Im Geschichtsunterricht, in Physik, Mathe und Deutsch waren sie allgegenwärtig: Mächtige Männer, deren Taten und Erfindungen die Welt veränderten – Caesar, Napoleon, Galileo Galilei, Goethe, Einstein oder Martin Luther King. Was die Frauen trieben, während die Männer Kriege führten, die Welt umsegelten oder Bahnbrechendes erforschten, findet wenig Platz im Lehrplan.

Das liegt nicht zwangsläufig am Lehrpersonal, sondern zum Teil daran, dass Männer, die in einer patriarchalen Gesellschaft über Jahrhunderte für die Geschichtsschreibung zuständig waren, die Taten von Frauen absichtlich ignorierten und nicht selten selbst den Ruhm für Entdeckungen einstrichen.

Wir haben uns auf die Suche gemacht: nach Frauen, von denen wir gerne schon zu Schulzeiten gewusst hätten und die in unseren Geschichtsbüchern fehlen. Die folgende Auswahl erhebt selbstverständlich keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

Maria Anna 'Nannerl' Mozart

Maria Anna 'Nannerl' Mozart war, genau wie ihr jüngerer Bruder Wolfgang Amadeus Mozart, ein musikalisches Wunderkind. Als Kinder spielten und traten sie gemeinsam auf. Sie tourten sogar zusammen für mehrere Jahre durch Europa. Allerdings wurden die beiden Kinder von ihrem Vater unterschiedlich behandelt und gefördert: Während ihr Bruder Orgel- und Kompositionsunterricht erhielt, ging Nannerl leer aus. Als die Mutter der beiden Kinder starb und Nannerl ins heiratsfähige Alter kam, nahm ihr Vater nur noch ihren Bruder und nicht mehr sie mit auf Tour. Nannerl spielte ihr Leben lang weiter und komponierte, von ihren Werken sind heute aber leider keine überliefert.

Hatshepsut

Nofretete war nicht die erste Pharaonin, die über Ägypten herrschte. Hatshepsut übernahm 1479 v. Chr. die Macht über das Land am Nil, als ihr Onkel starb und seinen zweijährigen Neffen als Thronfolger hinterließ. Nach ihrem Tod versuchte man, alle Beweise ihrer Existenz zu vernichten. Skulpturen von ihr wurden zerstört und Hieroglyphen mit ihrer Abbildung wurden mit Männern übermalt. Man munkelt, dass ihr Neffe Thutmose III oder sein Sohn Amenhotep dafür verantwortlich waren, auch wenn es dafür keine eindeutigen Beweise gibt. Heute gilt sie als eine der größten Pharaon*innen.

Fatima al-Fihri

Fatima al-Fihri eröffnete die erste Universität der Welt im Jahr 895 in Fès, Marokko. Im 12. Jahrhundert galt die Universität al-Qarawiyîn als eine der weltweit führenden wissenschaftlichen Institutionen und bestand bis in die 1960er-Jahre, in denen sie in eine staatliche Universität integriert wurde. Wissenschaftlicher und kultureller Austausch wurde an der Universität al-Qarawiyîn stets gefördert, sodass viele europäische Gelehrte sie besuchten

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Die Einführung der arabischen Ziffern in Europa wird auf die Universität al-Qarawiyîn zurückgeführt.

Mary Shelley

Die Geschichte von Viktor Frankenstein und seinem Monster dürfte jeder*m ein Begriff sein. Der Roman, den Mary Shelley 1818 veröffentlichte, zählt zu den wichtigsten Vertretern des Horror-Genres und wurde mehrfach verfilmt. Mary Shelley gilt als Begründerin der Science-Fiction. Hinter der Geschichte des Monsters und seines Vaters steckt eine starke Gesellschaftskritik: Es geht um Klassenkampf, Revolte und Freiheit. Shelley war die Tochter von William Godwin, dem Begründer des politischen Anarchismus, und der Frauenrechtlerin Mary Wollstonecraft. Aus einer liberalen Familie stammend, vertrat Shelley die progressive Idee, dass Frauen die Gesellschaft durch starke Bündnisse reformieren könnten.

Anna Atkins

Anna Atkins gilt als die erste Fotografin der Welt und Herausgeberin des weltweit ersten Fotobuchs. Im Jahr 1843 begann die britische Botanikerin und Illustratorin mit der Arbeit an dem Werk. Sie nutzte erstmals die Cyanotypie, bei welcher es sich um eine frühe Technik der Fotografie handelt. Die Technik wurde 1842 von Sir John Herschel erfunden, mit dem Atkins befreundet war. Mit derselben Technik wurden später Architekturzeichnungen hergestellt.

Ada Lovelace

Ada Lovelace gilt als Pionierin der modernen Informatik. Die britische Mathematikerin schrieb in den 1840ern Programme für die Analytical Engine, eine Vorläuferin des Computers. Sie entwickelte eine eigene Programmiersprache und gilt als die erste Person, die als Programmierer*in bezeichnet werden kann. Für ihre Arbeit fand Lovelace zu Lebzeiten kaum Anerkennung, was mit dem patriarchalischen Gesellschaftsbild des 19. Jahrhundert zusammenhängen dürfte, nach dem Frauen ihre Rolle als Ehefrauen und Mütter zu erfüllen hatten. Neben ihrer Arbeit zog Lovelace drei Kinder groß.

Harriet Tubman

Harriet Tubman war eine afroamerikanische Fluchthelferin der Organisation Underground Railroad. 1849 gelang es Tubman zunächst selbst, sich aus der Sklaverei zu befreien und zu fliehen. Unter dem Codenamen Moses kehrte sie später mehrmals in die Südstaaten zurück, um während der Sezessionskriege (1861–1865) anderen Sklav*innen zur Flucht in die Nordstaaten und Kanada zu verhelfen. So verhalf sie über 100 Menschen zu einem Leben in Freiheit.

Qui Jin

Qui Jin gilt als eine Ikone der chinesischen Revolution und vielen als Märtyrerin. Ende des 19. Jahrhunderts war sie außerdem eine der frühen Feministinnen ihres Landes. In einem Gedicht von 1903 kritisiert sie die damaligen Geschlechterrollen: "Mein Körper erlaubt mir nicht, mich unter die Männer zu mischen, aber mein Herz ist viel mutiger als das eines Mannes." Ihren Ehemann, den ihr Vater ausgewählt hatte, verließ sie. Später schloß sie sich dem Kampf gegen die Regierung der Qing-Dynastie an. Nach einem missglückten Aufstand wurde sie 1907 von Soldaten des Kaisers exekutiert.

„Mein Körper erlaubt mir nicht, mich unter die Männer zu mischen, aber mein Herz ist viel mutiger als das eines Mannes.“
Qui Jin

Walentina Wladimirowna Tereschkowa

Walentina Wladimirowna Tereschkowa war 1963 die erste Frau im Weltraum und ist die einzige Frau in der Raumfluggeschichte, die allein flog, das heißt ohne Begleitung männlicher Kollegen. Drei Tage war die damals 26-jährige sowjetische Kosmonautin im All unterwegs und umkreiste dabei fast 50 Mal die Erde. Der Code, der die Landung auf dem Mond von Apollo 11 – erstmals mit Menschen an Bord – ermöglichte, wurde übrigens ebenfalls von einer Frau geschrieben: der US-Amerikanerin Margaret Hamilton.

Sylvia Rivera

Sylvia Rivera war eine US-amerikanische trans* Aktivistin und kämpfte in den 1970er-Jahren für die Rechte queerer Menschen. Sie sorgte dafür, dass die Forderungen von trans* Personen mehr Beachtung fanden und war Mitbegründerin der STAR Organisation, die obdachlosen trans* Menschen und Dragqueens ein Zuhause gab. Rivera wuchs als Waise auf und wurde mit elf Jahren obdachlos. Sie arbeitete einige Jahre als Sexarbeiterin und wurde von einer New Yorker Dragqueen-Community aufgenommen.

Dr. Shirley Ann Jackson

Dr. Shirley Ann Jackson ist Physikerin und hat durch ihre Forschung viele große und kleine Technologien mitentwickelt, die unseren Alltag prägen. Ihre Studien machten die Entwicklung von Glasfaserkabeln, Faxgeräten und der Anruferkennung möglich. Wenn also das nächste Mal dein*e Exfreund*in oder Chef*in anruft und du dich entschließt, nicht ranzugehen, denke an Dr. Shirley Ann Jackson.

Außerdem auf ze.tt: Was Frauen für die Zukunft fordern