Er galt als der Aufdecker der Nation. Peter Pilz schaute den Mächtigen auf die Finger. Nach über 30 Jahren in der Politik kommt heraus, was einige schon wussten. In seiner Partei. Unter Kolleg*innen und Freund*innen. Hinter vorgehaltener Hand erzählte man es sich schon lange: Wenn er trinkt, wird er sexistisch. Ein linker Politiker, der Frauen belästigt. Ausgerechnet er, der Moralist.

Zuerst reagierte Pilz, wie es viele Männer in seiner Situation bereits taten: Victim Blaming und Shaming – er suchte die Fehler bei den Frauen und ortete eine Verschwörung gegen ihn. Als ihn die Recherchen unter anderem des Falters keine andere Wahl mehr ließen, gab er sich geschlagen. Zumindest ein kleines bisschen. Denn Peter Pilz ist ein eitler Mann. Seine Entschuldigung war halbherzig, ja fast rotzig, wie die eines Kindes, das verloren hat. Auf der Pressekonferenz gesteht er aber:

Wir älteren, in meinem Fall noch – gerade noch – mächtigen Männer müssen bereit sein, auch etwas dazuzulernen."

Zudem gab er an, er werde nicht dem nächsten Nationalrat (die Abgeordnetenkammer des österreichischen Parlaments) angehören. Kommentator*innen lobten ihn damals für seinen Rücktritt, dafür, Verantwortung zu übernehmen. Was doch etwas Besonderes ist, in einem Land wie Österreich, wo es de facto

keine Rücktrittskultur gibt.

Der Rückzug vom Rückzug

Nun, nicht einmal zwei Monate später, verkündete er öffentlich, bis Sommer wieder in den Nationalrat zurückzuwollen. In Österreich brach eine Diskussion aus: Darf ein Politiker, der derart wichtige Arbeit für die Opposition leistete, trotz der Beschuldigungen wieder zurückkommen?

Manche meinen, dass es gerade in Zeiten einer rechts-konservativen Regierung jemanden wie Peter Pilz braucht. Ja, Österreich braucht dringend Oppositionspolitiker*innen wie Peter Pilz, aber nicht um jeden Preis. Denken wir einen Moment darüber nach, was dieses Abwägen in der Praxis wirklich bedeuten würde. Wir würden die Gefahr, dass ein Politiker weiter Frauen und Kolleginnen belästigt – wie er von mehreren beschuldigt wurde, es in der Vergangenheit getan zu haben – in Kauf nehmen, weil er wichtige politische Arbeit leistet. Plump ausgedrückt: Was machen schon ein paar Busengrapscher, wenn er danach die Korruptionsskandale des Landes aufdeckt?

Kein Platz für Sexisten

Bisher hat sich Peter Pilz weder ehrlich entschuldigt noch gibt es konkrete Ergebnisse im Bezug auf die Beschuldigungen. Auch wenn nach wie vor die Unschuldsvermutung gilt, sind Politiker*innen die Vertreter*innen des Volkes. Sie treffen maßgebende Entscheidungen, setzten Impulse für ein Land und sind damit auch symbolische Figuren. In der Politik darf es keinen Platz für Sexismus geben. Insbesondere nicht in linken Parteien wie den Grünen oder der Liste Pilz, die Feminismus und Frauenrechte in fetter Schrift in ihr Wahlprogramm schreiben oder sich dafür einsetzen.

Feminist*innen prangen an, dass Peter Pilz' Rückkehr ein Schlag in das Gesicht aller Frauen sei. Und so ist es. Denn Politik ist auch Symbolik. Als hätten wir aus all den Debatten rund um #MeToo und #TimesUp in den vergangenen Wochen gar nichts gelernt, ist das Symbol erneut: Ein alter weißer Mann darf tun, was er will. Denn seine Arbeit gilt als wichtiger als sein Umgang mit Frauen.

In Wahrheit bräuchte es dringend das Gegenteil; das Zeichen: Wer Frauen belästigt, noch dazu in einem öffentlichen Amt, muss dafür die Konsequenzen tragen. Und kann nicht nach zwei Monaten so tun, als sei nichts gewesen.