Aus "Merkel muss weg" machte sie kürzlich "Merke! Hass weg". Mehr als 100.000 solcher und weiterer menschenverachtender, rassistischer und diskriminierender Sprüche entfernte Irmela Mensah-Schramm. Die Rentnerin und politische Aktivistin sieht das als ihre persönliche Aufgabe: die Straßen vom rechten Hass zu säubern.

Seit 30 Jahren kratzt sie Aufkleber von Wänden und übersprüht Graffiti im öffentlichen Raum. Und obwohl die 70-Jährige dafür schon die Bundesverdienstmedaille verliehen bekam, den Preis "Aktiv für Demokratie und Toleranz" der Bundesregierung gewonnen hat und vergangenes Jahr in Göttingen für ihre Courage mit einem Friedenspreis ausgezeichnet wurde, will ihr eine Berliner Staatsanwältin jetzt das Handwerk legen.

Diese machte vor Gericht Druck. Mensah-Schramm war zuvor angezeigt worden. "Die Staatsanwaltschaft hat der Angeklagten im Schlussantrag mitgegeben, sie möge sich eine andere Art der Meinungskundgebung auswählen. Dieses, was sie jetzt betreibe, hätte keine Vorbildfunktion inne", sagte die Gerichtssprecherin, wie der Deutschlandfunk berichtet. Das Gericht habe sich "damit etwas schwergetan" und hätte "das Verfahren am liebsten eingestellt". Aber das ginge eben nicht ohne Zustimmung der Staatsanwaltschaft.

Schuldig wegen Herzchen und Pink

Vor dem Amtsgericht Berlin-Tiergarten daher jetzt das abstruse Urteil: Gegen Mensah-Schramm wird nach rund 30 Minuten Verhandlung eine Verwarnung ausgesprochen. Wenn sie sich während einer Bewährungszeit von einem Jahr etwas zu Schulden kommen lässt, muss sie eine Geldstrafe von 1800 Euro bezahlen.

In der Verhandlung ging es um ihre jüngste Aktion, das "Merke! Hass weg" im Berliner Stadtteil Zehlendorf. Der Richter sah in der Art der Verfremdung letztlich den Straftatbestand der Sachbeschädigung erfüllt. Die Begründung beim Urteil: Der Buchstabe und das Herz, das einen Punkt unter einem Ausrufungszeichen darstellt, seien viel größer als der ursprüngliche schwarze Schriftzug gewesen. Außerdem habe Mensah-Schramm die auffällige Farbe Pink verwendet.

Mensah-Schramm, die sich gerne als "Politputze" bezeichnet, vermutet, dass die "sogenannten besorgten Bürger" sie angezeigt hätten. "Ich bin Jahrgang 45. Das, was vorher passiert ist, das lässt sich ohnehin nie wiedergutmachen. Es liegt an mir als ein Mensch der Zivilgesellschaft, dass ich etwas tue."

Sie sieht ihre Verwarnung locker, obwohl sie nicht damit gerechnet habe. Sie will weiter kämpferisch bleiben, sagte sie dem Deutschlandfunk: "Es gibt zwei Möglichkeiten: die Ordnungskräfte so lange zu nerven, bis sie tätig werden. Wenn sie nicht tätig werden, dann mache ich das wieder, übermale ich es. Und ich habe gesagt, ich gehe dafür ins Gefängnis, wenn es sein muss. Dieser Staat muss seiner Verpflichtung nachkommen. Und das tut er nicht."

Auch wenn die Entscheidung des Gerichts sachlich sicher richtig war: Es ist ein merkwürdiges Signal der Justiz, nicht die eigentliche Sachbeschädigung zu ahnden. Es gibt in Deutschland wichtigere Probleme als einer ehemaligen Heilpraktikerin zu verbieten, Fremdenhass zu bekämpfen. Zum Beispiel diejenigen zu verurteilen, die diesen verbreiten.

Korrektur: Wir hatten in diesem Artikel zunächst das Strafmaß falsch angegeben. Dies ist nun korrigiert.