Derzeit findet in der saudi-arabischen Hauptstadt Riad ein internationales Schachturnier statt – jedoch ohne Anna Muzychuk. Die Ukrainerin gewann zwei Weltmeistertitel, im Schnell- und im Blitzschach, wird diese jedoch nicht verteidigen. Sie begründete ihre Entscheidung mit der Art und Weise, wie sie sich als Frau in dem muslimisch geprägten Land verhalten müsste. Auf Facebook schrieb sie:

"In wenigen Tagen werde ich zwei Titel verlieren. Einfach aus dem Grund, dass ich beschlossen habe, nicht nach Saudi-Arabien zu reisen. Weil ich mich nicht anpassen möchte, keine Abaya tragen möchte, nicht nur in Begleitung rausgehen möchte und mich insgesamt nicht wie ein zweitrangiges Wesen fühlen möchte."

Im März 2017 reiste Muzychuk in den Iran – ebenfalls ein Land, das nicht gerade Vorreiter ist in Sachen Frauenrechte – und wurde dort Vizeweltmeisterin. Warum das eine Turnier boykottieren und das andere nicht? In einem weiteren Facebook-Post schrieb die 27-Jährige, dass ihr das Kopftuch gereicht hätte, welches sie in Teheran tragen musste, und sie nun ihren Prinzipien treu bleiben wolle.Wie die BBC berichtet, müssen die Turnierteilnehmenden während des Turniers in Riad weder einen Hijab noch eine Abaya tragen. Dies hätte die World Chess Federation im November verkündet – "das erste Mal, dass dies für ein Sportevent in Saudi-Arabien gilt". Eine Abaya ist eine Art Überkleid, das über der Kleidung getragen wird und zusammen mit einer Kopfbedeckung für saudi-arabische Frauen Pflicht ist, wenn sie das Haus verlassen.

Auch wenn es für Teilnehmerinnen des Schachturniers Ausnahmeregelungen gibt, ist Saudi-Arabien nicht gerade bekannt für progressive Frauenrechte. Ohne schriftliche Zustimmung eines männlichen Vormundes – egal ob Ehemann, Vater, Bruder oder der halbwüchsige Sohn – dürfen Frauen nicht studieren, zum Arzt gehen, ihren Pass erneuern lassen oder ins Ausland reisen. Immerhin dürfen sie seit Juni Auto fahren.

Muzychuk ist nicht die Einzige, die dem internationalen Sportereignis fern bleibt: Sieben israelische Spieler*innen können nicht daran teilnehmen, da sie keine Visa erhalten haben, berichtet die BBC. Einige Spieler aus Qatar und dem Iran hätten erst in letzter Minute Visaerlaubnisse erhalten – beide Länder haben ein schwieriges politisches Verhältnis zu Saudi-Arabien.

Internationaler Protest regte sich bislang wenig. Auf Facebook schreibt Muzychuk: "All dies nervt, aber das Traurigste ist, dass es niemanden interessiert."