Forscher*innen der Universität von Ohio haben in einer Studie herausgefunden, dass Kinder in ihrem späteren Liebesleben eher nach ihren Müttern geraten. Die Kinder, deren Mütter häufiger den*die Partner*in wechselten, taten das als Erwachsene mit höherer Wahrscheinlichkeit auch; wohingegen die Kinder, deren Mütter in Langzeitbeziehungen blieben, später wahrscheinlicher auch in langen Beziehungen waren.

Davon abgesehen, dass ein häufigerer Partner*innenwechsel rein gar nichts über den Charakter einer Person und noch viel weniger über die Liebe einer Mutter zu ihrem Kind aussagt, kann in Langzeitbeziehungen unaussprechlich destruktiver, toxischer Mist abgehen, und zwar über Jahre. Aber das nur am Rande.

Der Schwerpunkt der Studie ist Bindungsfähigkeit über Generationen hinweg, die von mehreren Faktoren abhängig ist. Dazu gehört die finanzielle Situation, die Neigung zur Depression, der Missbrauch von Substanzen wie Drogen oder Alkohol, aber auch persönliche Charaktereigenschaften wie die Fähigkeit, anderen Menschen zu vertrauen.

"Unsere Ergebnisse legen nah, dass Mütter ihre Beziehungs-Eigenschaften an ihre Kinder weitergeben können – im guten und im schlechten Sinne", sagt Studienleiterin Professorin Claire Kamp Dush. Für die Auswirkungen von Vätern lagen laut Studie keine Daten vor.

Ist also wirklich Mutti an allem schuld? Nee, ganz so einfach ist es eben nicht.

Verursachen Mütter Beziehungsunfähigkeit?

Natürlich prägen dich deine Eltern, sie haben eine Vorbildfunktion. Von ihnen guckst du dir automatisch vieles ab, auch das Lieben. Es kann passieren, dass Elternteile emotional nicht zugänglich oder sogar toxisch sind, ihre Liebe an Bedingungen knüpfen oder auf andere Arten kein ausreichendes Urvertrauen vermitteln. Das hat Konsequenzen; dazu gehören ein unsicheres Bindungsgefühl und das Gefühl, nie genug zu sein.

Zweifelsohne beeinflusst das dein späteres Beziehungsleben. Aber nicht vergessen: Es gibt durchaus andere Menschen, die dir als Kind zumindest einen Teil dieses Gefühls geben können; Großeltern zum Beispiel oder Stiefeltern.

Ja, viele elterliche Verhaltensweisen oder Fehler wirken lange nach; manchmal heilen in der Kindheit erlittene Verletzungen ein Leben lang nicht. All das ist okay und hat seine Berechtigung. Und manchmal sind Eltern schlechte Vorbilder in vielerlei Hinsicht. Niemand kann etwas für seine Familie, man sucht sie sich nicht aus. Niemand kann die Vergangenheit abschütteln, sie bleibt immer ein Teil von uns.

Wer Mutti die Verantwortung gibt, verpasst was

Es gibt da allerdings einen ganz entscheidenden, kleinen Aspekt: Eigenverantwortung. Der Versuch, sich – mitunter sehr langsam und schmerzhaft – aus dem alten Drama herauszuschälen. Die Fähigkeit, aus der Vergangenheit zu lernen, Schritt für Schritt. Der Wunsch, sich emotional weiterzuentwickeln, es anders zu machen, besser oder einfach für dich passender.

Wie das geht? Durch Selbstbeobachtung, Gespräche mit Freund*innen, Tagebuch schreiben, Bücher lesen, Musik, Meditation, Therapie oder alles gleichzeitig – was auch immer hilft. Seelisches Wachstum ist wichtig, ohne gibt es keine Heilung und erst recht keine glückliche Beziehung. Erste Voraussetzung dafür ist aber die grundsätzliche Bereitschaft, sich mit alten Mustern, Wunden und sich selbst auseinanderzusetzen. Das tut mitunter weh und kann sogar furchteinflößend sein. Aber es lohnt sich.

Du bist dein eigener Mensch

Wer jedoch schulterzuckend seiner Mutter und damit der Vergangenheit die Verantwortung für die aktuellen Schwierigkeiten und Beziehungsunfähigkeit im Jetzt gibt, verweigert sich der Gelegenheit zu lernen und bleibt stehen. Es ist bequemer – weil weniger schmerzhaft –, die Ursachen für aktuelle Probleme in der Vergangenheit zu belassen und die Tür ins alte Kinderzimmer für immer verschlossen zu halten.

Du kannst dich aber auch dafür entscheiden, dein Leben ab jetzt so gut es eben geht selbst in die Hand zu nehmen. Denn nur weil deine Eltern größere oder kleinere Fehler gemacht haben oder Probleme hatten, heißt das nicht, dass du sie automatisch wiederholen und auch erleben musst. Schließlich bist du dein eigener Mensch.