1. Stell Fragen

Du hast diesen wunderschönen Menschen im Blick und er dich. Ihr habt beide Lust – consent is key –, aber bevor es an die Wäsche geht: Sprecht miteinander! "Hey, bevor wir loslegen, kann ich ein paar Sachen fragen, damit ich mich sicherer fühle?"

Du kannst zum Beispiel fragen, wann dein Lustobjekt zuletzt einen Test für sexuell übertragbare Infektionen (STI) gemacht hat. Wenn du mit gutem Beispiel voran gehen willst, zeige einen aktuellen Test von dir auf deinem Handy. Wird dein Gegenüber defensiv und misstrauisch, ist das ein Warnzeichen. Verantwortungsvolle, sex-positive Menschen sind Kommunikation über Sex Health gewohnt und teilen gern ihre Info mit dir.

Leute, die mehrgleisig oder sehr aktiv unterwegs sind, kannst du fragen, ob sie dieses Gespräch mit ihren letzten Partner*Innen hatten – wenn nicht, reg sie dazu an. Du kannst fragen, welche Barrieren gewünscht sind – reichen Kondome, oder brauchen wir noch Einmalhandschuhe? Frischhaltefolie zum sicheren Lecken? Du wirst schnell merken, dass Menschen unterschiedliche Risikobereitschaft und unterschiedliche Safer-Sex-Strategien haben. Es ist gut, dir einen Eindruck zu machen und Fragen zu stellen.

Aber was ist mit In-der-Hitze-des-Moments-Situationen? Wenn du ein Risiko eingehst, ist es besser die Fragen im Nachhinein zu stellen, um besser entscheiden zu können, ob du dich durchchecken lassen solltest.

2. Check dein Risiko

Verschiedene Spielarten bergen unterschiedliche Risiken. Bei ungeschütztem Schwanzlutschen sind orale Ansteckungen mit Chlamydien, Gonorrhö, Hepatitis A, Herpes, HPV und Syphilis möglich. Beim Pussylecken ist die Liste möglicher Ansteckungen kürzer, weil es weniger invasiv ist.

Aber: Sex muss nicht immer mit Rein-Raus und Flüssigkeitenaustausch enden. Viele Dinge machen Spaß zusammen! Ein Satz wie "Hey, ich würde es heut gern beim Fingern belassen, bis wir uns besser kennen, okay?" sind völlig in Ordnung. In dieser Tabelle findest du alle Spielarten und die STI Risiken, die damit verbunden sind.

3. Benutze Barrieren

Kondome sind ein Basisschutz und die meisten kopulationswilligen Menschen tragen sie bei sich. Sie schützen gegen die meisten STIs und praktischerweise auch gegen Schwangerschaft. STIs, wie Genitalherpes, Syphilis und HPV können auch mit Kondom übertragen werden, da sie im gesamten Genitalbereich auftreten können.

Benutze in Gruppensituationen niemals dasselbe Kondom mit verschiedenen Lovern, sonst trägst du die Keime von einer Person zur nächsten. Kondome können auch für sicheres Lutschen benutzt werden – dafür gibt es Geschmacksrichtungen!

Für heftiges wie sanftes Fingern benutzt ihr am besten Einmalhandschuhe. Klingt zwar klinisch – aber in schwarz könnt ihr zum Beispiel auch reizende Machtspiele ausprobieren. Wichtig: Halte deine Fingernägel kurz und akkurat, um kleine Risse in den Handschuhen zu vermeiden.

Ihr wollt lecken, aber die STI-Info ist unklar? Frischhaltefolie über Pussy oder Po und los gehts. Achtung: keine mikrowellengeeignete Frischhaltefolie benutzen, die lässt Feuchtigkeit durch. Vorgefertige Leckbarrieren, nennt man Dental Dams. Ein bisschen Gleitgel zwischen Körper und Folie und ab geht’s.

Du wirst auf Leute treffen, die beim Thema Barrieren sagen "Aber dann fühl ich nix mehr!" Besonders Männer bringen gerne mal diese MiMiMi-Nummer. Aus wissenschaftlicher Sicht ist das Humbug. Pussy und Po sind innen drin verletzlicher und bieten besseren Nährboden für Bakterien als ein Penis. Das erhöht die Wahrscheinlichkeit einer Übertragung. Lass dich nicht mit Ausflüchten abspeisen. Wenn du nicht sicher bist: Barriere und Basta.

4. Achte auf die Spielzonen

Neben dem Benutzen von Barrieren minderst du Risiken, wenn du achtsam bleibst, wo Finger, Münder und Genitalien in Kontakt waren. Das trifft besonders auf Gruppensituationen zu. Ein Beispiel: Ein Schwanz verlässt nach freudiger Bespaßung eine Körperöffnung. Jemand fasst diesen an und wischt sich danach unachtsam das Auge oder fasst jemand anderem zwischen die Beine und, holla, die Bakterien wandern zu Orten, wo sie nicht hinwandern müssten.

Also, achtsam bleiben lohnt sich. Das ist ein Grund, warum auf guten Sexpartys keine Saufgelage stattfinden. Wenn du nicht mehr Herr*in deiner Sinne bist, wirst du solche Sex-Health-Faux-Pas kaum vermeiden können.

Gib deinen Händen Jurisdiktion, zum Biespiel "Rechts für dich, Links für mich" oder "Rechts für dieses Körperteil, Links für das andere". Halte sie sauber. Wasch dir vorher und hinterher die Hände, auf jeden Fall zwischen verschiedenen Lovern. Dasselbe gilt für Genitalien. Eine gute Sexparty hat nicht unweit von der Spielwiese eine Waschmöglichkeit. Wenn das nicht gegeben ist (oder eine dieser "Ich kann jetzt unmöglich aufspringen"-Situationen), ist es sinnvoll, sanfte Feuchttücher dabeizuhaben.

Nach heftigem, ungeschützten Lutschen oder Lecken, besonders mit mehreren Lovern, ist es sinnvoll, mit Mundwasser zu gurgeln. Eine Studie hat bestätigt, dass Gurgeln mit Listerine zumindest Gonorrhö-Bakterien im Mund abtötet und eine orale Gonorrhö-Infektion verschwinden kann, wenn man fünf weitere Tage regelmäßig gurgelt. Es gibt kleine Mundwasserflaschen zum Mitnehmen für dein Abenteuer-Toolbag. Achte drauf, dass die Marke Alkohol enthält.

5. Lass dich regelmäßig testen

Ob du dich testen lässt oder nicht, sollte dir nicht erst nach einem betrunkenen unvorsichtigen Dreier durch den Kopf gehen. Sexuell aktive Großstadtmenschen sollten sich zwei- bis viermal im Jahr auf alle STIs checken lassen. Vielleicht hast du dich mit STIs wie Chlamydien oder Gonorrhö angesteck, ohne Symptome zu spüren. So steckst du auch andere an, ohne dass du es weißt.

Wichtig: Testen ist kein Freifahrtschein für riskante Nummern mit reizenden Fremden, da es keinen Infektionen vorbeugt. Einige STIs lassen sich erst nach mehreren Wochen im Blut oder Urin nachweisen. Wenn du direkt die Woche nach einer unsicheren Situation testen gehst, bedeutet das nicht unbedingt, dass du frei von Ansteckungen bist. Für die meisten STIs ist eine Wartezeit von sechs Wochen bis zum Test ausreichend. Bei HIV oder Hepatitis hast du die Gewissheit allerdings erst nach mehreren Monaten. Hier ist eine handliche Infografik, die zeigt, wann du wofür testen kannst.

Jeder Hausarzt testet auf STIs. Du gibst Blut und Urin ab – am besten Morgen-Urin – und hast innerhalb einer Woche ein Ergebnis. Lass dir einen Ausdruck geben. Vielleicht musst du für den Test zahlen, wenn deine Krankenkasse ihn nicht übernimmt. Das kann 50 Euro oder mehr kosten.

Wenn du regelmäßig testen gehst, macht es Sinn, eine infektiologische Praxis aufzusuchen. Diese Praxen haben oft ein eigenes Labor und machen viele verschiedene Tests. Wenn du da nicht gerade jeden Monat auftauchst, sollte der Test kostenlos sein.

Bei einigen STIs sind lokale Infektionen – zum Beispiel im Rachenraum oder am Po – möglich, die von Blut- und Urintests nicht unbedingt erfasst werden. Wenn du riskanten Verkehr hattest und diese Befürchtung hast, frag in deiner Arztpraxis nach einem lokalen Abstrich (Swab-Test). Hier ein Artikel, der genauer auf die Unterschiede zwischen Urintests und Swabs eingeht.

Wenn du keine Krankenversicherung hast oder eine Option suchst, wo du deine internationalen Lover hinschicken kannst, gibt es Orte für kostenlose Tests. In Berlin sind das zum Beispiel die Zentren für sexuelle Gesundheit und Familienplanung. Da diese Tests anonym sind, bekommst du keinen Ausdruck. Allerdings darfst du sechs Monate vor Ort Einblick in den HIV Test haben. Als schwuler Mann kann man zudem zu Anlaufstellen wie Mann-O-Meter gehen, die kostenlose und gründliche STI-Tests anbieten.

Was, wenn der Test positiv ist? Keine Panik – die meisten STIs lassen sich gut behandeln. Informiere dich in deiner Arztpraxis. Sprich auf jeden Fall mit dein(en) Partner*Innen – auch aus den Wochen davor – und rate ihnen, sich testen zu lassen und ebenfalls die Info weiterzugeben. Wer das nicht tut, riskiert die Ausbreitung von STIs! Bis die Behandlung abgeschlossen ist, solltest du besonders auf Safer Sex achten und am besten nur Barrieren benutzen.

6. Be mindful of the Resistenzen

Hier noch ein vorletzter Hinweis. Es gibt Kinkster, die der Meinung sind, dass für sie der Schutz mit Kondom ausreicht. Oft mit der Begründung "Es gibt es ja Antibiotika."

Vor zehn Jahren konnte man das noch beruhigter sagen als jetzt. Weltweit steigen die Antibiotika-resistenten STI-Ansteckungen, vor allem bei Gonorrhö und Chlamydien. Es gab erhöhte Aufkommen resistenter Keime in England und 2018 eine Epidemie in Australien. Ein Grund für den Anstieg von Antibiotikaresistenzen ist: Oft werden Antibiotika zu leichtfertig verschrieben. Bakterien haben mehr Gelegenheit sich anzupassen. Zu viel Vertrauen in Antibiotika führt dazu, dass diese immer weniger wirken. Lieber im Vornherein safer spielen!

7. Raus ins Abenteuer

Du hast es geschafft! Puhh. Je mehr Leute im Nachtleben und besonders in sex-positiven Szenen Safer Sex praktizieren, desto sicherer wird die ganze Kiste. Play it safe, take care of yourself, have fun.

Außerdem auf ze.tt: Was du tun kannst, wenn du HIV-positiv getestet wirst