Petitionen können von jeder*m elektronisch im Bundestag eingereicht werden.¹ Dabei gibt es kaum Einschränkungen: Die einzige Bedingung für die Annahme einer öffentlichen Petition ist – laut der öffentlichen Seite des Petitionsausschusses –, dass "die Bitte oder Beschwerde inhaltlich ein Anliegen von allgemeinem Interesse zum Gegenstand hat und das Anliegen und dessen Darstellung für eine sachliche öffentliche Diskussion geeignet sind." Wer 50.000 Menschen dazu bekommt, die Petition zu unterzeichnen, erhält die Chance sein Anliegen dem Bundestag vorzustellen.

Diese Hoffnung hatte anscheinend auch eine Person, die einen Vorschlag zur Verschmelzung der Nationalhymnen einreichte. Die Idee ist, die ersten zwei Strophen der DDR-Nationalhymne zu verwenden und lediglich die dritte des Deutschlandliedes anzuhängen. Das würde zum einen das Problem lösen, dass die erste Strophe des Deutschlandliedes ohnehin verboten und eine absolute Katastrophe ist, zum anderen klinge die aktuelle Hymne "schleppend, gerade zu einschläfernd". Dagegen würde Auferstanden aus Ruinen eine positive und friedvolle Nachricht senden und "hoffnungsvoll und antreibend" klingen, "wodurch sie sich zum Beispiel auch hervorragend zur Begleitung sportlicher Veranstaltungen" eigne. Das Original der Petition wurde übrigens hier veröffentlicht.

Der Zukunft zugewandt im Rückwertsgang

Dass auch die DDR-Nationalhymne, trotz aller zugegeben klugen und schönen lyrischen Komponenten, ihre geschichtlichen Schwachstellen hat und nur bedingt mit Enthusiasmus gesungen werden sollte, wird hoffentlich in der Debatte nicht übersehen werden. Diese Petition ist nur allzu symptomatisch für eine Welt, die gerade wider besseren Wissens krampfhaft versucht, zum Stand der 1950er Jahre zurückzukehren. Petitionseingeber*innen hatten angemerkt, wie schön und hoffnungsvoll gerade die Strophe "Laßt das Licht des Friedens scheinen, daß nie eine Mutter mehr ihren Sohn beweint" sei. Dies wirkt angesichts der aktuell geschätzten 136 Todesopfer an der ehemaligen innerdeutschen Grenze mehr als zynisch.

Das Sehnen einiger Ostalgiker*innen nach der sozialen Sicherheit und politischen Klarheit der DDR-Zeit ist nachvollziehbar, aber deswegen noch lange keine Begründung dafür, einer Verschmelzung tatsächlich zuzustimmen. Bisher konnten sich auch in der Tat nur 97 weitere Personen für den Vorschlag begeistern.² Wie wäre es daher mit einem Gegenvorschlag: Für all diejenigen, die nach 1990 geboren wurden, haben wahrscheinlich weder die DDR-Hymne noch das Lieblings-Deutschland-Lied der Nazis eine besonders hohe Anziehungskraft. Vielleicht sollten wir eine ganz neue Hymne schreiben. Die darf gern etwas über den von uns gewünschten Frieden enthalten, ganz flippig und funky sein und einen Verweis darauf geben, wie demütig wir angesichts unserer Geschichte sind und sein wollen. Das wäre doch mal was.

¹ Mehr Informationen zu Petitionen an den Bundestag, sowie das dazugehörige E-Formular findest du hier.

² Stand 16. Februar 2017