Achtung, dieser Text verrät das Ende von A Toy Story: Alles hört auf kein Kommando.

Filmwelten gehorchen kuriosen Gesetzen. Polizeichefs suspendieren ausschließlich ihre besten Ermittler*innen, der Eiffelturm ist von jedem Hotelfenster in Paris aus zu sehen und Autos explodieren grundsätzlich – aber erst kurz nachdem sich die Guten in Sicherheit gebracht haben.

Das merkwürdigste Filmgesetz herrscht allerdings in der Spielzeugwelt von Toy Story: Wenn Menschen in der Nähe sind, darf sich kein Spielzeug bewegen. Dass Woody, Buzz Lightyear und Co. laufen und sprechen können, sogar Träume und Wünsche haben, müssen sie konsequent verheimlichen. Wer das wann so bestimmt hat? Egal. Spielzeuge halten die Klappe und dienen den Kindern, in deren Spielzeugsammlung sie landen. Filmgesetz ist nun mal Filmgesetz.

Der loyalste Verteidiger dieser obersten Spielzeugregel ist Sheriff Woody. Im ersten Teil von Pixars Animationssaga überzeugt Woody die Neuanschaffung Buzz Lightyear davon, dass es sich nun mal so gehört, den Freiheitsdrang abzulegen. In den Fortsetzungen hält Woody die Gemeinschaft der Plastikfiguren geflissentlich in Systemspur. Und alle fügen sich.

Auch in Toy Story 4, der in Deutschland unter dem Namen A Toy Story: Alles hört auf kein Kommando läuft, ist Woody der immer gleiche Prinzipienreiter – zumindest zu Beginn der Geschichte. Diesmal will er den Göffel Forky ins System eingliedern. Und das, wie bei Buzz Lightyear, gegen dessen Willen. Bonnie, die neue Besitzerin von Woody und der bekannten Figurengang, steckt Forky aus Abfällen zusammen und erklärt ihn zur neuen Hauptfigur ihres Kinderzimmers – obwohl sich Forky nichts sehnlicher wünscht, als sich in eine Mülltonne zu werfen.

Woody entkommt dem Toy Story-System

Bei einem weiteren Fluchtversuch geht Forky verloren – und Woody beschließt, den Göffel zurückzuholen. Für Bonnie, für das System. Am Ende allerdings – Achtung, Spoiler – passiert etwas Erstaunliches. Woodys Gehorsam gerät ins Wanken.

Schuld daran ist, natürlich, die Liebe. Bei der Forky-Rettungsmission begegnet Woody Porzellinchen wieder. Die ehemalige Lampe sollte, so erzählt es ein Flashback, verkauft werden. Doch sie entkam und brettert nun als Riot Grrrl auf einem fahrbaren Spielzeuguntersatz durch die Welt – befreit von dem merkwürdigen Nicht-bewegen-und-dienen-Gesetz der Toy Story-Welt. Porzellinchen zeigt Woody, dass ein Ausbruch möglich ist. Dass es ein Leben außerhalb des Systems gibt.

Und just an der Stelle, an welcher der Toy Story-Protagonist dem Filmuniversum den symbolischen Mittelfinger zeigt, lässt Pixar seinen Animationsfilm enden. Es ist ein grandioses Finale. Und ebenso enttäuschend. So viele Fragen bleiben unbeantwortet: Wie leben die als verloren bezeichneten freien Spielzeuge in der Menschenwelt? Was stellen sie an, wenn sie sich von ihren Ketten befreit haben? Wo liegen ihre Grenzen?

A Toy Story: Alles hört auf kein Kommando ist einer der schwächeren Pixar-Filme. Zwar ist er technisch opulent inszeniert, aber die Rettungsaktion von Forky fühlt sich an wie ein weiterer Aufguss des immergleichen Stoffs. Mit dem Ende eröffnen die Macher*innen die Möglichkeit eines Neustarts der Filmreihe. Woodys Erwachen macht Lust auf Teil fünf.