Früher klärte ein romantischer Kuss alles – oder eben die klassische Frage: Willst du mit mir gehen? Heute ist der Übergang von unverbindlichem Dating in eine feste Beziehung irgendwie kniffliger geworden. Man turtelt und tingelt, bencht und mingelt sich so durch die ohnehin schon arg komplizierte Welt der Gefühle. Und keine*r weiß so genau, woran er*sie ist.

Teufelskreis der Angst

"Viele wollen sich einfach nicht mehr festlegen", erklärt die Paartherapeutin und Buchautorin Andrea Bräu. "Sich für etwas zu entscheiden, bedeutet auch immer, sich gegen ganz viele andere Optionen zu entscheiden." Genau die sind in Zeiten von Dating-Apps wie Bumble, Happn, Ok Cupid oder Tinder vermeintlich unendlich. So verlockend und praktisch das Swipen auch sein mag: Natürlich macht das auf Dauer was mit den Menschen und ihrem Beziehungsverhalten. Wenn auf dich theoretisch jederzeit jemand anderes wartet, dann logischerweise auch auf den*die Andere*n. Das bedeutet: Ein falscher Move und alles könnte vorbei sein. Theoretisch.

Welche Konsequenzen dieser Druck hat, erklärt Dating-Expertin und Flirtcoachin Nina Deißler: "Wir leben im Zeitalter der Unverbindlichkeit – das scheint so etwas wie eine selbsterfüllende Prophezeiung zu sein: Keiner will dem anderen zu nahe treten, weil man ihn oder sie nicht einengen oder gar verscheuchen will. So eiern beide ewig herum, obwohl sie sich eigentlich dasselbe wünschen: Zuneigung, Geborgenheit, Wertschätzung."

Ein Teufelskreis aus gegenseitiger Angst vor Zurückweisung, der nur durch eins durchbrochen werden kann: Mut. Leichter gesagt als getan? Ja, aber es gibt ein paar Hinweise, die dir dabei helfen könnten, eure Beziehungssituation besser einzuschätzen.

Daran erkennst du den Zeitpunkt, ab wann es eine feste Beziehung ist:

1. Faktor Zeit

Ihr verbringt viel Zeit miteinander und das nicht ausschließlich in der Horizontalen. Ihr seht euch, so oft es geht, auch an den Wochenenden. Dabei ist alles ganz entspannt und keinesfalls krampfig, weil ihr beide in etwa das gleiche Bedürfnis nach Nähe (und Distanz) habt. Wenn ihr euch nicht seht, seid ihr in Gedanken beieinander. Erkennbar auch daran, dass er*sie deine letzte Nachricht vor dem Einschlafen und die erste nach dem Aufwachen bekommt. Und umgekehrt.

2. Faktor Exklusivität

Ohne es groß zu thematisieren, hat er*sie sämtliche Dating-Apps gelöscht. Einfach so. Sex mit anderen ist plötzlich irrelevant; sogar sein*e Ex weiß offiziell von eurer Liaison. Außerdem benutzt er*sie immer öfter das kleine, aber entscheidende Wörtchen wir. Wenn ihr zusammen in einer Bar oder einem Club seid, hat er*sie nur Augen für dich – und scannt nicht im Hintergrund noch das restliche Angebot.

3. Faktor Außenwirkung

Wenn ihr zusammen ausgeht, nehmen alle anderen automatisch an, dass ihr ein Paar seid. Weil ihr nun mal instinktiv liebevoll und zärtlich miteinander umgeht. Ihr habt Freund*innen der*des anderen kennengelernt, vielleicht auch schon die Familie – zumindest wissen sie, dass es dich gibt. Auf Insta und Co. hat er*sie kein Problem, dich in seine*ihre Stories einzubinden. Und wenn eine*r von euch eine Party-Einladung bekommt, gehen die Gastgeber*innen ganz selbstverständlich davon aus, dass ihr gemeinsam erscheint.

4. Faktor Support

Die wichtigsten Hinweise zeigen sich aber im Alltagsverhalten. Er*sie hört dir wirklich zu, unterstützt und empowert dich beim Erreichen deiner Ziele – weil er*sie glücklich ist, wenn du es bist. Du musst dich für ihn*sie nicht verbiegen oder verstellen, sondern fühlst dich mit all deinen Macken angenommen und wertgeschätzt. Er*sie respektiert deine Grenzen und wenn du krank oder traurig bist, ist er*sie für dich da. Außerdem schmiedet er*sie gemeinsame Zukunftspläne mit dir und bindet dich ganz von selbst in seine*ihre ein. Das muss nicht gleich die Doppelhaushälfte mit Eckgrundstück sein, das nächste Festival im Sommer zählt da durchaus auch.

Zahnbürste = Liebe?

Selbstverständlich sind das alles keine Garantien. "Wenn der andere in der Bar nur Augen für mich hat, ist das zwar durchaus schmeichelhaft, aber noch lange kein Zeichen, dass aus dem Dating eine Beziehung geworden ist", sagt auch Nina Deißler. Einige Hinweise für den Zeitpunkt, ab wann es eine feste Beziehung ist, gibt es ihrer Erfahrung nach aber schon: "Wenn alle Datingprofile stillgelegt sind, die Zahnbürste da bleibt, vielleicht sogar ein paar Kleidungsstücke, wenn man die Eltern und Freunde kennenlernt und der nächste Urlaub zusammen geplant wird, sind das deutliche Zeichen für Verbindlichkeit."

Nur Mut!

Soweit, so gut. Aber wann und wie spricht man das Thema idealerweise an, ohne vor Angst und Scham im Boden zu versinken? Laut Beziehungsexpertin Andrea Bräu ist fragen der beste Weg. Selbstredend nicht wie früher in der Schule per Zettelchen und Ankreuzen, sondern eher so: "Lieber die erwachsene Version, also zum Beispiel: 'Ich bin total gerne mit dir zusammen und es fühlt sich für mich an, als wären wir ein Paar. Ich würde mich freuen, wenn du das auch so siehst.‘ Damit stellt man klar, wie man selbst empfindet."

Dabei hat aber jedes Paar seine ganz eigene Dynamik und ein anderes Timing, wie Dating-Expertin Nina Deißler sagt: "Manche wissen es nach einer Woche, andere brauchen Monate. Ich würde es immer entspannt angehen. Wenn zum Beispiel die Zahnbürste da bleibt, einfach mit einem Lächeln fragen: 'Deine Zahnbürste ist noch hier… Hast Du sie vergessen oder willst Du mir was sagen?' Oder eben selbst fragen: 'Ich würde gerne meine Zahnbürste da lassen. Sind wir schon so weit?‘"

Denn letztlich entscheidet über den Zeitpunkt, ab wann es eine feste Beziehung ist, nicht das Schicksal, das Universum oder der Zufall. Sondern niemand anderes als ihr beide.

Außerdem auf ze.tt: Ist es beim Dating wirklich so wichtig, gut auszusehen?