In der Universitätsstadt Charlottesville in Virginia haben am Wochenende mehrere hundert Rechtsradikale demonstriert. Um eben das zu verhindern, waren ähnlich viele Gegendemonstrant*innen angereist. Am Samstag eskalierten die Proteste – am Ende waren drei Menschen tot und 35 verletzt. Einer der Rechtsextremen raste mit seinem Auto in eine Menschenmenge und tötete eine junge Frau. Außerdem stürzte ein Helikopter ab, zwei Polizisten starben dabei. Der US-amerikanische Präsident weigerte sich zunächst, die rechtsextremistische Gewalt als solche zu verurteilen, sondern sprach von Gewalt von beiden Seiten.

Ebenfalls am Samstag ging der Tweet von Michael Oman-Reagan, einem Anthropologen und Forscher der British Columbia Universität, viral. In diesem schreibt er: "Das vom US-Militär produzierte antifaschistische Video, das Bürger lehren soll, nicht auf Leute wie Trump hereinzufallen, ist wieder relevant." Angehängt ist ein Ausschnitt aus der Neuveröffentlichung des Filmes aus dem Jahr 1947, den man in voller Länge in diesem Online-Archiv ansehen kann. Der Tweet wurde inzwischen über 200.000-mal geteilt.

In dem Ausschnitt sieht man zunächst einen Mann, der gegen Schwarze, Katholik*innen, Freimaurer*innen und andere Gruppen von Immigrant*innen hetzt. Diese seien die Krankheit der Nation und Amerika müsse sich von ihnen befreien.

In der zuhörenden Menge stehen zwei Männer nebeneinander. Der jüngere Mann zeigt sich zunächst nicht abgeneigt dem Hetzer gegenüber, bis der Redner sagt, dass Amerika auch frei von Freimaurer*innen sein müsste. "Was ist falsch mit den Freimaurern?", fragt er, "Ich bin ein Freimaurer."

"Und das macht einen Unterschied?", fragt daraufhin der ältere Mann mit osteuropäischem Akzent zurück. Solange der Hetzer nur von 'die Anderen' gesprochen hätte, hätte der junge Mann ihm schließlich zugestimmt. Er belehrt ihn milde: "In diesem Land gibt es keine 'Anderen'. Wir sind alle Amerikaner.""Ich habe diese Art zu Reden schon mal gehört. Ich hätte nie damit gerechnet, sie in Amerika zu hören",

fährt

 der Ältere

fort

. Er sei in Ungarn geboren, hätte in Berlin gelebt und dort gesehen, was diese Hetze bewirken könne. 

"Ich dachte, Nazis wären verrückt, dumme Fanatiker. Leider lag ich falsch. Sie wussten, dass sie nicht stark genug waren, ein geeintes Land zu erobern. Deshalb teilten sie Deutschland in kleine Gruppen. Sie benutzen Vorurteile als eine praktische Waffe, um das Land zu verkrüppeln."

Wir sind die Anderen

Das Video mit dem wunderschönen Namen Don't Be a Sucker (frei übersetzt: Sei kein Idiot) wurde 1943 vom US-amerikanischen Kriegsministerium produziert, in Zeiten also, in denen die USA im Zweiten Weltkrieg gegen Nazi-Deutschland kämpfte.

Das Video ging vermutlich auch deshalb so viral, weil das Thema aktueller denn je ist. Überall in der Welt erstarken Kräfte, die von den Anderen reden, die anders seien als wir, vor denen wir uns schützen müssten.

Der Journalist Robinson Meyer schreibt bezugnehmend auf die US-amerikanische Geschichte in The Atlantic: "Don't be a Sucker zeigt die tiefere Treibkraft für das amerikanische Experiment einer multiethischen Demokratie auf. Ein vielfältiges Commonwealth aufzubauen war niemals nur ein idealistisches Ziel oder eine moralische Berufung. Es war nötig für das Überleben der Republik – und das einzige Mittel gegen den Krebs der Rassisten."