"Nee, Schatz. Heute nicht" – dieser Satz fällt früher oder später in den meisten Beziehungen. Denn irgendwann reguliert sich das Bedürfnis nach ekstatischer körperlicher Vereinigung; sexy Boxershorts und verführerische Dessous weichen Gemütlichkeitsschlüpfern; aus wildem Sex auf der Waschmaschine wird gemeinsames Kochen mit Küsschen. Und das ist ein ziemlich normaler Prozess.

"Nach einer Zeit der Verliebtheit verändern sich schlicht und ergreifend die Hormone, die beim Anblick der Partnerin oder des Partners ausgeschüttet werden", erklärt die Sexexpertin Yella Cremer. "Verstärkend kommt hinzu, dass wir Liebe und Sex im Alltag oft viel zu wenig Zeit einräumen."

So weit, so typisch also. Aber was bedeutet das für die Partnerschaft?

Kuscheln erzeugt Nähe

Niemand kann ewig einen Zustand permanenter Aufgeregtheit erhalten, geschweige denn ertragen. Ständig Schmetterlinge im Bauch wird halt irgendwann anstrengend. Es ist okay und auch schön, sich aneinander zu gewöhnen und eine andere Ebene zu finden. Im Laufe einer Beziehung wachsen Intimität, Nähe und Vertrautheit.

Dadurch verändert sich logischerweise auch der Sex. Man weiß halt irgendwann, was sich für beide gut anfühlt. "Immer denselben Sex zu erwarten, wie er war, als man sich frisch kennengelernt hat – das ist wie zu erwarten, dass die Stadt, in der man wohnt, sich jeden Tag wie die Lieblingsurlaubsstadt beim ersten Besuch anfühlt", sagt Yella Cremer.

Manche Expert*innen halten die Häufigkeit des Kuschelns sogar für einen besseren Indikator für den Zustand einer Beziehung als die Koitusfrequenz. Paare, die miteinander kuscheln, geben sich demnach damit gegenseitig emotionale Stabilität und Sicherheit – entscheidend für das Halten der Beziehung. Und laut dieser Studie sind es auch beim Sex selbst die Zärtlichkeit und die Nähe, die glücklich machen.

Kuscheln oder Sex?

Doch wie immer gilt auch hier: Es kommt ganz darauf an. So gibt es zum Beispiel Paare, die auch nach vielen Jahren Beziehung immer noch die Budapester Beinschere oder andere spannende Sachen im Bett probieren und vielleicht gar nicht unbedingt so große Knuddler*innen sind. Oder eben umgekehrt. Und dann unterliegt das Begehren auch im Verlauf ein und derselben Partnerschaft durchaus gewissen Schwankungen.

So sieht es auch Yella Cremer. "Als erstes ist es wichtig zu wissen: Sex ist kein Pflichtfach in der Beziehung", sagt die Sexexpertin. "Viele Paare haben Zeiten, in denen sie weniger Sex haben. Ein Schwerpunkt auf Kuscheln lässt zum Beispiel Paare mit kleinen Kindern sexlose Zeiten überstehen." Durch streicheln, küssen, umarmen werde der Hauthunger gestillt.

Und weil die Balance zwischen Sex und Kuscheln eben so individuell und wandelbar ist, bringt vergleichen laut Expertin nichts: "Nach außen wird das selten sichtbar. Daher denken viele, alle hätten ständig fantastischen Sex, nur sie nicht." Eine Annahme, die für unnötigen Druck sorgen kann.

Beides ist wichtig für die Beziehung

Insgesamt sind sowohl Kuscheln als auch Sex Ausdruck von Liebe und deshalb Teil einer stabilen Beziehung – in welcher Mischung auch immer. "Beides ist wichtig und keins sollte langfristig fehlen", sagt auch die Sexexpertin. "Am meisten verrät es daher über den Zustand der Beziehung, ob Paare beides tun. Sowohl Kuscheln als auch Sex erfüllen wichtige Bedürfnisse nach Kontakt, Nähe und Intimität."

Doch am Wichtigsten ist, dass beide Partner*innen von der*dem jeweils anderen mit ihren Bedürfnissen gehört und angenommen werden, dass sie aufrichtig sind und aufeinander eingehen. Wenn eine*r von beiden sagt: "Ich finde, wir haben zu wenig Sex" und der*die andere antwortet bloß mit "Ach, das täuscht" – dann kann das auf Dauer zu einem ernsten Problem werden. Doch auch unterschiedliche Begehrenssituationen sind per se nicht schlimm und lassen sich mit Offenheit und Kommunikation lösen.

Raus aus den Routinen

Und was, falls beide gern mehr Sex hätten? "Dann ergibt es Sinn, sich darüber zu unterhalten, was für eine Art Sex man sich wünscht. Denn oft ändert sich das und das Paar hat zwar Lust auf Sex, aber nicht auf die Art und Weise, die es zu Beginn der Beziehung gab", sagt Yella Cremer.

Um die Sache dann ein wenig anzukurbeln, kann das Durchbrechen von Routinen sinnvoll sein. "Als Paar ist es wichtig, sich zu Dates zu verabreden", meint die Sexexpertin. "Dann haben Lust und Leidenschaft überhaupt Zeit, sich zu entfalten."

Letztlich gilt eh: Solange beide in Sachen Kuscheln und Sex auf einer ähnlichen Wellenlänge und damit glücklich sind, ist alles gut.

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