Wir haben das getan, wovon so viele träumen: Wir haben unsere Jobs gekündigt und sind 14 Monate um die Welt gereist. Wir, das sind mein Mann Max und ich, Steffi, zwei Anfangdreißiger*innen, mitten im Leben, mit guten Jobs, guten Gehältern und einer hübschen Mietwohnung. Und statt weiter die Karriereleiter hochzuklettern, haben wir kurz nach unserer Hochzeit all das hinter uns gelassen, die Wohnung untervermietet, den fetten Kleiderschank gegen zwei Backpacks getauscht, den gut gefüllten Schuhschrank gegen zwei paar Sneaker und Badelatschen getauscht – und sind raus in die Welt. Ins Unbekannte.

Als wir zurückkamen, fiel Max und mir auf, dass die Vorstellungen und die Realität einer Weltreise manchmal ganz schön weit auseinandergehen. Ein Großteil unserer Freund*innen glaubte beispielsweise, wir hätten 14 Monate am Strand gelegen, uns die Sonne auf den Bauch scheinen lassen und Cocktails getrunken. Ich erzähle euch hier, auf was ihr euch wirklich gefasst machen müsst, wenn ihr auf eine Weltreise geht.

"Wow, ein Jahr unterwegs? Dann habt ihr sicher die ganze Welt gesehen!"

Viele Menschen sind überrascht, wenn wir erzählen, dass wir in diesem oder jenem Land nicht waren – wir waren schließlich 14 Monate unterwegs. Aber nein, wir waren nicht überall, bei Weitem nicht, wir haben sogar ganze Kontinente wie Australien und Afrika ganz ausgelassen. Warum? Weil die Welt viel zu groß ist, um sie in etwas mehr als ein Jahr zu packen.

Wir haben in 14 Monaten diese 20 Länder besucht:

Wir wollten eben nicht durchrasen und nur kurz an den Sehenswürdigkeiten stoppen und die Highlights abgrasen. Wir wollten die Länder erleben. Eintauchen, Zeit mit den Menschen verbringen, die Kultur kennenlernen, ein Gefühl für das Land bekommen. Manchmal landeten wir in abgelegenen Gegenden, in denen wir die einzigen Tourist*innen waren oder wurden in lokalen Bussen angestarrt wie Außerirdische. Vor allem wenn man wie die Einheimischen reist – mit Bussen, Fähren und klapprigen Vans – bekommt man tiefe Einblicke in ein Land – und man kommt immer ins Gespräch. Auf diese Weise zu reisen, kostet allerdings Zeit.

Und glaubt nicht, eure Bucketlist würde auf einer Weltreise kürzer! Auch auf einer Langzeitreise wird es Orte geben, die ihr von der Wunschliste streichen müsst, die Zeit wird nie für alles ausreichen. Und obwohl wir unendlich viel gesehen und erlebt haben, stehen jetzt sogar noch viel mehr Ziele auf unserer Bucketlist als zuvor.

"Und dann habt ihr die ganze Zeit in tollen Luxushotels mit privater Poolvilla abgehangen?"

Glaubt man Instagram und Co, könnte man annehmen, als Reisende*r steigt man ausschließlich in schicken Boutiquehotels mit privaten Poolvillen ab. Immerhin hat man ja ganz bestimmt fleißig für so eine Weltreise gespart. Doch wenn ihr nicht gerade im Lotto gewonnen habt oder eine*r der Top-Influencer*innen seid, werden schicke Hotels eher selten eure Unterkunft für die Nacht sein. Aber keine Angst, wenn man wie wir 14 Monate unterwegs ist, bedeutet das auch nicht, dass man in völlig versifften Hostels schlafen muss, auf Matratzen mit Bettwanzen und 20 anderen Mitbewohner*innen. Ein hübsches Doppelzimmer mit Klimaanlage und eigenem Badezimmer war bei Max und mir fast immer drin, ganz selten auch ein Luxushotel.

Wer sparsam ist, dem*r werden 10.000 Euro für ein Jahr reichen.

So solltet ihr kalkulieren: Die Übernachtungskosten haben circa ein Viertel unserer Reisekosten ausgemacht. Das war’s bei so einer langen Zeit aber allemal wert, ein bisschen Komfort tut hier und da wirklich gut. Mein Tipp: Sucht euch Gasthäuser und kleine Hotels, denn die sind oft richtige Juwele; die Stimmung ist familiär, das Personal herzlich statt unterwürfig und man bekommt meistens die besten Insidertipps. Meist haben wir unsere Unterkünfte auf den gängigen Buchungsportalen gefunden oder von anderen Blogger*innen empfohlen bekommen; gerade da waren echte Perlen dabei. In Asien kann man sich auch immer was vor Ort suchen und die Zimmer direkt anschauen, was mit Backpack manchmal aber echt anstrengend ist.

Und was kostet so eine Weltreise insgesamt? Das kann man so pauschal leider nicht sagen, kommt es doch auf die Länder und euren Reisestil an. Wer sparsam ist, dem*r werden 10.000 Euro für ein Jahr reichen. Wer ein bisschen Komfort braucht vermutlich 15.000 Euro, wer schnell und bequem reisen möchte 50.000 Euro. Rund 30 Prozent unseres Budgets haben wir für Flüge und Transportkosten in den einzelnen Ländern ausgegeben, ein Viertel solltet ihr für Unterkünfte einrechnen. Etwa 20 Prozent gehen für Lebensmittel drauf, zumindest wenn ihr Wert auf richtiges Essen legt, wenn ihr euch dauerhaft Reis aus dem Wasserkocher oder Instantnudeln schmecken lasst, kann man hier einiges sparen, und zehn Prozent für Entertainment – also Eintritte, (Mehrtages-)Touren, Ausflüge, Extras wie beispielsweise Tauchgänge oder auf was ihr eben steht, Partys.

Und der Rest? Krankenversicherung und Visa (das könnt ihr vorher schon berechnen), Wäsche waschen, Schmiergelder, lokale Simkarten, Kosmetika und Shopping (sehr wenig, weil man alles tragen muss).

"Euer Urlaub war bestimmt super entspannt!"

Anfangs dachte ich auch, wir würden an weißen Sandstränden, unter im Wind raschelnden Palmen, mit einem kühlen Drink in der Hand liegen und entspannen. Ja, das hätten wir sicherlich machen können – Gelegenheiten hätten wir nicht zu knapp gehabt. Aber dann hätten wir so viel anderes verpasst. Und wenn man so viel wie möglich sehen will, ist das – ihr könnt es euch denken – teilweise ziemlich anstrengend.

Wenn man bei 35 Grad mit dem Backpack auf dem Rücken durch die Gegend irrt, wenn man etwas zu essen kaufen will, aber der*die lächelnde Verkäufer*in einen nicht versteht, wenn das Hotelzimmer eher dem Sperrmüllhaufen vor der Tür als den Fotos im Internet ähnelt oder die Taxifahrt plötzlich das Doppelte kosten soll. Lange Busfahrten, hohe Luftfeuchtigkeit, eiskalte Zimmer ohne Heizung oder das permanente Weiterziehen schlauchen. Und glaubt nicht, dass die ganze Zeit die Sonne scheinen wird: Manchmal setzt euch auch furchtbares Wetter zu.

Auf einer Langzeitreise wird es den ein oder anderen Tag geben, an dem ihr euch zurück in euer eigenes Bett wünscht. Und es wird einiges schiefgehen. Manchmal wird der Bus einfach nicht fahren, es regnet aus Strömen, aber ihr habt nur diesen einen Tag für die Bergwanderung, die Fähre, auf der ihr sitzt, hat ein Leck und fährt einen anderen Hafen an als den, von dem eure nächste abfährt, euer Hotel wirft euch raus, weil ihr euch über das verschimmelte Zimmer beschwert oder ihr holt euch vor einem Flug eine anständige Lebensmittelvergiftung. Ja, solche Dinge werden euch passieren und dann heißt es einfach improvisieren. Und trotz all dem, nach 14 Monaten Reisen kann ich sagen: Am Ende wird alles gut! Egal wie verworren eine Situation erschien, letztendlich ist immer alles gut ausgegangen. Es wird immer Menschen geben, die euch weiterhelfen. Und es wäre doch langweilig, wenn alles nur eitel Sonnenschein wäre. Was hätten wir dann zu erzählen?

Macht es!

Nun wisst ihr also besser, was auf einer Weltreise auf euch zukommt und könnt ohne die rosarote Brille anfangen zu planen. Denn ich will euch auf keinen Fall vom Reisen abhalten – ich will euch ermutigen, die Welt zu entdecken, neues kennenzulernen und über den Tellerrand hinauszublicken. Und egal was ihr plant, vermutlich wird am Ende doch alles anders kommen. Sicher ist nur, dass eure Freund*innen nach eurer Heimkehr an euren Lippen hängen werden – denn wer zu Hause bleibt, der wird eben nie selbst erfahren, wie es da draußen ist, in der schönen weiten Welt. Es ist anders als erwartet. Und doch ist es das Beste, was wir machen konnten. Und ich würde direkt morgen wieder losziehen.

Außerdem auf ze.tt: Wie eine Frau auf Weltreise ging – ohne das Haus zu verlassen

Jacqui Kenny leidet unter einer Phobie, die es ihr schwer macht, nach draußen zu gehen. Um sich abzulenken, erkundete sie die Welt mit Google Street View.