheit handelt, ist es gar nicht so einfach, sich diese abzugewöhnen. Das zeigte bereits ein Videozusammenschnitt verschiedener Politiker*innen und Gesundheitsbeauftragter, das vergangene Woche viral ging. In den Aufnahmen warnen die Sprecher*innen davor sich ins Gesicht zu fassen, nur um Momente später (oder kurz vorher) eben das zu tun.

Wie schaffen wir es also, uns von dieser Angewohnheit zu befreien?

Diese Frage stellten sich auch die Webdesigner Mike Bodge, Brian Moore und Isaac Blankensmith und kreierten eine Anwendung, die uns dabei helfen soll, nicht ständig die Finger im Gesicht zu haben. Unter Do not touch your face können wir mit Hilfe einer Webcam einen Algorithmus so trainieren, dass er binnen kürzester Zeit erlernt, wann wir unser Gesicht berühren und wann nicht. Zu Beginn werden hierfür zwei Videos aufgenommen: eines bei dem wir uns im Gesicht herumpatschen – eines, wo wir es unterlassen. Sobald das System den Unterschied verstanden hat, warnt es uns jedes Mal, wenn wir drohen, in gewohnte Muster zu verfallen. Dann ertönt ein – binnen kürzester Zeit wahnsinnig nerviges – "No" und die Seite färbt sich rot. Das funktioniert natürlich nur, solange wir die Kamera angeschaltet und die Website in einem Tab geöffnet lassen.

Warum fassen wir uns überhaupt ins Gesicht?

Hirnforscher*innen der Uni Leipzig haben bereits 2014 eine Antwort auf diese Frage gefunden und eine Studie in der Fachzeitschrift Brain Research veröffentlicht. Aus dieser geht hervor, dass die Selbstberührung im Gesicht ein Anzeichen für Stress und Anspannung ist. In langjährigen Experimenten hatte das Team um den Psychologen Martin Grunwald die Hirnaktivität von Proband*innen gemessen. Die Ergebnisse zeigten, dass die Hirnströme unmittelbar vor der Berührung sanken – was eine Überlastung des Arbeitsspeichers bedeutet und zu erhöhter emotionaler Belastung führt. Sobald die Teilnehmer*innen ihr Gesicht berührt hatten, stiegen die Werte wieder an. Uns ins Gesicht zu fassen hilft uns also scheinbar, kognitive Veränderung und Stress zu regulieren.

Wenn uns Selbstberührung den Stress nimmt, ist es dann nicht kontraproduktiv, es sein zu lassen?

Vielleicht. Leider übertragen wir aber mit unseren Händen eben auch Bakterien und Viren, die im schlimmsten Fall zu Krankheiten führen. Aufgrund der steigenden Infektionsfälle mit COVID-19 sollten wir uns dieser Angewohnheit also erstmal entledigen. Wer nicht 24/7 am Computer hängen und sich von einer Website erziehen lassen möchte, kann auch auf folgende Tipps zurückgreifen:

  • finde heraus, in welchen Momenten du dir ins Gesicht fasst
  • bitte Kolleg*innen, Freund*innen oder Familienmitglieder dich darauf aufmerksam zu machen
  • nutze saubere Handschuhe oder ein Taschentuch, wenn du dir ins Gesicht fassen musst
  • wasch dir die Hände mit einer geruchsintensiven Seife, damit dir auffällt, wenn sich deine Hände dem Gesicht nähern
  • eine Alternative finden: z. B. zur Selbststimulierung Daumen und Zeigefinger aneinanderreiben.