Semester für Semester hast du dich durch Seminar- und Hausarbeiten gequält, dabei immer im Bewusstsein: Hinterher wird alles besser. Doch egal, wie farbenfroh du dir dein Leben nach der Uni auch ausgemalt hast, die Realität sieht anders aus. Weniger luxuriös, zum Beispiel.

Wohnung

Wie du sie dir vorgestellt hast: Zwei helle Zimmer und ein hochmodernes Klo ganz für dich allein.

Wie es wirklich ist: Du musst dir das Porzellan immer noch mit anderen teilen, weil die Miete einfach lächerlich hoch und dein Einstiegsgehalt erbarmungswürdig niedrig ist.

Job

Wie du ihn dir vorgestellt hast: Du kannst dich voll einbringen und deine an der Uni erworbenen Kenntnisse sinnstiftend und karrierefördernd einsetzen. Weil man dir zuhört und dich und deine frische, junge Perspektive wertschätzt.

Wie es wirklich ist: Du hast einen befristeten Vertrag. Jemand drückt dir seinen leeren Kaffeebecher in die Hand. Manchmal hast du das Gefühl, man könnte an deiner Stelle auch ein dressiertes Hündchen an den Schreibtisch setzen.

Kolleg*innen

Wie du sie dir vorgestellt hast: kompetent, aufgeschlossen, kollaborativ. Vorbilder, von denen du lernen kannst.

Wie es wirklich ist: Sie wälzen die Drecksarbeit auf dich ab, weil du ja noch neu bist im Haifischbecken.

Partys

Wie du sie dir vorgestellt hast: Jetzt, da du nicht mehr nächtelang lernen musst, kannst du endlich feiern gehen, wie es sich gehört. Unter der Woche Schnaps trinken und bezahlen können. Yay!

Wie es wirklich ist: Diese verdammten acht Stunden Lohnarbeit saugen auch das letzte bisschen Lebenswillen aus dir heraus. Du bist froh, wenn du endlich auf der Couch liegst und schläfst direkt ein.

Klamotten

Wie du es dir vorgestellt hast: Jetzt, da du erwachsen und berufstätig bist, brauchst du natürlich eine entsprechende Garderobe. Darum legst du dir Hosenanzüge, Hemden, Blusen und ein ordentliches Paar Schuhe zu.

Wie es wirklich ist: Du trägst immer noch jeden Tag Jeans und drei Jahre alte Chucks.

Essen

Wie du es dir vorgestellt hast: Du machst einen Plan, kaufst auf dem Markt und im Bioladen und ernährst dich ausgewogen, bewusst und gesund.

Wie es wirklich ist: Du isst weiterhin Tiefkühlpizza. Außer an Festtagen, da bestellst du Pizza.

Familie

Wie du es dir vorgestellt hast: Auch, wenn's nicht viel ist, aber: Du verdienst jetzt endlich dein eigenes Geld. Also werden dich deine Eltern, Onkels, Tanten und Geschwister mit dem gebührenden Respekt behandeln und dich und deine belesene Meinung ernst nehmen.

Wie es wirklich ist: Kaum betrittst du die Familienfeier, kneift dir Tante Hildegard in die Wange und sagt "Oooh, diese Pausbäckchen!" Anschließend hast du Mühe, sie von Geschichten, die um dich und Windeln kreisen abzulenken. Und als schließlich dein Vater dir zum tausendsten Mal erklärt, wie du im Regen Auto fahren musst, stellst du fest: Egal, wie alt oder selbstständig du bist – du bleibst immer das Kind.

Ja, durch den Start ins Berufsleben ändert sich vieles, aber lange nicht alles. Vor allem bleibst du immer noch du.

Du bist übrigens nicht allein mit diesen Problemen:

  • Im Schnitt absolviert ein Student fünf Praktika bis zum ersten richtigen Job. Ohne Praktika ist der Einstieg in den Beruf beinahe unmöglich.
  • Oft ist das Gehalt mehr als mager und liegt trotz abgeschlossenen Studiums auf Mindestlohnniveau.
  • Und hast du endlich einen richtigen Job, ist das Glück in den meisten Fällen von kurzer Dauer. "In manchen Branchen bekommen Berufseinsteiger heute kaum noch unbefristete Stellen", sagt Juristin Marta Bönig, "wenn Sie ein Unternehmen gefunden haben, das Ihnen einen unbefristeten Arbeitsvertrag mit sechsmonatiger Probezeit anbietet: Glückwunsch! Das ist leider nicht mehr die Regel."

Der Berufseinstieg nach dem Studium erfordert Geduld und Ausdauer. Vermeide es, in Panik zu geraten und dich unter Wert zu verkaufen – auch, wenn du mehrere Versuche brauchst. Du wirst einen Job finden, bei dem das Geld stimmt und du bleiben willst und kannst.