Update 17. August 2020: Um das in diesem Artikel beschriebene Buch gibt es eine Diskussion. Katapult-Magazin Chefredakteur Benjamin Fredrich wirft dem Verlag Plagiat vor. Die Antwort des Autors Tin Fischer ist hier zu finden.

Deutschland ist ein flächenmäßig kleiner Staat und dennoch bedeutsam: Mit 83 Millionen Einwohner*innen ist es das mit Abstand bevölkerungsreichste Land der Europäischen Union. Es ist für beinahe alle Länder Europas die größte Exportquelle und hat das Bruttoinlandsprodukt von ganz Südamerika. Ob dieser Einfluss den Deutschen bewusst ist? Tin Fischer, 37, findet nicht: "Deutschland kommt mir manchmal vor wie ein Kind, das nicht realisiert, wie groß es ist und immer noch auf alle draufhüpft."

Der Datenjournalist sagt, global betrachtet wirke Deutschland womöglich klein und provinziell. "Und ich glaube, die Deutschen ziehen sich gerne auf diesen Provinzialismus zurück." Fischer hat es sich deshalb zur Aufgabe gemacht, uns bewusst zu machen, wie groß Deutschland tatsächlich ist – und dass diese Größe auch mit einer globalen Verantwortung einhergeht.

Gemeinsam mit dem Illustrator und Infografiker Mario Mensch hat er 100 Karten und Diagramme erstellt, die Deutschland in ein teils verblüffendes Licht rücken. Wer hätte zum Beispiel geahnt, dass nicht Berlin die Stadt ist, in der das meiste Kokain im Abwasser schwimmt, sondern Dortmund? Oder dass in den kommenden zwei Jahren der ADAC wahrscheinlich mehr Mitglieder haben wird als die katholische Kirche? Darüber hinaus können Leser*innen herausfinden, wo in Deutschland Menschen bereits Ufos und manchmal sogar ihre Insassen gesehen haben und wo man statt Fußball spielen lieber "pöhlen" oder "bäbbeln" sagt.

Bitte immer kritisch bleiben

Nicht immer geht es um spaßige innerdeutsche Lappalien wie Gartenzwerge und Senfeier, manche Illustrationen haben einen ernsten Hintergrund. Brandanschläge auf Geflüchtetenunterkünfte, wann die meisten Verkehrsunfälle aufgrund von Alkoholeinfluss passieren oder dass Deutschland bisher nur drei von tausenden afrikanischen Kulturgütern zurückgegeben hat, ist den Karten ebenso zu entnehmen.

Fischers Karten basieren auf genau recherchierten Daten, unter anderem verwendete er Geodaten, Google Trends oder Zahlen der statistischen Landesämter. Generell sollten wir Diagramme und Infokarten jedoch immer ein wenig mit Vorsicht genießen, dafür plädiert auch Fischer. "Sie können akribisch recherchiert oder plump und polemisch sein, sie können politisch gefärbt, aber genauso auch poetisch sein. Das gilt auch für unsere Karten", sagt er.

Außerdem auf ze.tt: Zwölf Karten über unsere Erde, die überraschen

Gute Karten: Deutschland, wie Sie es noch nie gesehen haben erscheint am 1. April 2020 im Verlag Hoffmann und Campe.