Alte, vom Leben gezeichnete Männer gucken ernst in die Kamera. Auf ihren Gesichtern lassen sich die verblichenen Überreste einst prächtiger Gesichtstattoos erahnen, in den Ohren tragen einige große Hörner oder andere Schmuckstücke, viele haben eine Kette um den Hals, manche tragen Kopfschmuck. Sie alle gehören zur wohl letzten Kopfjäger-Generation der Konjak, ein im indischen Nagaland lebender Stamm.

Ihre Vergangenheit ist düster: So war es früher Brauch, Jagd auf menschliche Köpfe zu machen, da diese dem Glauben der Naga nach Fruchtbarkeit speichern würden. Die Männer des Stammes trennten die Köpfe ihrer getöteten Feinde ab und brachten diese, wie eine Trophäe, zu ihrem Stamm, in der Hoffnung, dass diese den Wohlstand des Dorfes und die Gesundheit der Gemeinde sicherstellen. 1947 verbot die indische Regierung diese Jagd auf Köpfe und heute, knapp 71 Jahre später, befinden sich die Konjak in einer Übergangsphase: von der Tradition zur Moderne.

Der aus dem Libanon stammende Fotograf Omar Reda wollte die letzte traditionelle Generation der Konjak kennenlernen und reiste zu ihnen nach Nagaland. Im Interview erzählt er, wie das Zusammentreffen ablief und warum er seine Arbeit für wichtig hält.

ze.tt: Wann hast du mit der Fotografie begonnen?

Omar Reda: Meine Liebe zur Fotografie begann in der Dunkelkammer während meiner Uni-Zeit. Ich verbrachte viele Stunden damit, Filme zu entwickeln.

Wovon lässt du dich inspirieren?

Dokumentarfilme von National Geographic haben einen großen Einfluss auf mich. Außerdem war ich in meiner Kindheit extrem von wilden Abenteuern und Expeditionen zu Stämmen gefesselt.

Wann hast du zum ersten Mal vom Konjak-Stamm gehört?

Ich suche auf Google immer nach Stämmen. Und der Ruf der Konjak als Kopfjäger war letztlich der Grund für mich, sie zu besuchen. Und es war die richtige Entscheidung: Es war mir eine Ehre, sie zu treffen.

Wie haben sie auf deine Foto-Anfrage reagiert?

Die meisten von ihnen hatten damit kein Problem. Aber es war extrem schwer, die Fotos letztendlich zu machen, da ich ihr hohes Alter respektieren musste und wir keine gemeinsame Sprache hatten.

Trotz des kämpferischen Eindrucks, den sie vermitteln wollen, sind sie sehr nett und gastfreundlich.

Wie war es, die Menschen des Konjak-Stammes dann tatsächlich zu treffen?

Trotz des kämpferischen Eindrucks, den sie vermitteln wollen, sind sie sehr nett und gastfreundlich. Und es war sehr schwer, Männer mit Gesichtstattoos zu finden, da viele von ihnen schon über 70 Jahre alt sind. Ich besuchte ein paar Dörfer, ohne auch nur einem einzigen zu begegnen. Letztlich war es mir dann eine große Ehre, die letzte Generation des Konjak-Stammes mit Gesichtstattoos zu fotografieren.

Was hast du vor dem Zusammentreffen erwartet? Und wie hast du es dann tatsächlich erlebt?

Ich hatte erwartet, mehr Männer mit Gesichtstattoo zu treffen. Aber ich fand heraus, dass der Stamm der Konjaks zur Zeit in einer Übergangsphase ist. Die neue Generation geht zur Schule und die alten Traditionen verschwinden. Ich denke, innerhalb der nächsten zehn Jahre wird der moderne Lebensstil sich gänzlich verbreitet haben und die regionale Identität auslöschen. Diese wird man dann nur noch in Museen und auf Fotos betrachten können.

Viele Menschen sollen erfahren, dass unsere Vielfalt eine wunderschöne Sache ist.

Wirst du den Stamm der Konjaks erneut besuchen?

Ich habe vor, Nagaland erneut zu besuchen. Die kulturelle Vielfalt dort ist verblüffend. Leider habe ich jedoch die größte Festwoche Anfang April verpasst.

Woran arbeitest du im Moment?

Ich arbeite daran, die Schönheit der Kulturen dieser Welt zu verbreiten. Viele Menschen sollen erfahren, dass unsere Vielfalt eine wunderschöne Sache ist. Und ich plane schon meine nächste Reise voraussichtlich im August.

Weitere Arbeiten von Omar findet ihr auf seiner Webseite und seinem Instagram-Account.