Sophie Harris-Taylor hat eine Schwester, mit der sie nie gut klarkam. Sie beschreibt ihre Beziehung als kompliziert und komplex. Oft habe sie einen gewissen Druck von außen wahrgenommen. "Ihr seid Schwestern, ihr müsst euch doch verstehen", bekam sie immer wieder zu hören. Diese Erwartungshaltung hat Harris-Taylor dazu veranlasst, die Dynamiken von Schwesternschaft näher zu beleuchten. Und zwar in Form ihres Fotoprojekts Sisters.

Über zwei Jahre fotografierte die 31-Jährige Schwestern allen Alters auf der ganzen Welt. Knapp 80 Schwesternpaare zeigen, wie besonders die Beziehung zwischen Schwestern sein kann. "Es sind so viele Elemente im Spiel: Vertrautheit, Vertrauen, Wettbewerb, Liebe, Verständnis, et cetera. Die Tatsache, dass sie aus dem gleichen Haus stammen, in der Regel in der gleichen Epoche und dem gleichen Geschlecht geboren werden und sich ein Leben lang gemeinsam entwickeln, macht sie zu einem faszinierenden und ungewöhnlichen Beispiel für menschliche Entwicklung und Dynamik", sagt die Fotografin aus London.

Ein unzertrennbares Band

Im Zuge ihres Projekts erkannte Harris-Taylor, dass weibliche Geschwister keinesfalls immer eine gute Beziehung pflegen. "Jede Beziehung, auch die zwischen den engsten Schwestern, hat ihre Makel", sagt sie. Eine gemeinsame Vergangenheit müsse nicht unbedingt bedeuten, dass man sich gut verstehe. Und selbst wenn: Viele der Schwestern sei es schwer gefallen, still nebeneinander zu sitzen, ohne zu reden, zu lachen oder die andere aufzuziehen. Die anschließenden Interviews seien oft sehr emotional gewesen.

Schwesternschaft ist eine der komplexesten menschlichen Beziehungen, die so oft übersehen wird.

So unterschiedlich schwesterliche Beziehungen sind, so facettenreich sind auch Harris-Taylors Fotos. Da sind zum Beispiel Rochelle und Sabrina. Arm in Arm liegen sie auf der Couch. Das Fotos ist intim, als Betrachter*in spürt man sofort deren innige Beziehung und tiefe Verbundenheit. Fast könnte man meinen, sie wären ein Liebespaar. Ein anderes Porträt zeigt das Schwesternquartett Rhianne, Anaya, Sienna und Kianna. Obwohl die Älteste, Rhianne (14), meint, sie könne ihre Schwestern nicht leiden, hält sie schützend ihre Hände um sie und signalisiert – ob bewusst oder unbewusst – deren Zusammenhalt. Harris-Taylor hält die Fotos in einer Ästhetik, die sich zwischen Schnappschüssen und den für Familienfotos typischen formalen Porträts bewegt.

"Was ich jedenfalls gelernt habe", erzählt Harris-Taylor, "ist, dass die Beziehung zwischen Schwestern wie keine andere ist." Oft würde sie als selbstverständlich gehalten oder übersehen, sei es von Außenstehenden oder sogar von den Schwestern selbst. Auch wenn sich manche Schwestern mehr streiten als sich verstehen, sind sie dennoch emotional verbunden. Das emotionale Band zwischen Schwestern mag an ein paar Stellen angerissen sein. Trotzdem bleibt es unzerbrechlich.

Seelenverwandt geboren: Niemand ist so stark verbunden wie eineiige Zwillinge