Die 26-jährige Armina* aus Portland in Oregon hat Morbus Crohn. Die Intensität der chronischen Darmerkrankung kann gelindert werden, eine vollständige Heilung ist derzeit jedoch nicht möglich. Obamacare verdankt sie, keinen Cent für ihre teuren Medikamente bezahlen zu müssen.

Armina ist eine starke Frau mit sanfter Stimme. Ihre weichen Augen funkeln leicht, wenn sie von den letzten Monaten erzählt. Seit Trump regiert, demonstriert sie auf der Straße, weil es "nicht fair ist, dass er Präsident geworden ist". Sie hat Angst um ihren Körper. Und um ihr Leben.

Seit sie 19 Jahre alt ist, hat Armina Morbus Crohn. Vor ein paar Jahren verbrachte sie deshalb einen Monat im Krankenhaus und die Ärzt*innen dachten darüber nach, ihren Dickdarm herauszunehmen. "Die Entzündung hätte mich fast umgebracht", erinnert sie sich. Die Beschwerden kann sie mit Medikamenten lindern. Das Teuerste würde sie 10.000 US-Dollar pro Monat kosten, würde es nicht durch Obamacare bezahlt werden.

Obamacare – es ist kompliziert, aber wie soll es ohne gehen?

Obamas Affordable Care Act gibt es seit acht Jahren – und es ist kompliziert. In den letzten Jahren wurde es so häufig geändert, dass selbst Expert*innen Schwierigkeiten haben, es zu erklären. Jeder, der seit ein paar Jahren oder bis zum 16. November 2016 im staatlichen System erfasst worden ist, kann einen Health Care Plan erwerben. Es gibt die Varianten Gold, Silver, Bronze oder Medicare. Der Gold Plan ist der teuerste und beste.

Armina ist im Medicare Plan eingeschrieben, weil sie Studentin ist. Medicare gab es schon vor der Zeit von Obamacare und ist für Menschen gedacht, die sehr arm sind, studieren oder eine Behinderung haben. Die junge US-Amerikanerin findet die Idee des Affordable Care Acts phänomenal, weil jede*r eine Krankenversicherung haben kann. "Ich kenne viele Menschen, die lange keine Krankenversicherung hatten. Durch Obamacare können sie nun ihre Krankheiten behandeln lassen. Und wenn jemand eine sehr schlimme Erkrankung hat wie Krebs oder meine Krankheit, ist die Behandlung kostengünstig", erklärt sie.

Problematisch ist Obamacare hingegen für diejenigen, die sich am oberen Rand der Unterschicht oder in der Mittelschicht befinden. Menschen, die so viel Geld haben, dass sie gerade so im Gold Plan sind, jedoch einen Großteil ihres Gehalts für die Versicherung ausgeben müssen. Wer sich gegen die Versicherung entscheidet, muss eine Abgabe zahlen. Private US-Versicherungen seien aber auch keine Alternative, denn die würden ein Geschäft mit den Krankheiten der Menschen machen, sagt Armina.

Direkt nachdem Trump gewählt wurde, rief sie bei ihrem Arzt an. Sie fragte ihn, was sie ohne Obamacare tun müsse und wie hoch ihre Ausgaben wären. Als Studentin könne sie sich über die Universität versichern lassen, gab ihr dieser Auskunft. 2.000 US-Dollar müsse sie pro Jahr bezahlen, um eine Versicherung beziehen zu können. Zusätzlich müsse sie jedes Mal, wenn sie einen Arzt aufsucht, zwischen zehn und 100 US-Dollar bezahlen. Ihre Medikamente würden über 500 pro Monat kosten.

Gefangen im eigenen Land

Für die Zukunft ihres Landes und auch der US-Gesundheitspolitik wünscht sich Armina, dass die Menschen einander mehr zuhören. Sie hat noch ein Jahr an der Uni vor sich. Für das Studium hat sie enorme Kosten auf sich genommen und ist hoch verschuldet. Ob sie die USA verlassen würde, wenn Obamacare abgeschafft würde? "Vielleicht, wenn es sich hier sehr schlimm entwickelt", sagt sie. Sie hat hart für ihren Abschluss gearbeitet, der in einem anderen Land nicht anerkannt würde. "Außerdem", überlegt Armina, "würden die meisten Länder mich wegen meiner Schulden gar nicht aufnehmen."

Arminas Vater wurde im Iran geboren, sie selbst hat die US-amerikanische Staatsbürgerschaft. Wenn sie darüber nachdenkt, in ein Land zu emigrieren, das eine intakte öffentliche Krankenversicherungen aufweist, spielt die Herkunft ihres Vaters eine entscheidende Rolle. Aufgrund des Rassismus, der von der Trump-Regierung ausgeht, fühlt sie sich neben ihrer Krankheit doppelt bestraft.

Armina erinnert sich an die Tage Anfang Februar, als Trump Muslim*innen aus sieben arabischen Staaten die Einreise in die USA verweigerte. Darunter auch der Iran. "Der Muslim-Ban, ein Akt von Rassismus, hat mich sehr nachdenklich gemacht. Ich habe keine iranische Staatsbürgerschaft mehr. Die hatte ich, als ich noch ein Kind war. Auf meinem Pass steht jetzt mein Name, der natürlich iranisch klingt, und meine US-amerikanische Staatsbürgerschaft." In den Tagen des Muslim-Ban hat Armina ihre lokalen Repräsentant*innen angeschrieben und ihren Senator gefragt, ob es für sie Probleme bei der Aus- und Einreise in die USA geben könnte. "Niemand hatte Antworten für mich. Ich denke, du findest das erst heraus, wenn du am Gate bist", sagt Armina. "Ich habe seit dem Dekret noch nicht probiert, zu reisen. Aber ich bin sehr besorgt."

Wie sich die Lage in den USA für Armina entwickeln wird, ist ungewiss. Mittlerweile haben die Republikaner einen Gesetzesentwurf vorgestellt: aus Obamacare soll nun der American Health Care Act werden. Armina hat Angst, sie fühlt sich wie gefangen im eigenen Land. Sie ist auf die staatlichen Zuschüsse für ihre medizinische Behandlung angewiesen. Sollte sie auswandern, um anderswo eine günstige Behandlung in Anspruch zu nehmen, könnte es sein, dass sie nicht zurückkommen darf.

*Name von der Redaktion geändert. Im Gespräch via Whatsapp meint sie: "Die NSA hört jetzt bestimmt alles mit, das ist mir egal. Aber verwendet bitte nicht meinen richtigen Namen."