"Bei uns gibt's ab sofort Kurzarbeit, weil die Umsätze wegbrechen", sagt meine Freundin am Telefon und klingt bedrückt. Sie ist Sachbearbeiterin und ihr Betrieb hat für alle Angestellten die Arbeitszeit erheblich runtergefahren. Wie lange, das kann derzeit noch niemand absehen. Corona sei Dank.

Kurzarbeit – das klingt irgendwie nach Autoindustrie, Streiks, IG Metall. Doch weil das wirtschaftliche Leben derzeit aufgrund der Corona-Pandemie weltweit zum Erliegen kommt, Menschen zu Hause und Flugzeuge am Boden bleiben und Unternehmen die Gefahr einer Insolvenz abwenden müssen, betrifft Kurzarbeit aktuell viele Branchen und Menschen.

Dahinter stehen persönliche Schicksale. "Meine allergrößte Angst ist gerade, dass ich meine Rechnungen und Verbindlichkeiten bald nicht mehr bezahlen kann", sagt meine Freundin.

Hier die wichtigsten Fragen und Antworten zum Thema Kurzarbeit:

Was bedeutet Kurzarbeit?

Wenn sich Unternehmen in einer Krise befinden – weil beispielsweise die Verkäufe sinken oder die Umsätze einbrechen wie jetzt durch Corona – dann können sie das, was sie tun, einschränken und herunterfahren. Notfalls komplett auf Null.

Damit sie in so einem Fall ihre Angestellten nicht entlassen müssen, können Unternehmen bei der Arbeitsagentur Kurzarbeiter*innengeld beantragen. Die Angestellten arbeiten weniger, bekommen dementsprechend weniger Gehalt oder Lohn – und die Differenz wird dann zum Teil mit dem Kurzarbeiter*innengeld ausgeglichen. Das Kurzarbeiter*innengeld bezieht sich auf die ausgefallenen Arbeitsstunden und das deshalb geringere Gehalt.

Das entlastet Unternehmen in Sachen Personalkosten, wodurch Kündigungen verhindert werden. Vorerst zumindest.

Wenn sich dann die Auftragslage verbessert, können die Beschäftigten wieder die reguläre Zeit arbeiten und volles Gehalt beziehen. Vorteil für die Unternehmen: Die Kosten sinken sofort und sie müssen später nicht komplett neue Leute suchen und aufwändig einarbeiten.

Wen betrifft das jetzt?

Derzeit rechnet die Bundesregierung mit über zwei Millionen Kurzarbeiter*innen. Das wäre fast eine Million mehr als während der Finanzkrise 2008; damals waren rund 1,4 Millionen Menschen in Kurzarbeit.

Kurzarbeiter*innengeld bekommen laut Bundesministerium für Arbeit und Soziales alle ungekündigten Arbeitnehmer*innen, die in der Arbeitslosenversicherung sind und durch die Kurzarbeit einen Gehaltsausfall von mehr als zehn Prozent haben; das gilt auch für Leiharbeiter*innen.

Wenn das noch lange so weitergeht, verliere ich vielleicht sogar meinen Job.

Kein Kurzarbeiter*innengeld bekommen laut dem Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) hingegen geringfügig beschäftigte Arbeitnehmer*innen, Minijobber*innen und Angestellte, die Krankengeld beziehen – für sie muss nach wie vor der*die Arbeitgeber*in aufkommen.

Auch Auszubildende erhalten normalerweise kein Kurzarbeiter*innengeld. Der Grund dafür: Die Ausbildung soll auch in Krisenzeiten nicht beeinträchtigt werden. Das allerdings ist jetzt durch Corona nicht mehr ohne Weiteres möglich. Außerdem ist die Bezahlung meist so gering, dass eine weitere Einschränkung direkt die Existenz bedroht.

Wie der DGB schreibt, soll "die Ausbildungsvergütung für mindestens sechs Wochen in vollem Umfang weiter gezahlt werden, da es sich bei der Ausbildungsvergütung nicht um einen Lohn für eine Arbeitsleistung handelt, sondern um eine finanzielle Hilfe … zur Durchführung der Ausbildung."

Die Größe oder Branche des Unternehmens ist für Kurzarbeit übrigens nicht entscheidend – so lange es mindestens eine*n Angestellte*n gibt.

Und: In Anbetracht der Corona-Krise wurde die so genannte Erheblichkeitsschwelle gesenkt. Normalerweise muss mindestens ein Drittel der Angestellten einen Arbeitsausfall von zehn Prozent haben; befristet bis zum 31. Dezember 2020 reichen laut Bundesministerium für Arbeit und Soziales wegen Corona nun schon zehn Prozent der Belegschaft, damit Unternehmen Kurzarbeit einführen können.

Wie viel Geld gibt es und woher kommt das?

Grob gesagt: Das Kurzarbeiter*innengeld richtet sich nach dem finanziellen Verlust und orientiert sich am Nettogehalt. Angestellte bekommen 60 Prozent des ausgefallenen Lohns; wenn ein Kind im Haushalt lebt, sind es 67 Prozent.

Beispiel: Nehmen wir der Einfachheit halber eine kinderlose Person und ein Nettogehalt von 1.000 Euro an. Durch Kurzarbeit – also beispielsweise eine Arbeitszeitreduzierung um die Hälfte – bekommt der*die Beschäftigte nur noch 500 Euro netto von dem*der Arbeitgeber*in. Dann zahlt die Arbeitsagentur 60 Prozent der ausgefallenen 500 Euro – also 300. Insgesamt bekommt der*die Betroffene dann 800 Euro. Und zwar 500 vom Unternehmen und 300 von der Arbeitsagentur.

Stellt der Betrieb die Arbeit komplett ein, bekommt der*die Beschäftigte im Beispiel 60 Prozent von 1000 und damit 600 Euro. Hier ist die Kurzarbeiter*innengeld-Tabelle der Arbeitsagentur nach Steuerklassen.

Angestellte bleiben während der Kurzarbeit laut Bundesministerium für Arbeit und Soziales in der gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie in der Arbeitslosen- und in der betrieblichen Unfallversicherung. Die Sozialversicherungsbeiträge bekommt das Unternehmen erstattet.

Welche sonstigen Hilfen gibt es, falls das Geld nicht reicht?

Je nach Grundgehalt kann Kurzarbeit zu ziemlich harten finanziellen Einbußen führen – vor allem für diejenigen, die ohnehin nicht viel verdienen. Menschen, die ihre Lebenshaltungskosten dann nicht mehr tragen können, sollen Hartz IV beantragen.

Allerdings erhalten sie laut DGB einen gewissen Freibetrag: Etwa 20 Prozent des Einkommens werden demnach nicht auf die Grundsicherung angerechnet. Dadurch ist der Hartz-IV-Betrag etwas höher. Außerdem wurde, so schreibt der Deutsche Gewerkschaftsbund, "der Zugang zu Hartz-IV-Leistungen gesetzlich erleichtert. Zukünftig werden Ersparnisse nicht mehr geprüft und die tatsächlichen Wohnkosten akzeptiert – ohne Prüfung." Das gelte für Anträge im Zeitraum von 1. März bis 30. Juni 2020.

Was ist mit Selbstständigen und Freiberuflichen?

Wenn Angestellte also Kurzarbeiter*innengeld bekommen können – was ist dann mit Menschen, die eben nicht angestellt sind? Für Freiberufliche, Selbstständige, Kulturschaffende, Kreative und Künstler*innen gibt es grundsätzlich zwei Ansätze.

Zum einen die oben genannte Grundsicherung für den mittel- bis langfristigen Lebensunterhalt. Doch als Solo-Selbstständige*r Grundsicherung zu bekommen läuft, wie die SZ schreibt, längst nicht immer so unbürokratisch und schon gar nicht so schnell, wie es jetzt nötig wäre.

Zum anderen gibt es ein kurzfristiges Hilfsprogramm der Bundesregierung in Höhe von insgesamt 50 Milliarden Euro, bestehend aus einmaliger finanzieller Unterstützung, die nicht zurückgezahlt werden muss. "Solo-Selbständige – also Selbständige ohne Beschäftigte, Einzelkünstler etc. – und Kleinstunternehmen mit bis zu fünf Beschäftigten erhalten danach bis 9.000 Euro Einmalzahlung für drei Monate. Bei bis zu zehn Beschäftigten fließen bis 15.000 Euro Einmalzahlung für drei Monate", heißt es auf der Website.

Ruhe bewahren – so gut es geht

Alles hängt davon ab, wie lange das gesellschaftliche und wirtschaftliche Leben aufgrund der Corona-Pandemie noch auf Sparflamme läuft und vor allem wie lange Unternehmen und Selbstständige das durchhalten.

Vor einer Kündigung schützt langfristig nämlich auch Kurzarbeit nicht. Eine Firma, die ihre laufenden Kosten weiter zahlen muss und kaum noch Einnahmen hat, muss irgendwann in die Insolvenz. "Wenn das noch lange so weiter geht, verliere ich vielleicht sogar meinen Job. Daran will ich momentan gar nicht denken", sagt meine Freundin und mir fehlen die Worte. "Ich versuche einfach, optimistisch zu bleiben. Wenn's richtig schlimm kommt, kann ich mich dann immer noch damit auseinandersetzen und durchdrehen." Ich stimme ihr zu. Denn viel anderes bleibt uns im Grunde gerade schlicht nicht übrig.