Die SPD wird nun, anders als nach der Bundestagswahl angekündigt, doch mit der CDU in eine Große Koalition gehen. Das gab Schatzmeister Dietmar Nietan am Sonntagmorgen nach dem Mitgliedervotum im Willy-Brandt-Haus in Berlin bekannt. 66,2 Prozent der Mitglieder stimmten für eine Groko. Es ist eine folgenschwere Entscheidung, denn sie wird die Rechten in Deutschland langfristig stärken.

Die rechtspopulistische AfD hat in der neuen Legislaturperiode die Oppositionsführung inne. Das bedeutet: Diese demokratiefeindliche Partei, die strukturiert Fremdenhass in Deutschland schürt, hat immer das erste Wort nach der Regierung. Die Provokateure Gauland und Weidel werden künftig direkt nach Merkel sprechen dürfen, egal zu welchem Thema.

Es ist ein schwarzer Tag für Deutschland: Die AfD hatte nie mehr Bühne, nie mehr Lautstärke und nie mehr Macht als jetzt. Und sie wird sich aus dieser Machtposition heraus hervorragend aufbauen können. Die SPD hätte das – zumindest vorerst – verhindern können, hätte sie sich auf ihre Werte besonnen.

Ein Blick nach Österreich hätte genügt

Wer wissen möchte, was passiert, wenn man eine rechte Partei gewähren lässt und zudem mit Aufmerksamkeit überschüttet, muss nur nach Österreich schauen. Die ultrarechte FPÖ schlug in ihren Anfängen einen ähnlichen Weg wie die AfD ein: Absolute Provokation, rechte Propaganda, gezielte Rattenfängermethodik, und das jahrelang. Irgendwann gelang es ihr, die Oppositionsführung im Parlament zu übernehmen. Jetzt, nach 12 Jahren, regiert sie mit. Die demokratischen, sozialen Parteien in Österreich stehen im Abseits.

Für die AfD ist die Situation in unserem Nachbarland die perfekte Blaupause. Dort zeigte sich, wie es einer fremdenfeindlichen Partei gelingen kann, mit Beharrlichkeit sukzessive zur Macht zu kommen.

Die SPD hätte gut daran getan, sich das genau anzusehen, behauptete sie doch noch im September nach der Wahl, man wolle sich den Rechten "mit aller Kraft gegenüberstellen". Der Entschluss für die Groko und damit auch dafür, die AfD gewähren zu lassen, ist vor diesem Hintergrund grob fahrlässig.

Die AfD lacht sich ins Fäustchen

Bei den AfD-Mitgliedern an den Stammtischen, vor den Fernsehern, in der Parteispitze dürften gerade die Sektkorken knallen. Sie wissen genau, wie sehr ihnen diese Position in die Hände spielt. Niemand profitiert mehr von der Groko als sie. Was sie bisher im Bundestag veranstaltet, das Prinzip Störung, wird sie nun ausbauen und perfektionieren können. Schon jetzt bewirbt sie sich als "stärkste Oppositionspartei" – und hat damit leider Recht.

Die SPD hingegen ist am vorläufigen Ende. Sie veranstaltete nach der Wahl ein unglaubliches Affentheater um Personalien, Befindlichkeiten, Macht. Bei all dem ging etwas verloren, das diese Partei noch vor einigen Jahrzehnten auszeichnete: Haltung. Eine solche ist der Partei in diesen Tagen nicht mehr anzumerken.

Neuwahlen wäre keine schlechte Alternative gewesen. Im Gegenteil. Die Menschen in Deutschland wären gezwungen gewesen, sich erneut und intensiver als zuvor mit dieser explosiven politischen Situation auseinanderzusetzen. Die SPD hätte an ihrem Standpunkt vom September festhalten müssen, hätte sie sich ihr Vertrauen nicht verspielen wollen.

Die Umfragewerte der SPD sind im Keller. Durch die Entscheidung für diese Notkoalition wird sie nicht nur noch mehr an politischer Bedeutung einbüßen. Die SPD wird sich zudem den Vorwurf gefallen lassen müssen, einer Partei, in der Rechtsextreme walten, zu mehr Macht verholfen zu haben.