Studio Ghibli ist ein japanisches Animationsstudio um Mastermind Hayao Miyazaki, das oft mit Walt Disney verglichen wird. Es hat sich mit unglaublich kreativen, bildgewaltigen Fantasy-Epen, aber auch ganz kleinen Alltagsgeschichten einen Namen gemacht.

Im Kontrast zu Disney hat es bei den Japaner*innen aber nie den großen Sell-out gegeben. Wir sind von Live-Action-Remakes und Fortsetzungen weitestgehend verschont geblieben. Jeder Ghibli-Film ist ein einzigartiges Erlebnis, jeder ist sehenswert.

Aber wo fängt man an?

Am 1. Februar sind auf Netflix sieben Ghibli-Filme gestartet. Die richtig großen Kracher wie Chihiros Reise ins Zauberland und Prinzessin Mononoke kommen dann im März. Im April folgt das Spätwerk des Studios.

Aber das ist ja noch Zukunftsmusik. Was solltet ihr also heute gucken? Hier ist unsere Rangliste.

1. Mein Nachbar Totoro

Es gibt immer noch viel zu viele Menschen, die noch nie Mein Nachbar Totoro gesehen haben, und die haben etwas verpasst. Das ist vielleicht der reinste, unschuldigste und liebevollste Kinderfilm, der je gemacht wurde. Totoro erzählt kein aufgeblasenes Abenteuer, sondern sieht die Welt selbst mit Kinderaugen. Die beiden Schwestern Satsuki und Mei fahren mit ihrem Vater aufs Land und erkunden ihre Umgebung, bis sie irgendwann den schlafenden Waldgeist Totoro entdecken. Das ist unheimlich liebevoll gemacht und wer beim Katzenbus nicht laut aufjohlen muss und am Ende keinen "TOTORO-TO-TO-RO"-Ohrwurm hat, hat nicht gelebt.

2. Das Schloss im Himmel

Das Schloss im Himmel gilt als erster Ghibli-Film und wir erkennen hier schon, wie leicht es Hayao Miyazaki und seine Kumpanen fällt, große Fantasy-Abenteuer ganz liebevoll und menschlich zu erzählen. Der Waisenjunge Pazu arbeitet in einer Minenkolonie und will unbedingt die sagenumwobene Stadt im Himmel finden. Als er auf das Mädchen Sheeta trifft, das den Schlüssel zu dieser fremden Welt besitzt, fallen auf einmal Luftpiraten in Pazus Dorf ein. Eine große Flucht durch die moosüberwuchterte Unterwelt beginnt, bis sich beide schließlich in größte Höhen aufschwingen. Ein wahnsinniges Abenteuer, das schon früh den Weg Richtung Mononoke und Chihiro geebnet hat.

3. Kikis kleiner Lieferservice

Kikis kleiner Lieferservice spielt laut Miyazakis Aussage in einem Europa, in dem es die beiden Weltkriege nie gegeben hat. Alles ist wunderschön verschnörkelt, an jeder Ecke möchte man einen Kaffee trinken gehen. Wir folgen hier der Hexe Kiki, die sich in der Großstadt beweisen muss. Sie trifft auf ganz unterschiedliche, liebenswürdige Figuren, für die sie Lieferungen austrägt, bis sie auf einmal ihre Hexenkräfte verliert. Was eigentlich ein ganz relaxter Film für verregnete Sonntag ist, lässt sich aber auch als Allegorie auf die Gig-Economy lesen, wie der YouTuber Patrick Willems bemerkt hat.

4. Porco Rosso

Porco Rosso ist einer der verrücktesten Ghibli-Filme. Der Fliegerpilot Porco Rosso wird durch einen Zauberspruch ein Schwein verwandelt. Das hält ihn nicht davon ab unter der Regierung der italienischen Faschisten gegen fliegende Piraten zu kämpfen. Als er auf einer Insel stranden muss, freundet er sich mit der jungen Mechanikerin Fio an, die seinem verhärteten Schweineherz wieder ein bisschen Liebe einhaucht.

5. Die Chroniken von Erdsee

Das ist der erste Film von Hayao Miyazakis Sohn Goro, der einmal seine Nachfolge übernehmen sollte. Er basiert auf der gleichnamigen Buch-Serie von Ursula K. Le Guin, die ihr Material nur ungern in fremde Hände geben wollte. Vielleicht hätte sie es bleiben lassen sollen.

Im Film begleiten wir den Wanderer Sperber, der sich zusammen mit einem jungen Prinzen dem finsteren Zauberer Cob stellen muss. Es beginnt eine wilde Reise durch ein japanisiertes Mittelalter, die nie wirklich das Niveau der anderen Ghibli-Klassiker erreicht. Trotz der fantastischen Welt ist die Ghibli-Magie irgendwo verloren gegangen. Problematisch ist auch die Zeichnung des Bösewichts als offensichtlich queerer Charakter.

6. Flüstern des Meeres – Ocean Waves

Das Flüstern des Meeres ist eine der konservativeren Ghibli-Stories. Für jedes Fantasy-Epos gibt es auch immer wieder einen Film, in dem Charaktere hauptsächlich ihre Schulzeit auf dem Land reflektieren und sich mit melancholischem Blick an Geschehenes erinnern. Der Film wurde damals von den jungen Wilden des Studios fürs Fernsehen produziert.

Was ihn sehenswert macht, ist die recht komplexe Zeichnung der Schülerin Rikako, die aus Tokio aufs Land zieht und dort, trotz guter Noten, nie den Anschluss finden kann. Das gleicht ein wenig einer Murakami-Kurzgeschichte.

7. Tränen der Erinnerung – Only Yesterday

Only Yesterday schlägt in dieselbe Kerbe. Im Vergleich zu Ocean Waves fällt er aber durch seine recht lange Laufzeit und sentimentale Erzählweise auf. Die Büroangestellte Taeko erinnert sich bei einem Besuch auf dem Land an ihre Schulzeit. Als Zehnjährige musste sie vor allem unter ihren bissigen Mitschülerinnen und ihrer verständnislosen Familie leiden.

Die Porträtierung von Taeko ist dabei sehr einfühlsam. Eine Frauenfigur, die man so eher selten sieht: eigensinnig, Mitten im Leben, trotzdem nicht wirklich irgendwo angekommen. Leider löst der Film diese interessante Stimmung mit einer völligen Romantisierung des Landlebens (inklusive Organic Farming). Das will nicht so wirklich zünden.

Fazit

Eine richtige Gurke ist hier nicht dabei, dafür sind alle sieben Filme zu meisterhaft gezeichnet und animiert. Mein Nachbar Totoro und Das Schloss im Himmel muss man allerdings gesehen haben, auch wenn man mit Animes wenig bis gar nichts anfangen kann. Kikis kleiner Lieferservice und Porco Rosso sind auch durchaus sehenswert, die letzten drei Filme eher etwas für Ghibli-Purist*innen.

Alle anderen warten bis zum 1. März, wenn dann die wirklichen Meisterwerke bei Netflix landen.

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