Horrorfilme funktionieren am besten, wenn sie uns noch nach dem Kino beeinflussen. Nach dem Weißen Hai hatten viele Menschen etwa Angst, schwimmen zu gehen. Steven Spielberg hatte ihnen gezeigt, dass in den Tiefen des Wassers Gefahr lauern kann. Wie viele Menschen ängstigen sich durch dieses Filmgenre vor der Dunkelheit im Wald oder dem eigenen Keller? Horrorfilme provozieren, sie verschieben unsere Vorstellung davon, was sicher ist, und was nicht. Sie spielen mit unseren Ängsten. Auch mit der Angst vor dem, was nicht da ist. Es ist nur konsequent, mit einem Horrorfilm nun einen sehr realen Schrecken ins Kino zu bringen: den des Rassismus.

In Jordan Peeles Get Out besucht der erfolgreiche schwarze Fotograf Chris Washington die weiße Familie seiner Freundin in ihrem entlegenen Heimatdorf. Zunächst scheint es so, als ob alles dafür getan wird, dass Chris sich wohl fühlt. Doch bald wird er sehr merkwürdig behandelt, wie auch die wenigen weiteren schwarzen Menschen im Dorf. Das ist der Clou des Films: Während die – weiße – Vorstadt in anderen Filmen als das Sichere und Vertraute gilt, wird sie hier zum Ort des Schreckens.

Regisseur Jordan Peele macht normalerweise Komödien. Get Out ist sein erster Ausflug in das Horrorgenre, auch wenn einige humoristische Elemente im Film zu finden sind. Seit wenigen Tagen läuft der Film in den USA im Kino – und erhält große Aufmerksamkeit. Erste Kritiker bezeichnen den Film als "außergewöhnlichen Sprung im Genre" und schreiben, dass er wichtigere "Rassenbeobachtungen" mache als ein halbes Dutzend gutgemeinter Hollywood-Dramen.

Get Out gelang auf der Plattform Rotten Tomatos die seltene Wertung von 100 Prozent – aus über 20.000 Bewertungen. Der Konsens der Zuschauer*innen lautet: "Lustig, beängstigend und provozierend. Get Out webt seine pointierte Sozialkritik außerordentlich effektiv und unterhaltsam in einem Ritt aus Horror, Thriller und Komödie."

Rassismus passt perfekt ins Horrorgenre

Allein durch die Ankündigung und den Trailer von Get Out brachte Regisseur Peele eine wichtige Erkenntnis für das Kino an sich: Das Horrorgenre kann gesellschaftlich sehr relevante Probleme wie den Rassismus ansprechen. Durch diesen menschlichen Abgrund entstanden und entstehen so viel Leid, so viele offensichtliche und subtile Grausamkeiten, so viele zerstörte Leben. Fast wundert es einen, dass er erst 2017 so offen in einem Horrorfilm thematisiert wird.

"Ich hatte das Gefühl, dass es ein großes Tabu ist, außerhalb von Filmen über Sklaverei so etwas Schreckliches wie Rassismus zu thematisieren", sagte Peele der USA Today. Die steigende Polizeigewalt gegen die schwarze Bevölkerung der USA, Donald Trumps versuchtes Einreiseverbot und das Erstarken der Rechten in Europa machen Get Out – und die Diskussionen, die der Film lostritt – jedenfalls zu einem höchstrelevanten Werk.

Und tatsächlich eignen sich wenige Themen so gut für einen Horrorfilm wie der Rassismus. Denn eigentlich sollte dieser uns allen eine furchtbare Angst einjagen.

"Get Out" läuft ab dem 5. Mai 2017 in den deutschen Kinos.