Ist es eher trashig oder hat es Stil, wenn man schon mittags etwas Alkoholisches trinkt? Ist es eher trashig oder hat es Stil, wenn man auf wenig Raum lebt? Ein Tweet der neuseeländischen Journalistin Ana Samways aus dem Jahr 2016, der genau dieses gesellschaftliche Paradox aufgreift, geht jetzt viral. Darin fragt sie: "What's considered trashy if you're poor, but classy if you're rich?", übersetzt in etwa "Was wird als trashig angesehen, wenn man arm ist, aber als stilvoll, wenn man reich ist?"

Den Twitter-User*innen fallen zahlreiche Situationen ein, die auf Samways Ausgangsfrage zutreffen. So gelte es etwa als trashig, wenn man arm ist und als stilvoll, wenn man reich ist, zwei Sprachen zu sprechen, mehr als drei Kinder zu haben, Secondhandkleidung zu tragen oder zum Arbeiten in ein anderes Land zu gehen. Ãœber 25.000 Antworten und Retweets verzeichnet der Tweet.

So nennt eine Userin das Leben in einem mobilen Heim als Beispiel, das Zeichen für minimalistischen Lifestyle, aber auch für fehlende finanzielle Mittel sein kann.

In ein anderes Land zu ziehen, um zu arbeiten, gilt auch nur als cool, solange man reich ist, meint eine andere Userin.

Damit einher geht, mehr als zwei Sprachen zu sprechen.

Auch modische Entscheidungen wie Jeansshorts oder zerrissene Shirts werden unterschiedlich gewertet, schreiben Nutzer*innen.

Genauso wie Secondhand- oder weitergereichte Kleidung.

Drogen zu nehmen sei ein weiteres Beispiel, findet diese*r User*in.

Außerdem: viele Kinder haben …

… oder erwachsene Kinder, die nicht arbeiten gehen.

Auch, ob dich jemand zur Arbeit fährt, hat, abhängig vom gesellschaftlichen Status, unterschiedliche Konnotationen, meint diese*r User*in.

Die Schule abzubrechen, kann auch beides sein: der Anfang vom Ende (arm) oder eine große Inspiration, die zeigt, dass es für Erfolg keinen Schulabschluss braucht (reich).

Warum geht der Tweet vier Jahre nach Veröffentlichung viral?

Warum der Tweet, der bereits aus dem Jahr 2016 stammt, genau jetzt so viel Aufmerksamkeit bekommt, ist unklar. Eine Erklärung könnte die Corona-Pandemie sein: Expert*innen vermuten, dass die Krise die soziale Ungleichheit verschärft haben könnte. "Gerade Geringverdienern droht der Stellenverlust und damit der Wegfall ihres Einkommens", sagte Klaus Schrader vom Institut für Weltwirtschaft dem Tagesspiegel. Bedeutet: Die Krise könnte diejenigen hart treffen, die ohnehin wenig haben.

Und das, obwohl Vermögen in Deutschland schon vor der Pandemie ungleich verteilt war. Etwa besitzen hierzulande die reichsten zehn Prozent der Bevölkerung 56 Prozent des Vermögens. Die untere Hälfte der Bevölkerung kommt gerade einmal auf 1,3 Prozent, wie aus Daten des Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) hervorgeht.

Welche Folgen diese Ungleichheit haben kann, hat eine Twitter-Nutzerin düster zusammengefasst. Auf die Frage, was als trashig gelte, wenn man arm sei, aber als classy, wenn man reich sei, antwortete sie: Alles.

mz