Der texanische Demokrat Al Green, Abgeordneter im US-Repräsentantenhaus, forderte am Mittwoch als erster Kongressabgeordneter offiziell ein Amtsenthebungsverfahren gegen Donald Trump.

"Ich spreche zum amerikanischen Volk. Eure Zeit ist gekommen, zu handeln. Jetzt müsst ihr zeigen, wo ihr steht", sagte er im US-Kongress. Green stützt sich auf aktuelle Umfragen, laut denen fast die Hälfte der US-amerikanischen Wähler*innen Trumps Amtsenthebung fordern.

"Es ist Zeit, herauszufinden, was die Amerikaner*innen wirklich wollen", sagte Green. Es sei keine leichtfertige Entscheidung von ihm gewesen, das sogenannte Impeachment, also die Amtsenthebung, zu fordern. Es sei eine der schwerwiegendsten Forderungen, die ein*e Kongressabgeordnete*r stellen könne. Aber es sei eine persönliche Gewissensentscheidung. "Das ist meine Position. Und ich werde mich nicht wegbewegen. Der Präsident muss seines Amtes enthoben werden."

Warum kommt Al Greens Forderung gerade jetzt?

Trump hat sich in seiner kurzen Amtszeit bereits ein paar heftige Fehltritte geleistet. Vergangene Woche feuerte er überraschend FBI-Chef James Comey, und zwar mutmaßlich deshalb, weil ihn dessen Ermittlungen bei einem brisanten Thema belasten könnten: Trumps Verbindungen zu Russland während des Wahlkampfs. Es ist bisher womöglich Trumps größter Skandal.

Erst im Februar soll Trump den ehemaligen FBI-Leiter dazu aufgefordert haben, die Ermittlungen gegen den früheren Nationalen Sicherheitsberater Michael Flynn einzustellen. Flynn war zurückgetreten, nachdem bekannt wurde, dass er vor Trumps Amtsantritt mit Russland über die Aufhebung von Sanktionen gesprochen hatte.

Wenn es wahr ist, dass Trump Comey dazu drängte, die Ermittlungen fallen zu lassen, könnte das als Eingriff in polizeiliche Ermittlungen gewertet werden – eine schwere Straftat in den USA. Comey wurde jetzt vom Geheimdienstausschuss vorgeladen, um diesbezüglich auszusagen.

Zuletzt forderten Al Greens demokratische Parteikolleg*innen mehrfach eine unabhängige Untersuchung von Trumps Russland-Verbindungen. Das passiert jetzt auch: Das US-Justizministerium hat mit Ex-FBI-Chef Robert Mueller einen Sonderermittler eingesetzt, der Versuchen der russischen Regierung, die Präsidentenwahl 2016 zu beeinflussen, nachgehen soll.

Wie wahrscheinlich ist es, dass es tatsächlich ein Amtsenthebungsverfahren geben wird?

Bisher galt ein Amtsenthebungsverfahren als eher unwahrscheinlich, weil wirklich viel passieren muss, bis die sogenannten Impeachment Clauses greifen. In diesen Statuten wurde vor 230 Jahren formuliert, dass der Kongress eingreifen kann, sollte ein Tölpel, Tyrann oder Krimineller das höchste Amt der USA innehaben. Für ein Verfahren müsste einer der folgenden Gründe gegeben sein: Bestechung, Landesverrat oder ein schweres Verbrechen im Amt. Das lässt sehr viel Raum für Interpretationen und Auslegung. Zusätzlich ist der Prozess recht schwergängig, wie unser Video zeigt:

Doch die Skandale und die belastenden Beweise in der Russland-Affäre, über die Trump früher oder später stolpern könnte, häufen sich. Je mehr Kongressabgeordnete sich für eine Amtsenthebung aussprechen, desto wahrscheinlicher wird ein Verfahren. Das Magazin Slate arbeitete heraus, welche Artikel des Gesetzes zur Amtsenthebung man bei ihm anwenden könnte. Kurz: alle.

Was sagt Trump dazu?

Trump ist sich keiner Schuld bewusst. "Wie ich schon mehrmals gesagt habe, wird eine gründliche Untersuchung nur bestätigen, was wir bereits wissen – dass es keine Absprachen zwischen meinem Wahlkampfteam und einer ausländischen Organisation gab", erklärte er in einer Mitteilung des Weißen Hauses zu den Sonderermittlungen gegen ihn.

Kürzlich sagte Trump, er fühle sich als der am schlechtesten behandelte Politiker der Geschichte.