Atmen ist ein Reflex, Schlucken und die Sache mit dem Knie auch. Aber Liebe? Liebe müssen wir lernen, am ehesten von Eltern oder Großeltern. Allerdings bekommen wir das Meiste ihrer Beziehungsarbeit gar nicht mit. Und was erst, wenn sie unglücklich sind oder sich trennen? Dann bleiben als emotionale Orientierung nur Freund*innen und die sind oft genauso ahnungslos wie wir.

Es ist kompliziert

Wir sollen das mit der Liebe instinktiv richtig machen und einfach so wissen, wie's funktioniert. Dabei gibt es wenig Komplizierteres, als zwei Menschen zu beidseitiger Zufriedenheit dauerhaft miteinander zu verbinden. Spätestens, wenn Hormonrausch und Verliebtheit nachlassen, machen wir immer mehr Fehler und verzeihen immer weniger. Einige davon wären vermeidbar – wüssten wir vorher, worauf zu achten ist.

Für immer? Bullshit!

In Deutschland betrug die Scheidungsquote 2014 etwa 43 Prozent, das ist fast die Hälfte aller Ehen. Unverheiratete Paare, die sich trennen, sind in diese Statistik nicht eingerechnet. Die meisten Ehen zerbrachen in Rheinland-Pfalz:

Auch ich bin geschieden, obwohl ich einmal fest an dieses für immer geglaubt habe. Rückblickend betrachtet ist das zwar alles okay und richtig so und ich bin glücklich und zufrieden als Single; aber vielleicht hätten uns damals ein paar Ratschläge abseits von "Ihr kriegt das schon hin, ihr passt doch so gut zusammen" helfen können.

Diese Beziehungstipps hätte ich vor meiner Scheidung gebrauchen können:

Bleibt euch nah

Achtet darauf, euch nicht schleichend auseinander zu entwickeln. Besonders, wenn man sich jung kennenlernt und verliebt, entwickeln sich die Persönlichkeiten und Interessen noch ein ganzes Stück. Wer sich also nicht bewusst und kontinuierlich darüber austauscht und aktiv Anteil am (Gefühls-)Leben des*r Anderen nimmt, sitzt eines Tages plötzlich neben einem fremden Menschen auf der Couch.

Bleibt ihr selbst

Allerdings gilt auch: Bloß weil ihr ein Leben teilt, seid ihr noch lange nicht EIN Wesen! Es gibt noch viele andere spannende Personen auf der Welt als nur deine*n Partner*in. Eine davon bist übrigens du. Also passt auf, dass ihr zwar kompromissbereit bleibt, eure Bedürfnisse aber nicht permanent denen des*r Anderen unterordnet.

Akzeptiert einander

Der Eine will in die Berge, die Andere ans Meer? Das ist okay, fahrt halt getrennt oder nacheinander. Ihr seid zwei einzelne Wesen mit unterschiedlichen Bedürfnissen. Und nur, weil der*die Partner*in nicht alles davon vollumfänglich erfüllt, heißt das nicht, dass die Beziehung schlecht ist. Aber wer alle Erwartungen auf den*die Partner*in projiziert, wird nun mal zwangsläufig enttäuscht.

Lasst euch Luft

"Nur mit Abstand kann es Anziehung geben", sagt eine meiner Freundinnen immer. Stimmt, denn wie soll man Spannung und Interesse erhalten, wenn man sich symbiotisch auf der Pelle hockt? Eben. Gönnt euch die Zeit mit World of Warcraft oder im Garten, aber stimmt euch dabei ab.

Nehmt den*die Partner*in nicht als selbstverständlich hin

Ihr mögt vielleicht in einer Wohnung wohnen – das sollte euch aber nicht dazu verleiten, eure*n Partner*in wie ein Möbelstück zu sehen. "Ist irgendwie immer da" ist kein Grund, den*die Andere*n als Besitz zu betrachten. Bloß weil ihr auf dasselbe Klo geht, habt ihr kein automatisches Recht auf die Liebe des*der Anderen.

Seid ehrlich zueinander

Eine knifflige Sache, die Vertrauen, Fingerspitzengefühl und Reflexionsfähigkeit erfordert. Probleme oder Sehnsüchte verschwinden nicht, indem man so tut, als sei alles tippi-toppi. Zuerst kommt Ehrlichkeit mit sich selbst, dann die mit dem*der Partner*in. Funktioniert aber nur, wenn beide mitmachen. Ein Dialog wie "Schatzmausengelchen, wir haben ein Problem" – "Das täuscht!" zerstört auf Dauer einfach alles.

Gebt euch Mühe – auch beim Sex

Es ist normal, dass nach einiger Zeit die erotische Anziehung abflaut. Doch wer nicht aufpasst, lebt irgendwann gefühlt mit Bruder oder Schwester in einer WG. Dagegen helfen zum Beispiel Austausch und Gespräch. Und auch, wenn es anstrengend sein kann: Sprecht über eure Wünsche und probiert was aus, entwickelt zusammen neue Vorlieben. Es lohnt sich.

Übernehmt Eigenverantwortung

Schlechte Laune? Umfassende Unzufriedenheit? Dann nicht reflexartig den*die Partner*in anblaffen, sondern zuerst in euch selbst hineinfühlen. In vielen Fällen hat der Frust nichts mit der Beziehung zu tun und demzufolge dort auch nichts zu suchen.

Macht euer Ding

Vollkommen unerheblich, was die Familie/ die Gesellschaft/ das Kino euch eingetrichtert haben: Eure Beziehung hat sich nach überhaupt gar keinen Standards zu richten. Mit Ausnahme derer, die ihr selbst setzt. Hört nicht auf Schwiegervati oder Frauenzeitschriften! Was immer ihr braucht, was immer euch happy macht – lebt es.

Und mit ein bisschen Glück und ganz viel Arbeit gelingt euch vielleicht wirklich dieses für immer.