Nach meinem Beitrag Ich bin weder unsozial noch arrogant, weil ich eine Lebensmittelintoleranz habe bekam ich viele Anfragen, wie ich überhaupt herausgefunden habe, woran ich leide. Natürlich kann man nicht immer alles auf sich selbst anwenden und es klappt nicht alles bei allen gleich gut oder schlecht, aber ein paar Anhaltspunkte aus meinem Leidensweg möchte ich gern mit euch teilen.

Wie alles begann

Meine Bauch-Story begann ungefähr vor vier Jahren. Da merkte ich, dass ich häufiger Bauchweh hatte und mehr Zeit im Badezimmer verbrachte, als normal war. Es hat eine ganze Weile gedauert, bis ich diesem Thema Aufmerksamkeit schenkte. Man rennt ja nicht mit jedem kleinen Pups zum Arzt. Und irrsinnigerweise gewöhnt man sich schnell daran und registriert irgendwann nicht mehr, dass etwas nicht stimmt.

Ommm ...

Aber die Beschwerden wurden schlimmer, es kamen neue hinzu. Kurzum: Mein Bauch drängte sich in mein Bewusstsein. Ich ging ganz klassisch zum Hausarzt. Der erzählte mir etwas von Stress und Hormonhaushalt – ich solle etwas kürzer treten und mich nicht überlasten. Also suchte ich mir ein nettes Yogastudio und übte mich in Entspannung. Ich schaffte ein paar psychische Belastungen aus meinem Leben und ging pünktlich aus dem Büro.

Rundum gesund?

Mein Bauch ließ sich aber nicht beruhigen. Als ein halbes Jahr später noch keine Besserung zu spüren war, klopfte ich wieder an die Tür meines Hausarztes. Er führte einige Tests durch (Blutbild, Stuhl, Schilddrüse – keine Ahnung, was er noch alles getestet hat, aber es war eine Menge) und oh Wunder: Ich war gesund. Keine Entzündungen oder Anomalien in meinem Körper. Sehr gefreut habe ich mich aber nicht, die Beschwerden waren ja noch da. Ich habe dann eine Zeitlang eine Entgiftungskur versucht, um vermeintlich böse Stoffe aus meinem Körper zu bekommen und meinen Bauch zu beruhigen. Half aber nichts. Mein Bauch schrie weiter nach Aufmerksamkeit.

Besuch beim Gastroenterologen

Also schickte mich mein Hausarzt zum Gastroenterologen. Der führte erst einmal eine Magen-Darm-Spiegelung durch – alles paletti. Keine Erkrankungen, Entzündungen und auch keine Zöliakie. Als nächstes folgten die H2-Atemtests für Laktose, Sorbit und Fruktose. Ich musste für jeden Atemtest nüchtern sein, bekam Zuckerwasser zu trinken, teilte mir für die nächsten drei Stunden ein Pusteröhrchen mit anderen Leidtragenden und schrieb fröhlich auf, was mein Bauch dazu sagte. Der Frechdachs war plötzlich total ruhig, den juckte das nicht. Ich war fest davon überzeugt, dass es Laktose war, aber nö. Bei Sorbit gingen die Werte zwar nach oben, aber große Beschwerden bekam ich dadurch nicht. Die Diagnose: Es könnte Sorbit sein, muss es aber auch nicht. Yay! Ich hatte vorher noch nie von Sorbit gehört und wusste nur, dass alle drei Stoffe irgendwelche Arten von Zucker waren. Die Gleichung in meinem Kopf war simpel: Laktose = Milch, Fruktose = Obst, Sorbit = WTF?

Sorbit? Aha

Ich ging also artig zur Ernährungsberatung, verzichtete auf Sorbit (das in erstaunlich vielen Sachen drin ist) und sicherheitshalber auch auf Fruktose (das geht mit Sorbit oft Hand in Hand) und was machte mein Bauch? Meckern. Die Diva gab einfach keine Ruhe. Es ist unfassbar frustrierend, wenn man sich bemüht, streng ist und sich einfach nichts ändert. Unfassbar. Frustrierend!

Ich strafte meinen Bauch aus Trotz mit Nichtachtung. Ihr könnt es euch denken: interessierte ihn nicht. Er blähte sich stattdessen auf und stieß alles, was ihm nicht gefiel, fleißig aus.

Vielleicht Reizdarm?

Die Zeit strich ins Land und ich hatte allmählich keinen Bock mehr. Über Foren stieß ich auf das Thema Reizdarm und sah wieder Licht am Himmel. Die Symptome passten! Zugegeben: dass Reizdarm-Betroffene häufig für Simulant*innenen gehalten werden, weil man den Reizdarm im Körper nicht wirklich diagnostizieren und so auch nur schwer behandeln kann, gefiel mir nicht. Ich hatte schon zu oft das Gefühl, dass meine Beschwerden nicht für voll genommen oder auf eine schwache Psyche geschoben wurden. Aber ich wollte mich zumindest einmal informieren.

Nummer gegen Kummer

Also rief ich bei meiner Krankenkasse an, die hatten so eine Art Nummer gegen Kummer. Der Facharzt am Telefon war super nett und hilfreich. Er sagte mir, bevor ich mich auf Reizdarm einschieße, soll ich ein paar Sachen ausschließen: chronische Erkrankungen oder Probleme mit Bauchspeicheldrüse und Schilddrüse, Zöliakie, Histamin. Die ersten Punkte hatte ich schon mit dem Hausarzt geprüft, Zöliakie wurde bei der Magen-Darm-Spiegelung ausgeschlossen. Blieb noch Histamin.

Selbsttests

Mit den Selbsttests ist das so eine Sache. Ich hatte oft versucht, auf eigene Faust herauszufinden, was mein Problem war. Zuerst mit Laktose, später auch mit Sorbit, nun mit Histamin. Man kann versuchen, über Auslasstests (gar nichts mehr) oder Provokationstests (zu viel davon) ein Gefühl dafür zu bekommen, ob der Bauch reagiert. Aber man weiß es niemals sicher. Und wenn es etwas anderes ist, was dazwischen funkt, sind die Tests auch nie wirklich verlässlich. Ich habe mir dadurch nur Reaktionen eingebildet, die gar nicht da waren. Mein Bauch hat mich an der Nase herumgeführt.

Nach den Histamin-Selbsttests war ich also ähnlich wie bei Laktose davon überzeugt, dass es Histamin ist. Trotzdem wurde es mit den Beschwerden immer nur phasenweise weniger. Als hüpfe mein Bauch wie Rumpelstilzchen ums Feuer und riefe dabei vergnügt: Ach wie gut, dass du nicht weißt, was wirklich mein Problem ist.

Genug ist genug!

Das war dann die Phase, in der ich genug hatte. Ich sagte mir: So, jetzt ist Schluss! Ich habe keine Lust mehr, dass mir mein Bauch den Spaß am Leben versaut. Vor allem, weil die Beschwerden mittlerweile schon so stark waren, dass ich täglich Durchfall hatte, immens viel Flüssigkeit verlor, mit dem Trinken nicht mehr hinterher kam und so immer wieder aus Dehydrierung umfiel. Mein Kreislauf machte einfach schlapp. Das musste ein Ende haben!

Recherche in Foren und Blogs

Über den Blog Kochtrotz wendete ich mich an die Bloggerin Steffi. Sie gab mir zwei Möglichkeiten: Entweder ich konnte über ein paar (leider überwiegend private) Fachärzte eine Labordiagnostik durchführen lassen, die aber schweineteuer ist. Oder ab ins Krankenhaus. Ich habe mich für das Fachkrankenhaus Kloster Grafschaft in Schmallenberg entschieden. Dort gibt es eine Fachabteilung für Allergologie und das Krankenhaus hat einen sehr guten Ruf.

Ab ins Krankenhaus

Fast zwei Wochen lang wurde ich dort auf alles durchgecheckt: Sellerie, Histamin, Soja, Konservierungsstoffe, Glukose, Hauttests mit allen möglichen Sachen, Blut- und Stuhlproben. Es war so viel, ich habe den Überblick verloren. Zu essen bekam ich nur Kartoffeln, Reis, später Pute und Zucchini, sodass meinem Bauch die vorlaute Klappe gestopft wurde.

Zwei Wochen, drei Diagnosen

Und wer hätte es gedacht: Histamin war es auch nicht! Sondern Soja und Konservierungsstoffe. Der Glukose-Test war auch positiv, was auf eine bakterielle Fehlbesiedlung hinwies und so meinen Verdacht auf Reizdarm bestätigte. Zwei Wochen und drei Baustellen. Aber irgendwie freute ich mich darüber! Es fiel mir ein zentnerschweres Gewicht von den Schultern. Endlich wusste ich, woran ich war. Sorbit wurde übrigens wieder ausgeschlossen, entweder hatte mein Bauch sich wieder an Sorbit gewöhnt oder es war nie wirklich eine Intoleranz.

Kapitel Ernährungstherapie

Wieder zu Hause suchte ich mir eine Ernährungstherapeutin und investierte in eine längere Therapie (leider werden Ernährungstherapien nur anteilig von den Kassen übernommen). Ich kann die Ernährungstherapie von Dr. Ambrosius sehr empfehlen. Sie baut auf einem Baukastensystem auf, nach dem jede Mahlzeit ein Bestandteil von Eiweißen, Kohlenhydraten (Brot, Kartoffeln, Reis, Nudeln), Obst und Gemüse und Fetten beinhalten muss. Gemeinsam mit der Therapeutin bastelten wir einen Ernährungsplan, der meinem Körper alles gab, was er brauchte, um wieder zu Kräften zu kommen, ohne dabei meinen Bauch zu belasten.

Reizdarm ade!

Die erste Phase galt dem Reizdarm. Das war ziemlich anstrengend, weil ich mich sehr reduzieren musste. Vereinfacht gesagt, ließ ich alles weg, was ein gesunder Bauch sowieso schon schwer verdaut: Rohkost, blähende oder reizende Lebensmittel, Säuren, zu viel Fett et cetera. Ich orientierte mich zusätzlich an einer FODMAP-armen Ernährung. Und hey, es half! Ich weiß noch, wie ich die erste beschwerdefreie Woche gefeiert habe. Nach ungefähr drei Monaten war ich den Reizdarm los und baute langsam und behutsam den Ernährungsplan aus (ohne Soja und Konservierungsstoffe).

Mein Bauch und ich sind wieder friends

Jetzt ist der Krankenhausaufenthalt bald ein Jahr her und ich fühle mich prima. Ich bin nicht komplett beschwerdefrei und natürlich verzichte ich weiter auf Soja und Konservierungsstoffe. Es ist nicht immer leicht und manchmal schimpfe ich noch. Aber wie soll ich sagen: Mein Bauch und ich sind wieder friends. Ich weiß, dass er empfindlich ist und ich ein Bauchmensch bin. Aber am wichtigsten: Ich habe gelernt, damit umzugehen. Im richtigen Moment die Notbremse zu ziehen. Auf die Diva in mir drin zu hören, statt sie nur zu verfluchen. Und das gibt mir einiges an Lebensqualität zurück!