Deutschrap ist nicht selten von Sexismus, Homophobie und Antisemitismus durchzogen. Es geht aber auch anders: Unsere Autorin stellt deutsche Rapper*innen vor, die etwas zu sagen haben – ohne Frauen, Jüd*innen oder Homosexuelle abzuwerten.

Ob nun Kollegah, der oft und gerne vor Chemtrails warnt und erst neulich in dem Video mit Shahak Shapira und Kat Kaufmann betonte, dass Homophobie halt zur Kunstform Hip-Hop gehöre, oder Raf Camora und Bonez MC, für die Frauen nichts weiter als Objekte sind – Deutschrap wirkt oft frauenfeindlich und homophob.

Doch es gibt auch andere Beispiele. Um zu zeigen, dass dieses Genre wirklich eine schöne Kunstform ist, habe ich eine unvollständige Auswahl von Deutschrapper*innen zusammengestellt, in deren Tracks ihr wirklich mal reinhören solltet.

Amewu

Wer Amewu beim Rappen zuhört, merkt sofort: Dieser Mann versteht sein Hand- und Mundwerk. Er rappt mit einer so feinen Raffinesse, da vergehen schnell Stunden beim Zuhören. Seine Texte behandeln Themen wie Rassismus, Integration und den alltäglichen Struggle. Er ist Live-MC. Deshalb gibt es vieles von ihm nicht auf Platte. Zwei Alben hat er bisher veröffentlicht. Eines meiner liebsten Stücke ist Leidkultur aus dem gleichnamigen Album. Ein Track, in dem er betont, dass manche Dinge sich nicht ändern werden, wenn andere Dinge gleichbleiben. Dieser Song erinnert ein wenig an den US-Rap der 1990er Jahre, nur mit deutschem Text.

Chefket

Nur wenige Künstler*innen aus der Szene haben so vielseitige Texte wie Chefket. Sei es in dem Feel-Good-Song Immer mehr, der sich darauf bezieht, dass der Mensch gierig ist und nie den Hals vollkriegt. Der Song zaubert einem trotzdem ein zufriedenes Lächeln ins Gesicht. Mit Identitäter hatte Chefket wohl seinen Durchbruch: Darin verarbeitet er seine Jugend- und Schulzeit als Mensch mit Migrationshintergrund. Chefket kann aber nicht nur rappen, er kann auch singen und vermischt seinen Rap manchmal mit einer Portion Soul. Politische Themen finden bei Chefket auch ihren Platz. In Wir ruft er alle dazu auf, einfach aufeinander zuzugehen. Andernfalls blieben nur Vorurteile.

Edgar Wasser

Edgar Wasser schafft es erschreckend häufig, der Gesellschaft den Spiegel vors Gesicht zu halten. Seine Texte sind vielleicht nicht immer korrekt, da er Vorurteile aufgreift und sie in Punchlines verpackt. In seinem Track Bad Boy geht er mit Sexismus und Homophobie in der Hip-Hop-Szene ins Gericht. Ein besonderes Lied ist der Song Aliens, den er gemeinsam mit der Sängerin Mine aufnahm. Darin geht es um die Themen Völkermord, sogenannte Übervölkerung und Herrenrasse. Aber hört selbst:

Fatoni

Er selber bezeichnet sich und seine Homies gerne als Studentenrapper. Der Münchner hat Schauspiel studiert. Wenn er dann mal groß ist, möchte Fatoni Tatort-Kommissar werden. Sollte dieser Plan nicht aufgehen, wird er halt EU-Kommissar. Schließlich könne das jeder werden. Zumindest erzählt Fatoni das im Track Da.Yo.Ne. Seine Texte sind humorvoll und häufig sarkastisch. Im Track Dicke Hipster behauptet er, nur dünne Menschen könnten Hipster sein. In Benjamin Button vergleicht er sich mit selbigem. Wer den Texten aufmerksam lauscht, hört durchaus eine gut verpackte Gesellschaftskritik raus. Besonders gelungen ist 32 Grad, in dem er über einen Urlaubstrip auf Lampedusa rappt, wo Tausende Geflüchtete eingekesselt sind.

JuseJu

Auch wenn Juse Ju fast immer an der Seite von Fatoni zu sehen ist – die beiden sind sozusagen die Bromance des deutschen Raps –, verdient Juse Ju den Fokus, denn er ist wirklich ein Ausnahmetalent. Er hat in München studiert und eine journalistische Ausbildung nachgelegt. Bei Radio Fritz arbeitet er als Moderator einer Hip-Hop-Sendung. Seine Texte sind ähnlich wie die von Fatoni: sarkastisch, witzig, mit einer Prise Gesellschaftskritik. Sein stärkster Track ist wahrscheinlich sein fast futuristisches Bollwerk German Angst. Darin geht er mit dem Rechtsruck in Deutschland und Verschwörungsideolog*innen ins Gericht. Und das auf eine satirische Art, inklusive passendem Video. Natürlich supportet von Fatoni in einer beeindruckenden Hauptrolle.

Sookee

Im Deutschrap mangelt es an Frauen. Zumindest an Frauen, die selber zum Mic greifen. Sookee ist eine davon. In ihren Texten macht sie ihre Haltung sehr deutlich. Da geht es vor allem um die Gleichstellung aller Geschlechter und gegen Rassismus und Homophobie. In ihrem Track Q1, aus ihrem neuesten Album Mortem & Make Up, rappt sie Zeilen wie: "Gauland fühlt sich von Kinderaugen erpresst. In Clausnitz und Bautzen gibt es ein rauschendes Fest (wack!)". Politik spielt definitiv eine große Rolle in ihren Texten und das ist auch gut so.