Mitte dieser Woche startete die inzwischen siebte – ja, echt jetzt – Staffel des Bachelors auf RTL. In den kommenden Wochen buhlen also jeden Mittwoch zur Primetime 22 junge, schöne und sehr weiße Kandidatinnen um die Anerkennung eines Kölner Agenturinhabers und Models: Sebastian Pannek. Gedreht wurde wieder in Miami, was aufgrund der klimatischen Bedingungen viel nackte Haut, Cocktails und durch deren häufigen Genuss induzierte Dramen verspricht. Und auch wenn die Ausstrahlung der ersten Episode die Erwartungen des Senders nicht erfüllen konnte, bleibt Der Bachelor eines der TV-Ereignisse, das neben Ich bin ein Star, holt mich hier raus und Schwiegertochter gesucht Millionen von Deutschen jedes Jahr vor die Fernseher lockt.

Die Anziehungskraft des Formates ist schnell erklärt: Es lebt wie jede Form des Reality-TVs davon, dass sich die beteiligten Personen extra peinlich und unangenehm aufführen, damit die Zuschauer*innen sich aufregen, schämen oder totlachen können. Für Der Bachelor bedeutet das vor allem, dass Frauen sich bis auf die Knochen blamieren. Zum Beispiel, wenn die Kandidatinnen über die emotionale Verbindung zu dem Mann schwärmen, den sie vor fünf Minuten zum ersten Mal gesehen haben. Oder wenn dieser auf die Frage "Was sind so deine Vorlieben?" bierernst antwortet "Oft, würde ich als Vorliebe bezeichnen" und eine ganze Jacht voller "Mädels" ins Kichern ausbricht. Denn so sind Frauen aka Mädels doch: dumm, billig und oberflächlich.

Eine nach der anderen werden die Kandidatinnen vorgeführt und ihre Mission ist klar: diesen einen Mann festnageln. Überzeugen wollen sie ihn auf zwei Arten: mit ihrem Körper und sexuellen Reizen oder ihren inneren Werten. Wobei die Anhängerinnen der zweiten Methode keinen Zweifel daran lassen, was sie über die moralischen Werte der anderen denken. Die Intrigen und Zickereien der Kandidatinnen machen Der Bachelor für viele überhaupt erst so unterhaltsam. Erst, wenn in jedem Gespräch der Vorwurf im Raum schwebt, dass diese oder jene eine Schlampe oder geil auf den Fame sei, flippen wir vor Freude aus. So wird eine Kandidatin, die ganz direkt sagt; "Wie sie da saß – wie der letzte Ficker" plötzlich zum Publikumsliebling und andere zum Hassobjekt.

Kandidatinnen, die sich besonders verfügbar zeigen und vielleicht gar auf Tuchfühlung gehen, sind "dreist" und natürlich das Letzte. Dass der Bachelor statistisch gesehen seine Zunge in 50 Prozent der Kandidatinnen stecken wird, scheint aber niemanden zu beschäftigen – der ist zum einen ein Mann und zum anderen das Objekt der Begierde. Denn, machen wir uns nichts vor, der Bachelor kommt zwar deutlich besser weg als die Kandidatinnen, ist aber am Ende auch nicht mehr als der Pokal, um den es geht.

Zusammengefasst dreht Der Bachelor sich also darum, dass 22 schöne, junge Frauen sich gegenseitig die Augen auskratzen, um die Gunst eines Mannes zu erringen, über den man eigentlich so gut wie nichts weiß und der am Ende nie im Leben ihr Partner sein wird. Ist doch super witzig, wie dumm und naiv diese billigen Frauen das alles angehen. Über solche Mädels darf man auf jeden Fall lachen, oder nicht?

Was viele häufig vergessen: Reality TV ist von vorne bis hinten eine einzige Inszenierung zu Unterhaltungszwecken. Die Bewerberinnen? Durch ein mehrstufiges Casting ausgewählt. Die Spannungen unter den Kandidatinnen? Soziale Isolation, Alkohol und Provokationen tun ihr Übriges. Gefühlsausbrüche, Liebesschwüre und Tränen? Erreicht das Team notfalls auch, indem es die Frauen psychologisch fertigmacht. In einem Interview mit dem New Yorker berichtete zum Beispiel eine der ehemaligen Produzent*innen des amerikanischen Originals, Sarah Gertrude Shapiro, wie sie Kandidatinnen belog und manipulierte, um die Bilder zu bekommen, die gebraucht wurden. Ihren persönlichen Tiefpunkt erreichte sie, laut eigener Aussage, als sie eine Kandidatin mit Essstörung als fett bezeichnete, nur um sie zum Weinen zu bringen.

Das zeigt vor allem zwei Dinge: Erstens, die Menschen, über die wir da lachen, existieren so überhaupt nicht und zweitens, Der Bachelor inszeniert Frauen bewusst dumm und oberflächlich. Den Zuschauer*innen wird das Klischee geboten, von dem sie ohnehin schon zu großen Teilen überzeugt sind: Hübsche, junge Frauen sind oberflächlich, dumm und über ihr Aussehen hinaus zu nichts zu gebrauchen. Das ist nicht nur widerlich, es ist auch schlichtweg nicht akzeptabel. Angesichts dieses Fazits überrascht es einen dann doch, dass vor allem Frauen sich zum gemeinsamen Der Bachelor-Gucken treffen, um zusammen über Frauen zu lachen, die vermeintlich in der Hackordnung unter ihnen stehen.

Oder nein, eigentlich überrascht es einen nicht. Dank des verstaubten und falschen Images von Feminist*innen als männerhassende, starkbehaarte Latzhosenträgerinnen, bleibt Solidarität unter Frauen bis heute eher die Ausnahme. Die typisierte starke Frau macht Karriere, guckt mit ihren Girls Sex and the City oder eben Der Bachelor und schämt sich nicht für ihren Vibrator im Nachtschrank. Das ist auch alles gut und richtig so, aber es reicht eben noch nicht. Wir müssen uns auch für die Frauen einsetzen, die kein Abbild unserer selbst sind*: geflüchtete Frauen, Transfrauen, queere Frauen, Frauen mit körperlichen und psychischen Einschränkungen, Seniorinnen, Muslimas, Women of Color, Sexarbeiterinnen und eben auch die Mädels, die sich jeden Mittwoch um den Bachelor zanken. So funktioniert weibliche Solidarität und nur so können wir erreichen, dass Gleichberechtigung irgendwann auch in den Köpfen der Mehrheit ankommt.

Also hört bitte auf, den Bachelor zu schauen oder macht euch wenigstens über das lustig, was daran wirklich lächerlich ist: Dass RTL versucht, der Mehrheit weiszumachen, dass alle Frauen so sind, wie Der Bachelor sie präsentiert.

*Diese Liste ist natürlich nicht vollständig.