Fliegen ist herrlich! Abheben, die Welt von oben sehen, fremde Orte kennenlernen. Wenn nur die Mitreisenden nicht wären. Auf jedem Flug begegnen dir Charaktere, die an deinem Nervenkostüm sägen und deine Reisevorfreude durch ihre Macken deutlich trüben. Hier eine Typologie:

1. Gepäck-Wurschtler*in

Von tiefster Ruhe erfüllt kramt er*sie in Taschen und Rucksäcken und versperrt dabei den Gang. Vollkommen wumpe, dass sich dahinter Schlangen entnervter Mitpassagier*innen bilden. Die Dinkelkekse von ganz unten werden aufreizend langsam nach oben befördert und das Handgepäck gemächlich in der Ablage verstaut. Ordnung muss sein!

2. Barfuß-Flieger*in

Kaum im Sitz, schon reißt er*sie sich die Schuhe von den Füßen und wackelt befreit mit den Zehen. Dass Umsitzende von Anblick und Geruch wenig erbaut sind –

geschenkt. Während Mitreisende noch schockiert die Kiefer wieder hochklappen, klemmt der*die Barfüßler*in die Käsemauken munter zwischen die Vordersitze. Er*sie beachtet im Leben eben keine Grenzen, schon gar nicht die Schmerzgrenzen anderer. Findet sich dabei total individualistisch, ist aber eigentlich bloß egoistisch.

3. Flugangst-Patient*in

Die Hände umkrallen die Lehnen so fest, dass die Knöchel weiß hervortreten. Angstschweiß perlt permanent von der Stirn und bei jedem noch so winzigen Geräusch stößt er*sie spitze Schreie aus. Im Angesicht des vermeintlichen Todes hervorgepresster Lieblingssatz: "Oh Gott! Haben Sie das auch gehört? Ist das normal?" Klatscht nach der Landung als einzige*r euphorisch. Hier handelt es sich um eine Person, die Kontrollverlust nicht gut erträgt und eher angstgetrieben ist. Da hilft nur gut zureden. Und Valium.

4. Flug-Angeber*in

"Ach, da willst du ihn? Jaja, ist ganz nett, war ich schon zwölfmal. Aber weißt du, wo es wirklich richtig schön ist …?" Es folgt eine Litanei der abgelegensten Orte irgendwo hinten links in Nicaragua oder Nepal. Der*die Vielflieger*innen-Sitznachbar*in ist die unablässig quasselnde Höchststrafe. Egal, wo man hinfliegt: Er*sie war schon lange vorher da, hat alles gesehen und kennt nur zwei Themen: sich selbst und die Flugmeilen.

Egozentrik pur!

5. Handy-Junkie

Zittrige Finger tatschen selbst dann noch auf dem Smartphone-Display rum, wenn der Flieger längst in der Startposition steht. Erst bei der dritten Ermahnung des*r Flugbegleiter*in wird das Mobilgerät widerwillig nölend in den Flugmodus geschaltet. Gibt sich rebellisch-cool und steht gern einen halben Zentimeter über den Dingen. In Wahrheit ist aber bloß die Angst davor, etwas zu verpassen, stärker als der Überlebenstrieb.

6. Extrawurst-Besteller*in

"Ich hätte gern einen Tomatensaft. Mit Salz, aber unbedingt ohne Pfeffer. Den vertrage ich nämlich nicht. Und könnte ich vielleicht noch ein Kissen bekommen? Ich hab’s in der Lendenwirbelsäule." Der*die Extrawurst-Besteller*in hebt sich gern durch hemmungslos zelebriertes Speziellsein hervor. Klarer Fall: Hier pflegt jemand ein mildes Aufmerksamkeits-Defizit-Syndrom. Wie die Prinzessin auf der Erbse, nur eben im Flugzeug.

7. Hektiker*in

Schon während des Landeanflugs beginnt das Knie hektisch zu wippen. Sobald die Rollen rummsend den Boden berühren, reißt er*sie den Gurt auf. Am liebsten würde er*sie sich direkt aus dem Sitz katapultieren. Zeit ist Geld, da sind Anschlussflüge zu kriegen! Termine einzuhalten! Geschäfte abzuschließen! Der*die Hektiker*in steht immer unter Strom und kann alles, nur nicht im Moment verweilen. Dabei ist superbusy sein als Distinktionsmerkmal doch total 80er.

8. Schnapsdrossel

Hat schon beim Einsteigen mindestens zweieinhalb Umdrehungen und hält den Pegel die gesamte Flugdauer so exakt wie die Reisehöhe. Wird zum Glück nur gelegentlich ausfällig und auch eher, falls er*sie in Rudeln auftritt. Wankt nach der Landung beseelt mit leichter Schlagseite aus dem Flieger. Vielleicht hat er*sie damit für sich eine Möglichkeit gefunden, die Angst vorm Fliegen zu bändigen (vergleiche Flugangst-Patient*in)? Darauf noch ein Gläschen Cremant!

Aber trotz aller Augenrollerei: Du solltest dir den Flug von keiner dieser Nervensägen vermiesen lassen! Irgendwann ist es ja immer vorbei.