Easy

USA, 2016, Regie: Joe Swanberg

Wahnsinnig leicht und unaufdringlich erzählt der Indiefilmregisseur Joe Swanberg in dieser Serie die unterschiedlichen Geschichten verschiedener Einwohner*innen Chicagos und zeigt dabei Lebensentwürfe, die längst symptomatisch für die Gefühlswelten vieler Großstadtbewohner*innen weltweit geworden sind. Swanbergs Charaktere sind keine Held*innen, aber sie sind, und das ist das Beste an ihnen, auch keine Anti-Held*innen. Er bedient sich keiner Klischees, aber greift auch nicht auf Antiklischees zurück.

Die junge Schauspielerin, die sich eben von ihrem Freund getrennt hat, ist nicht endlich single, aber sie kehrt auch nicht am Ende der Episode zu ihrem Freund zurück. Das Paar, das ein Jahr nach der Geburt ihres Babys auf der Suche nach neuen, sexuellen Abenteuern mit einer gemeinsamen Freundin schläft, hat keinen Dreier, der an einen weichgezeichneten Porno erinnert, aber muss auch nicht, wie häufig in zeitgenössischen Filmen aus dem Indie-Milieu, vor Verkrampftheit und Peinlichkeit jegliche Erotik vergessen. Mit einer sehr guten Besetzung aus Nachwuchstalenten und Hollywoodgrößen wie Orlando Bloom ist Easy sehr sexy und sehr nachdenklich zugleich.

Fleabag

UK, 2016, Regie: Tim Kirkby, Harry Bradbeer

Oberflächlich betrachtet geht es in Fleabag um eine junge Frau aus London und ihre Schwierigkeiten in der Liebe. Wer aber denkt, das hier ist Sex and the City, nur aus Großbritannien, irrt: So einfach lässt sich diese Kurzserie (sechs Folgen à 25 Minuten) in keine Schublade stecken. Klar, Namensgeberin und Protagonistin Fleabag erlebt Männergeschichten. Wie im realen Leben sind diese Techtelmechtel aber nur eine Facette ihres Lebens. So hat sie auch ein gespanntes Verhältnis zu ihrer älteren Schwester, eine komplizierte Beziehung zu ihrem Vater, eine passiv-aggressive Stiefmutter und oben drauf noch ein schlecht laufendes Café.

All diese Wirrungen und Irrungen kommentiert die Hauptdarstellerin selbst mit beißendem Humor. Wenn sie aber mal keinen flotten Spruch auf den Lippen hat, sieht man, dass sich hinter ihrer sarkastischen Fassade viel Trauer um den Verlust eines geliebten Menschen versteckt. Wenn dann diese verletzliche Seite von Fleabag aufblitzt, vermischen sich die Lachtränen mit Tränen der Rührung. Obwohl Fleabag keine klassische Familienserie ist, bei der am Ende alles gut wird, ist sie gerade deshalb die perfekte Serie für Familienrunden mit Erwachsenen. Es gibt keine Happy Ends, stattdessen immer dieses Gefühl, bei dem man nicht so richtig weiß, ob man lachen oder weinen soll.

She's Gotta Have It

USA, 2017, Regie: Spike Lee

Als hätte der Regisseur und Begründer des sogenannten New Black Cinema Spike Lee geahnt, dass 2017 das Jahr der #MeToo-Debatte werden würde, erschien im November die Serie zu seinem gleichnamigen und umstrittenen Kultfilm von 1986. Der Film wurde damals, obwohl er Millionen einspielte, von vielen Seiten scharf kritisiert, da die Hauptfigur, Künstlerin Nola Darling aus Brooklyn, am Ende des Films von einem ihrer Liebhaber zu nicht einvernehmlichen Sex gezwungen wird. Der Ausgang des Films wurde als moralisch fragwürdiger Hinweis darauf verstanden, dass eine Frau, die ihre Sexualität mit vier Liebhaber*innen in hetero- und bisexuellen Beziehungen frei auslebt, dafür bezahlen müsse.

Diesen Vorwurf will Spike Lee mit der Spinoff-Serie nun ausräumen. Und weil zwischen dem Film und der Serie 31 Jahre liegen, packt er gleich noch eine Handvoll neuer Themen drauf: Die Gentrifizierung im immer teurer werdenden New Yorker Stadtteil Brooklyn spielt genauso eine Rolle wie die Wahl Donald Trumps zum 45. Präsidenten der USA. Klassisch Spike Lee, ist alles von feinster Soulmusic unterlegt. Seine Themen haben sich erfreulicherweise weiter entwickelt, stilistisch bleibt er sich aber zum Glück treu.

Her Story

USA, 2016, Regie: Sydney Freeland

Unglaublich sanft und gleichzeitig schonungslos ehrlich zeigt Her Story das vorsichtige Kennenlernen zwischen Allie, einer lesbischen Autorin für ein queeres Magazin, und Violet, einer Transfrau, die sich noch nicht sicher ist, wo genau ihr Platz ist ("There’s really no normal."). Allie taucht dabei zum ersten Mal in das Leben einer Frau ein, die neben den ihr bekannten noch mit ganz anderen Problemen zu kämpfen hat wie etwa, dass sie sich schmerzlich bewusst ist, wie groß ihre Hände im Vergleich zu denen von Cis-Frauen sind. Violet zieht Kraft und Mut aus der Freundschaft zu Allie und wird damit zugleich vor Veränderungen gestellt, die sie zunächst sehr verunsichern. In der Serienhandlung wird Transmisogynie innerhalb der feministischen und queeren Community ebenso wie Gewalt gegen Transmenschen thematisiert. Auch Zuschauer*innen, die sich für sehr offen halten, wird so immer wieder bewusst, wie wenig sie eigentlich über Transpersonen wissen.

Her Story funktioniert, weil es gewohnte Narrative umdreht. Oft wird über Transmenschen berichtet, wenn sie vor einer Geschlechtsangleichung stehen oder besonders schrill und wunderlich auf die Durchschnittskonsument*innen wirken. Aus ihrer Geschichte wird etwas Skandalöses gemacht, das nur verdeutlichen soll, wie anders sie sind. Her Story zeigt aber, was eigentlich allen klar sein sollte: Transmenschen sind ganz einfach Menschen. Sie sind hetero-, bi-, homo- und asexuell, nicht-binär und überhaupt wie wir alle. Eine Abgrenzung wird erst durch ihr Umfeld geschaffen, indem sie bewusst oder unbewusst vergessen, diskriminiert und psychisch wie physisch verletzt werden. Dass Her Story authentisch und einfühlsam ist, liegt auch am Team: Transfrauen werden von Transfrauen gespielt und auch hinter der Kamera arbeiten Transmenschen – wie etwa Regisseurin Sydney Freeland.

The Misadventures of Awkward Black Girl

USA, 2011, Regie: Issa Rae, Shea Vanderpoort

Kennt ihr das, wenn euch im Flur eine Person zum x-ten Mal begegnet, die ihr nicht so gut kennt und ihr einfach nicht wisst, wie oder ob ihr sie noch mal grüßen sollt? Issa Rae weiß genau, wie ihr euch fühlt. Mit viel Humor, der stark an Serien wie The Office oder Parks and Recreation erinnert, erzählt sie die Geschichte der Protagonistin J, die irgendwie nirgendwo so richtig reinpasst, seltsame Kolleg*innen aushalten und sich zwischen zwei potenziellen Partnern entscheiden muss. Wer auch nur einen Funken Empathie in sich trägt, wird vor Awkwardness das Gesicht verkneifen und mit J nervös lachen, wenn sie es mal wieder schafft, sich zu blamieren.

Weil Issa Rae sich selbst nie in den Charakteren großer Serien wiederfand, kreierte sie eben selbst eine. Und das neben ihrem Studium an der Stanford University und mit wenigen finanziellen Mitteln. Mit The Misadventures of Awkward Black Girl startete ihre Karriere als Schauspielerin, Drehbuchautorin, Regisseurin und Produzentin aber erst. Die zweite Staffel wurde von Pharrell Williams mitproduziert, woraufhin der Sender HBO ihre inhaltlich ähnliche Serie Insecure ausstrahlte, die für den Golden Globe nominiert und mit mehreren Auszeichnungen gewürdigt wurde.