Es begann mit einer E-Mail. Veronika Faustmann, Fotografin, gerade von Hamburg nach Dublin gezogen, schrieb ihrer Fotografiekollegin Kirsten Becken. Etwas Starkes, Vernetzendes für Frauen, das schwebte ihr vor, so wie sie es in Hamburg erlebt hatte und in Dublin vergeblich suchte. "Als Fotograf*in ist man oft Einzelkämpfer*in und viele Kolleg*innen scheuen sich, sich untereinander auszutauschen. Sie haben Angst, sich zu sehr in die Karten schauen zu lassen." Das wollte sie ändern – und eine Ebene weitergehen, als es herkömmliche Netzwerke tun. Gemeinsam gründeten Faustmann und Becken das Kollektiv Female Photographers.

Wessen Sichtweise fehlt?

"Es geht uns um eine deutlich erhöhte Sichtbarkeit der Künstlerinnen, zu der wir durch unsere Initiative beitragen möchten, denn zu oft sind noch Männer in den Ausstellungen prozentual überlegen", sagt Kirsten Becken. Dies läge an den üblichen Faktoren: eingeschliffene Strukturen, Trampelpfade, wenig Mut zu Neuem. "Und dazu gehört auch immer noch die Kinderfrage oder die Entscheidung für die Familienplanung – und Sammler*innen und Galerist*innen, denen diese Option Sorgen bereitet", ergänzt sie. Eine große Inspiration für ihr Engament sei etwa die feministische Künstlerinnengruppe Guerilla Girls aus New York. Seit 1985 machen sie mit Aktionen und Interventionen im Kunstbetrieb auf die fehlende Sichtbarkeit nicht-männlicher und nicht-weißer Künstler*innen aufmerksam.

Wir unterstützen uns, steuern immer das Puzzleteil bei, das fehlt, teilen Kontakte, bringen uns gegenseitig voran.
Kirsten Becken, Fotografin

Mittlerweile bestehen die Female Photographers aus zwanzig Fotografinnen, sie beschreiben sich als non-hierarchisch. "Das heißt, dass wir uns wie eine Art Klasse aufstellen und jede Aufgaben hat oder etwas beiträgt. Wir unterstützen uns, steuern immer das Puzzleteil bei, das fehlt, teilen Kontakte, bringen uns gegenseitig voran", sagt Kirsten Becken. Ziel des Kollektivs: Gemeinsame Buchveröffentlichungen und Ausstellungen, eine weite Vernetzung und maximale Reichweite. Für die Finanzierung ihrer Projekte und ein gemeinsames Fotobuch starten sie jetzt mit einem Crowdfunding. "Derzeit haben wir einfach kalkuliert und freuen uns, wenn es überhaupt klappt. Das wäre fantastisch", sagen die Gründerinnen.

Die Arbeiten der Fotografinnen sind künstlerisch und thematisch vielfältig, gemeinsam haben sie den kritischen Blick auf Frauenbilder und Geschlechterrollen, die sie als Fotografinnen zurückerobern. Haley Morris-Cafiero etwa sucht nach einem fotografischen Umgang mit dem Thema Body Shaming. Katharina Bosse hat ihre Mutterschaft und ihre Kinder zum Bestandteil ihrer künstlerischen Arbeit gemacht. Die Gründerinnen des Kollektivs beschreiben es so: "Jede bringt ihr Feuer mit in die Sache und kann mithelfen, uns wachsen zu lassen."