Beziehungen sind eine tolle Sache. Ehen sind eine tolle Sache. Ein Mensch, der einen liebt, für einen da ist. Der einem den Rücken frei hält, die Socken einrollt, den Nacken küsst, die Lieblingspizza bestellt und die Geburtstagskarte für die Mutter besorgt. "Wie war dein Tag, mein Bär?" Hach. Es muss wirklich toll sein, ein Mann zu sein.

Denn als heterosexueller Mann hat man viele Vorteile in Beziehungen. Es geht los mit Geld und Karriere. "Verheiratet zu sein und Kinder zu haben, hat nur bei Männern positive Effekte auf die Wahrscheinlichkeit, eine Führungsposition auszuüben", steht im ersten Gleichstellungsbericht der Bundesregierung. Heterosexuelle Frauen hingegen fallen beim Gehalt ab mit Heirat und Kindern. Sie verdienen weniger, aber sie arbeiten mehr. Das Familiensoziolog*innenduo Cornelia Koppetsch und Günter Burkart schreiben: "Alle Untersuchungen kommen zu dem Ergebnis, daß Hausarbeit in den Kernbereichen nach wie vor überwiegend von Frauen verrichtet wird. Dies gilt auch für neuere Untersuchungen, für Familien, in denen die Frau teilzeit- oder vollzeiterwerbstätig ist, selbst für Dual Career-Familien [...] und auch für Familien mit einer Arbeitsteilung, die sie selbst für egalitär halten."

Auch gesundheitlich geht es Hetero-Männern in Beziehungen besser. Stefan Felder, Professor für Gesundheitswirtschaft, stellte in einer Studie fest, dass verheiratete Männer im Schnitt fast zwei Jahre länger als ihre Single-Geschlechtsgenossen lebten. Verheiratete Frauen hingegen anderthalb Jahre weniger als Singles. Woran das liegt? Felders Vermutung: "Männer sind von Natur aus zerbrechlicher und risikobereiter, die Frauen müssen sie gewissermaßen domestizieren und mitziehen. Diese Anstrengung kostet Kraft und Zeit – Lebenszeit."

Blickt man auf diese Zahlen, kann man also sagen: Heterosexuelle Beziehungen sind schon toll. Für ihn. Das zeigen nicht nur die genannten Zahlen, das zeigen auch Untersuchungen, die die Zufriedenheit der Geschlechter in den Blick genommen haben. Und sie zeigen, wie die erwähnten Ungleichheiten zu mehr Spannungen und Verstimmungen führen. In gleichgeschlechtlichen Beziehungen ist das anders.

Frauen in heterosexuellen Ehen leiden mehr als Frauen in gleichgeschlechtlichen Ehen und Männer in hetero- und homosexuellen Ehen.

Studien von heterosexuellen Paaren haben gezeigt, dass Schwierigkeiten in der Ehe insbesondere für Frauen größeren psychologischen Stress bedeutet. Und so haben Forscher*innen an der Universität Texas für eine Studie auch schwule und lesbische Ehepaare in den Blick genommen, um herauszufinden, wie diese Schwierigkeiten und Stress zusammenhängen. Dabei stellte sich heraus, dass es deutliche Geschlechtsunterschiede bei den Beziehungen gibt: "Frauen in heterosexuellen Ehen leiden mehr als Frauen in gleichgeschlechtlichen Ehen und Männer in hetero- und homosexuellen Ehen."

Es scheint also nicht das Geschlecht als solches zu sein, welches eine Rolle im Zusammenhang von Eheproblemen und Psyche spielt, sondern das Geschlecht in Kombination mit dem Geschlecht der Partnerin oder des Partners.

Die Historikerin Stephanie Coontz forscht zu Familien und der Geschichte der Ehe, sie hat zusammengetragen, welche Aspekte den Zufriedenheitsvorsprung gleichgeschlechtlicher Ehepaare ausmachen.

Aufgabenteilung: Je gerechter, desto besser

Verteidiger*innen traditioneller Rollenbilder wird bei den folgenden wissenschaftlichen Erkenntnissen unwohl, aber fragt man Menschen nach der Stabilität ihrer Ehe, ist eine gerechte Aufgabenteilung eines der wichtigsten Elemente. Die Soziologin Sharon Sassler von der Cornell Universität schreibt: "In der heutigen Gesellschaft ist die Qualität und die Stabilität von Beziehungen generell am höchsten, wenn Paare die Haushaltsarbeiten für sie so fair wie möglich aufteilen. Untersuchungen zeigen, dass sich die Zufriedenheit von Frauen in der Beziehung erhöht, wenn Männer mehr im Haushalt tun." Und das ist nicht nur beim Kloputzen wichtig, denn die Zufriedenheit hat Auswirkungen auf das Sexleben der Paare, sagt Sassler: "Die Hausarbeit zu teilen wird heute als turn on wahrgenommen."

Gleichgeschlechtliche Paare haben diesbezüglich einen Startvorteil. Traditionelle Rollenbilder sind halt nicht sehr hilfreich, wenn sich zwei Personen gleichen Geschlechts überlegen müssen, wer sich um den Abwasch kümmert. Und auch wenn Rollenbilder und Stereotype ohne Frage auch in gleichgeschlechtlichen Beziehungen eine Rolle spielen, zeigen etliche Erhebungen, dass in solchen Beziehungen nichtsdestotrotz unbezahlte Arbeit gerechter verteilt wird. In anderen, hoffentlich bald vergangenen Worten: Traditionelle Hausfrauen*arbeit ist gleichmäßiger aufgeteilt.

Bessere Kommunikation



Jede*r, der*die schon einmal in einer längeren Beziehung war, weiß, dass es einen Knackpunkt gibt, an dem sich zuverlässig zeigt, wie stabil die Beziehung ist: wie man Konflikte löst. Oder weniger diplomatisch ausgedrückt: wie man streitet. Ob man mit Anschuldigungen loslegt, seine eigenen Bedürfnisse mitteilt, wie, wann und was man schreit, wann Türen knallen, ob man sich entschuldigt und dann auch das eigene Verhalten anpasst. Und worum es geht – Recht bekommen, Lösungen finden oder verletzen, bis man sich selbst wieder on top fühlt.

Forscher*innen der Universitäten Washington und Berkeley haben das Streitverhalten gegen- und gleichgeschlechtlicher Paare untersucht. Dabei stellte sich heraus, dass homosexuelle Paare weniger dominante und einschüchternde Verhaltensweisen an den Tag legten, sich zudem schneller abregten und durchweg auch mehr Zuneigung offenbarten. Die Vermutung liegt auch hier nahe, dass tradierte Rollen - wer "haut auf den Tisch" und für wen ist eine Diskussion nie zu Ende - und die ihnen zugeschriebenen Machtressourcen dabei eine Rolle spielen.
Mehr Unterstützung

Was in Beziehungen auch noch eine große Rolle spielt: der emotionale Support. Das merken gerade jetzt, in Zeiten von social distancing, viele Paare. Es reicht nicht, die Waschmachine nicht alleine ausräumen zu müssen, wir brauchen auch hier und da mal eine feste Umarmung, einen Kaffee ans Bett und ein von Herzen kommendes: "Du schaffst das schon! Und falls nicht, dann hast du mich, zusammen schaffen wir alles!" Unzufrieden werden wir, wenn der*die Partner*in dann nicht das Richtige sagt, fragt, anbietet. So wie die meisten von uns aufgewachsen sind, ist es schwer, zu fragen: "Könntest du mich mal bitte trösten?", ohne sich damit vermeintlich als der*die Schwächere zu outen. Menschen, die anders als gesellschaftlich gesehen normal lieben, haben oft Situationen erlebt, in denen sie nach Hilfe, Verständnis und Unterstützung fragen mussten, um klarzukommen. Das trägt sich wahrscheinlich mit in die Beziehung.

Frauen, auch das zeigen viele Studien, sind sehr gut darin, diese Wünsche zu antizipieren. Es überrascht nicht, dass es zum weiblichen Rollenbild gehört, emotionalen Support zu geben, fürsorglich zu sein. Frauen bekommen das sehr früh antrainiert, sie können es. Problematisch wird es, wenn auch diesbezüglich die Balance ins Wanken gerät. Die Soziologin Debra Umberson weist darauf hin, dass in Frauen*beziehungen diese Balance relativ ausgewogen ist, anders als in heterosexuellen Partnerschaften, da heterosexuelle Ehemänner die Care Arbeit von Frauen* oft als selbstverständlich erachteten oder noch nicht mal bemerkten.

Dieses Rollenbild zeigt sich auch bei schwulen Männern, allerdings nicht so deutlich, wie Umberson herausfand. In ihrer Studie heißt es: "Die emotionale Arbeit, die Männer in gegen- und gleichgeschlechtlichen Partnerschaften im Zusammenhang mit Intimität vollziehen, ist sehr unterschiedlich. [...] Männer[n] in gleichgeschlechtlichen Beziehungen  sind [...] aber die Bedürfnisse des anderen und die Zeitpunkte, zu denen der emotionale Support geliefert werden sollte, sehr deutlich."

Sind Homosexuelle die besseren Eheleute?

Beziehungen, auch wenn uns Märchen etwas anderes beigebracht haben und viele von uns sich das deshalb anders wünschen, finden nicht zwischen zwei Individuen statt. Nicht nur. Das zeigt die Studienlage. Wir alle sind geprägt von Gender-Stereoytpen, Rollenbildern und den Angeboten, die uns gesellschaftlich gemacht werden. Anders gesagt: Machtverhältnisse lieben mit. Und das wird besonders deutlich, wenn sich an anderen Stellen in unserer Gesellschaft diese Machtverhältnisse und Rollenbilder verschieben. Frauen machen Karriere UND sollen den Abwasch machen? Auf Dauer halten Partnerschaften zu viel Schieflage nicht gut aus. In der Zufriedenheit der Menschen in heterosexuellen Beziehungen zeigt sich das genauso wie bei der Scheidungsrate.

Es ist also an der Zeit, diese Schieflagen auch im Privatleben anzugehen. Bei heterosexuellen Paaren, so zeigt die Forschung, finden sich allerlei Konflikte, die bei gleichgeschlechtlichen Paaren nicht so oder zumindest beziehungs-verträglicher aufkommen. Und das ist doch großartig, denn so können Hetero-Menschen in Hetero-Beziehungen Nachhilfe bei Homo-Menschen in Homo-Beziehungen nehmen, um zu lernen, wie man glücklicher liebt. Ganz faszinierend, wenn man darüber nachdenkt: Die Gruppe von Menschen, die erst seit kurzer Zeit heiraten darf, bringt den Alteingesessenen bei, wie Ehe klappen kann.