Die Besetzung von The Devil All The Time ist bemerkenswert. Hier spielen gleich mehrere junge Hype- und Superheldendarsteller nebeneinander: Der aktuelle Spider-Man Tom Holland, der neue Batman Robert Pattinson sowie Winter Soldier Sebastian Stan aus unter anderem den Captain-America- und Avengers-Filmen. Und doch könnte The Devil All The Time nicht weiter von den abgedrehten Marvel- und DC-Spektakeln entfernt sein.

Der New Yorker Regisseur Antonio Campos legt hier ein bodenständiges Thrillerdrama vor, das in den 1950er-Jahren seinen Anfang nimmt. Es basiert auf dem autobiografisch geprägten Roman The Devil All The Time (deutscher Titel: Das Handwerk des Teufels, 2011) des heute 66 Jahre alten US-Schriftstellers Donald Ray Pollock.

Vom Glauben und Nichtglauben in Krisenzeiten

Die Geschichte ist über Jahre und Figuren weit verzweigt. Zunächst kehrt Willard Russell (Bill Skarsgård) traumatisiert aus dem Zweiten Weltkrieg in seine Heimat zurück, ein trostloses Nest im Mittleren Westen der USA. Sein Kriegstrauma versucht er, fleißig wegzubeten, und erschafft sich ein halbwegs normales Familienleben mit seiner Frau Charlotte (Haley Bennett) und einem gemeinsamen Sohn. Sie erkrankt aber schwer an Krebs und stirbt bald darauf, was Willard in eine psychotische Spirale hineinwirft. Sohn Arvin muss mitansehen, wie sein Vater kurz vorm Tod seiner Mutter den geliebten Familienhund opfert, um Gott so zu Charlottes Heilung zu bewegen. Als das nicht funktioniert, nimmt er sich letztlich das Leben und macht den Kleinen zum Vollwaisen.

Arvin wächst bei seinen Großeltern zum jungen Erwachsenen heran (jetzt gespielt von Tom Holland), bei dem man sich lange fragt, ob er das Trauma verkraftet hat oder in die Fußstapfen seines Vaters tritt. Dann droht weiteres Unheil: Arvin und seine Familie kommen mit dem jungen Pastor des Dorfes in Kontakt – und Preston Teagardin (Robert Pattinson) hat augenscheinlich Dreck am Stecken. Ebenso Sheriff Lee Brodecker (Sebastian Stan), mit dem Arvin sich ebenfalls bald herumschlagen muss. Zu allem Überfluss treibt sich in der Gegend das Killer-Ehepaar Carl (Jason Clarke) und Sandy Henderson (Riley Keough) herum, das jungen Männern perfide Fallen stellt. Irgendwo dazwischen kämpft Arvin mit den Dämonen seiner Vergangenheit.

Alles elend

Uff – das fasst The Devil All The Time wohl am treffendsten zusammen. Antonio Campos' fast zweieinhalbstündige Kombi aus Thriller und Drama kokettiert beinahe mit den präsentierten Abgründen. Wirkt der Film anfangs noch wie ein typisches US-Landdrama über religiöse Fanatiker*innen und korrumpierte Autoritätspersonen, offenbart jede weitere Szene neue Grausamkeiten.

Alle Figuren stecken tief in moralischem Morast, leiden in Krisen oder handeln auf grausame Art und Weise; die dargestellte Gewalt ist fast immer schonungslos und brutal inszeniert. Campos lässt uns in ein Kaleidoskop schauen, aber anstatt vielfältiger Farben und Muster gibt es hier nur Schwarz- und Grautöne zu sehen, die immer wieder durch rote Blutlachen durchbrochen werden. Es hätte ausnahmsweise nicht geschadet, die Romanhandlung etwas zu verdichten und auf den einen oder anderen Nebenstrang zu verzichten. Leiden wir denn noch nicht genug mit?

Dabei erinnert The Devil All The Time unweigerlich an manch intensiv-düstere Filme der Coen-Brüder wie No Country For Old Men oder auch Die Ermordung des Jesse James durch den Feigling Robert Ford von Andrew Dominik. In gemächlichem Tempo verbindet Campos nach und nach die vielen Handlungsstränge, sodass sie am Ende ein bitteres Ganzes ergeben. Mit besonderer Inszenierung oder cineastischem Mehrwert hat er es dabei nicht, The Devil All The Time ist auf keiner Ebene ein "schöner" Film. Er verlässt sich ganz auf die verschachtelte Leidensgeschichte, aus der sich Arvin erst recht spät als tragende Hauptfigur herausschält.

The Devil All The Time ist kein schöner, aber ein intensiver Film

Während der Film also nicht für einen geselligen Netflix-Abend mit Popcorn und Drinks geeignet ist, liegt seine größte Stärke im Cast. Denn der spielt durchweg fantastisch auf, allen voran Tom Holland, der eindrücklich zeigt, dass er zu so viel mehr imstande ist als pseudo-coole Spidey-Sprüche rauszuhauen. Karrieretechnisch ist Robert Pattinson schon einen Schritt weiter, er hat sich mit sehr klugen Rollenentscheidungen und brillanten Indie-Perlen wie The Lighthouse bereits von seinem unrühmlichen Twilight-Erbe freigeschwommen. Den creepy Prediger Teagardin spielt er hier fast etwas zu übertrieben schmierig, aber ebenfalls gelungen. Und Bill Skarsgård ist so düster-toll, dass man sich fragt, welche seiner Rollen gruseliger ist: die des Clowns Pennywise in den Es-Remakes oder doch die des gebrochenen Kriegsveterans in The Devil All The Time.

Mit seinen Abgründen und geringem Entertainmentfaktor mag der Film zwar polarisieren, aber er sticht positiv aus der Masse an zuletzt meist ernüchternd mittelmäßigen Netflix-Produktionen heraus. Denn er mutet den Zuschauer*innen auch mal etwas zu und verlangt Durchhaltevermögen ab. Er ist eine Tour de Force, aber eine lohnende.