Ich habe keine einzige Allergie, nicht mal Heuschnupfen. Und während sich die Menschen um mich herum zunehmend über Nahrungsmittel-Unverträglichkeiten definieren, kann ich lachend Histamin, Gluten und Laktose in rauen Mengen verschlingen. Ich habe keinen kinky Fetisch wie Pony-Play oder so und kein exotisches Hobby. Zudem bin ich weder hochbegabt noch sonderlich musisch; nicht mal meinen Namen tanzen kann ich.

Ich hatte hingegen mal einen VW, trage gern Grau, sage "Turnschuhe" statt "Sneakers" und mein Lieblingsteil ist ein Kapuzenpullover von 1993. Kurz: Ich bin so mittelmäßig, wie es nur geht. Ich bin Erika Mustermann.

Und etwas Merkwürdiges ist passiert: Seit ich das akzeptiert habe, bin ich zufriedener.

Wieso wollen wir bloß so individuell sein?

Es gibt rund 7,4 Milliarden Menschen auf der Welt. Wie kommen wir dann eigentlich darauf zu denken, jeder von uns müsse einzigartiger, individueller, besser als all diese anderen sein? Es ist der omnipräsente Wettbewerbsgedanke.

"Wer bei der Arbeit, aber auch in fast allen anderen Lebensbereichen, unter Konkurrenzdruck steht, hat das Gefühl, Alleinstellungsmerkmale entwickeln zu müssen, um andere zu übertreffen. Weil aber auch die Konkurrenz nicht schläft, ist das eine unerfüllbare Aufgabe", erklärt Professor Ulrich Bröckling vom Institut für Soziologie der Albert-Ludwigs-Universität in Freiburg.

Lass es einfach!

Was passiert denn, wenn wir uns nicht mehr dauernd anstrengen und einfach sagen: Och, ich bin semi, mittel, medium? Es liegt ein gewisser Frieden in der Akzeptanz der eigenen Mittelmäßigkeit. Auch, wenn der nicht ganz leicht zu erreichen ist. Professor Bröckling: "Man kann dem nicht einfach per Willensanstrengung entfliehen. Trotzdem ist niemand ohnmächtig dem Druck ausgeliefert. Zu erkennen, dass er kein individuelles Problem darstellt, wäre schon einmal ein Anfang."

Den Versuch ist es wert. Denn Akzeptanz der eigenen Durchschnittlichkeit eröffnet die Möglichkeit, uns selbst und unsere Grenzen kennen zu lernen. Ich werde niemals Tänzerin, Schach-Genie, Marketing-Expertin oder Poetry Slammerin und falls ich es je versuchen sollte, reicht mir das Adjektiv "okay".

Akzeptieren – ja, Aufgeben – nein!

Uns mit unseren Einschränkungen zu arrangieren heißt nicht, dass wir aufhören sollten, uns zu bemühen oder anzustrengen. Nur, weil es garantiert irgendwo Menschen gibt, die uns in Teilen ähneln, die etwas genauso gut oder viel besser können, darf nichts auf der Welt uns davon abhalten, unser Potenzial auszuschöpfen und unsere Träume zu verwirklichen.

Das berührendste und beeindruckendste Beispiel dafür ist der erfolgloseste Ski-Springer aller Zeiten, Eddie the Eagle. Er wollte unbedingt an den olympischen Spielen teilnehmen, war viel schlechter als die Konkurrenz und schaffte es schließlich doch nach Calgary. Als erster und damals einziger britischer Skispringer, obwohl er zu schwer und schwer weitsichtig war. Er landete auf dem letzten Platz – und war überglücklich.

Wir dürfen uns nämlich einfach nur nicht ständig mit anderen vergleichen.