Wer sich erinnert, weiß, dass wir unsere Nachrichten damals noch in der dritten Person verfasst haben. So, als ob wir uns der Verantwortung über den produzierten Bullshit entziehen könnten. "Philipp ist voller Watte und sitzt hinter einer Glaswand" oder "Philipp gibt keinen Applaus für Scheiße" sind zwei Posts aus den frühen Jahren, die heute sehr harte Facepalms bei mir auslösen und exemplarisch für all die nichtssagenden Aussagen stehen, die einfach niemanden auf der Welt interessieren.

Da wir schon beim Seelenstriptease sind und ich nicht alleine dastehen will, habe ich einige meiner Kollegen aus der Redaktion gezwungen, ihre ersten Facebook-Posts herauszusuchen und sich zu rechtfertigen. Here we go:

Mark

Ich bin wohl ein Facebook-Spätzünder gewesen: Mein erster richtiger Post ging erst 2010 online, vorher liefen meine ebenso belanglosen Twitter-Status-Updates automatisiert in meine Facebook-Timeline ein. "Letzte Klausur? Done." klingt furchtbar nach "Ich will euch unbedingt vom baldigen Ende meines Studiums erzählen, weil es ne große Sache für mich ist, aber es soll auf keinen Fall nach einer großen Sache aussehen" – ganz widerlich. Keine Ausrede möglich.

Marieke

Ich bin keine Freundin des digitalen Kuschelns. Ich fand das "Gruscheln" auf StudiVZ schon voll Panne. Wer möchte denn gleichzeitig grüßen und kuscheln? Man sollte sich schon entscheiden. Und mal ehrlich: Die Leute, die man nur grüßt, will man doch nicht kuscheln. Dann kam ich zu Facebook und sollte statt gruscheln plötzlich anstupsen. Ein anderes Wort, dasselbe Dilemma. Ich denke an einen Zeigefinger, der liebevoll in die Seite piekt. Übertragen auf Facebook würde das ein kurzes, digitales Zeichen von Zuneigung bedeuten. ABER WOZU? Entweder bin ich mega verknallt und baller meinem Schatzi die Pinnwand mit Herzchen-Emojis zu, was ich nie tun würde. Oder ich habe kein Schatzi und lass das alles. Kurzum: Gruscheln und Anstupsen sind für mich das beziehungunentschlossene Minglen übertragen in die digitale Welt.

Florian

Mein erster Post ist, ich gestehe, das langweiligste, abgeklärteste und gleichzeitig nervigste Verbrechen, das man auf Social Media begehen kann. Eine Like-Anbettelung für meine Homepage. Das Take-That Zitat da oben bedeutet, dass ich mein Facebook einst gelöscht habe. Ja, man kann seinen Account tatsächlich so löschen, dass alle Posts verschwinden.

Philipp

Mein erster Post ist sehr, sehr wahrscheinlich mit einer gewissen Menge Restalkohol im Blut entstanden. Einer dermaßen großen Menge, dass ich mir selbst den Tod wünschte. Statt dem Klassiker "... trinkt nie wieder Alkohol" habe ich mich wohl für diese leicht übertriebene Variante entschieden. Und das musste ich natürlich der Facebook-Welt mitteilen, um die ganze Beachtung auf mich zu lenken. Warum? Ich weiß es nicht mehr und das ist auch besser so. Würde ich heute einen derartigen Post lesen, würde ich wahrscheinlich nur die Augen verdrehen und mir Dinge wie "aufmerksamkeitsgeiler Vollpfosten" denken. Aber für diejenigen, die sich Sorgen machen: Ich war und bin nicht suizidgefährdet. Ich will leben – und trinken.

Manuel

Das Foto habe ich am Wiener Hauptbahnhof gemacht. Für mich zeigt es gebündelt die ganze Durchgeknalltheit Österreichs – und genau darum mag ich das Land. Der Post ist relativ jung. Ich habe mich erst ziemlich spät auf Facebook angemeldet. Das hat auch einen Vorteil. Ich habe mir die ganzen peinlichen "Wuhu, heute einen saufen"/"Ich bin so verliebt, sie ist mein größter Schatz"-Posts gespart, über die sich alle anderen schämen. Wahrscheinlich würde ich sowas heute genauso wieder posten.

Tasnim

"Was soll man schon in diesem neuen SchülerVZ schreiben?", habe ich mich zu Zeiten des Machtwechsels der sozialen Medien gefragt. Sonderlich kreativ habe ich das Problem damals nicht gelöst. Aber wenigstens habe ich irgendwas gepostet. Learning by doing. Jeder fängt mal klein an.

Isabell

Der Winter 2008/2009. Ich wog entspannt zehn Kilo weniger als jetzt und hatte gerade mein Masterstudium hingeschmissen. Ich war 23 Jahre alt und ernährte mich von Kaffee, Sport und Zigaretten. Der Kühlschrank sah dann wahrscheinlich ziemlich schick aus.

Sebastian

Am 4. November 2006 schrieb ich: "16th Dec.". Wenige Tage später: "meta-desiring". Ich weiß nicht, was da mit mir los war. Ich weiß nur, dass man damals noch durch kryptische Facebook-Postings um Aufmerksamkeit betteln durfte. Ich weiß auch noch, dass ich eine Zeit lang viel Air und Morcheeba gehört habe. Und dass ich in dem Jahr mit einem Mitbewohner an der Uni zusammenwohnte, der nicht nur Zigaretten geraucht hat. Vielleicht lag da etwas in der Luft. Eine von vielen möglichen Erklärungen für die zwei Postings lautet, dass ich für den 16. Dezember einen Flug zu meiner damaligen Freundin gebucht hatte und sie vermisste. Meta-vermisste. Whatever.

Gina

Das darf man ja eigentlich niemandem erzählen: Ich bin erst seit Mai 2010 auf Facebook aktiv, der Account wurde mir von Freunden zwangs-eingerichtet. Damals habe ich mich noch gewehrt, heute bin ich mit diesem Internet quasi verschmolzen. Und jetzt soll ich für Philipp meinen ersten Facebook-Post heraussuchen. Wie soll ich ihm nur erklären, dass es diesen ersten Post nicht mehr gibt? Ich weiß auch nicht, wie das passieren konnte.

Na, kommt euch dieser Unsinn bekannt vor? Dann schickt uns doch gerne eure ersten Posts an team@ze.tt Wir freuen uns, muhahaha.