Wenn der Deutsche Werberat eine öffentliche Rüge ausspricht, greift er damit zum allerletzten Mittel. Es gibt Verhaltensregeln gegen Herabwürdigung und Diskriminierung von Personen – und bei Verstößen versteht der Rat keinen Spaß. Wird eine Werbung beanstandet, zeigt sich das Unternehmen in 94 Prozent der Fälle einsichtig, wenn es dazu aufgefordert wird, die Kampagne aus dem Verkehr zu ziehen oder abzuändern. Die meisten Firmen haben zu große Angst vor einem Imageschaden durch den öffentlichen Pranger. Doch fünf kleine und mittelständige Unternehmen haben sich uneinsichtig gezeigt. Der Werberat hat ihre Namen und Reklamen nun öffentlich gemacht.

Lehmann Transporte

Auf der Rückseite ihres Lastwagens hat die Firma Lehmann Transporte aus Großhartmannsdorf in Sachsen ein weibliches Gesäß mit Stringtanga abgebildet. Darunter prangt der Spruch "...wir bringen's knackig...", was (nicht nur) in Augen des Werberates die abgebildete Frau mit den transportierten Tiefkühlwaren gleichsetzt. Die Antwort des Unternehmens: Man habe bloß zeigen wollen, wie frisch das Gemüse bei der Lieferung sei. Dass die Frau damit auf ihre Körperlichkeit, genauer gesagt auf ihren Hintern, reduziert wird, sieht man in der Firma offenbar nicht.

Thomy's Reifenservice

Auch bei diesem Unternehmen aus Chemnitz hatte der Werberat mit seiner Beanstandung keinen Erfolg. Denn bei Thomy's Reifenservice findet man die eigene Werbung erotisch und nicht sexistisch. Klar, wer sollte auch auf die Idee kommen, eine Frau in Handschellen, die mit leicht gespreizten Beinen ihren Hintern in die Kamera hält und sich mit ihren Händen auf den Pobacken abstützt, sei herabwürdigend? Der Reißverschluss am Schritt entlang und der Slogan "Nur Klauen ist billiger!" machen es nicht besser. Der Werberat sieht darin eine Anspielung auf sexuelle Verfügbarkeit und eine Grenzüberschreitung, die eine Rüge nach sich zieht.

Pretzsch Bau GmbH

Die Pretzsch Bau GmbH aus Lutherstadt Wittenberg schmückt sich nicht nur mit dem zweideutigen Motto "...wir baggern überall". Für ihre Werbung auf Bauzäunen und Fahrzeugen, die nicht auf der Seite des Werberats, aber bei der Mitteldeutschen Zeitung zu sehen ist, wird daneben ein sexistisches Bild gesetzt: Es zeigt einen sandbedeckten Po, der von einem Miniaturbagger beackert wird. Der Werberat fand das alles andere als imposant (beziehungsweise -sand), sondern frauenherabwürdigend, da es suggeriere, Frauen könnten überall angebaggert werden. In der MZ verteidigte sich der Geschäftsführer mit den Worten, die bereits seit 17 Jahren existierende Werbung würden auch Frauen gut finden. Außerdem behauptet er: "Das ist kein Damen-Po!". Auch wenn es sich tatsächlich um einen Männerpo handeln sollte, ändert das allerdings nichts: Die Kampagne ist ein klassischer Fall von witzig gemeint, aber leider daneben.

LFH Nürnberger Zeitarbeit GmbH

Die schönste Perspektive liegt zwischen den Beinen einer Frau. Zumindest in den Köpfen, die sich die Werbung für die Firma LFH Nürnberger Zeitarbeit GmbH ausgedacht haben. "Jobs mit Perspektive" prangt es auf Rückseite des Firmenwagens. Das Hintergrundbild zum Versprechen: ein Frauenhintern mit weißem Slip. Auf Höhe des Schritts scheint, wie eine Verheißung des Paradieses für brünftige Männer, die Sonne zwischen den Beinen durch. Für den Werberat war die Sache eindeutig: Die Werbung reduziert Frauen auf ihre Sexualität und würdigt sie herab. Durch die Ausschnitthaftigkeit werde der Eindruck noch verstärkt, dass die Frau "als rein sexueller Blickfang fungieren soll". Die Firma selbst ließ im Zuge des Beschwerdeverfahrens verlauten, sie sehe das anders. Die Frage ist nur: Wie bitteschön kann man diese Werbung anders sehen?

UP Gastro GmbH

Von Popos zur Pizza: Die Beschreibung "heiß und scharf" kann nach der Idee von richtig cleveren Werbefüchslein sowohl mit halbnackten Frauen als auch mit italienischem Essen assoziiert werden. Warum dann nicht beides in der Plakat- und Onlinewerbung zu einem Gesamtkunstwerk zusammenführen? Das letzte gerügte Unternehmen ist UP Gastro GmbH aus Halle (Saale) mit seinem Pizzalieferdienst Uno Pizza. In deren Kampagne räkelt sich – äußerst lebensnah – eine Frau in Unterwäsche inmitten von Pizzakartons. Ein Viertel der Pizza Hot Spicy führt sie sich lasziv zum Mund, während die übrigen drei Viertel auf ihrem Bauch liegen. In den Augen des Werberates setzt der Text die Frau mit den beworbenen Pizzen gleich. Das Unternehmen zeigte vermeintlich guten Willen, indem es den Preis von 4,99 Euro entfernte, der zuvor noch auf den Beinen der Frau zu sehen war. Die Firma versuchte dann allerdings, ihren Hals aus der Schlinge zu ziehen, indem sie ein freizügiges Bild aus einer Unterwäschewerbung als Vergleich heranzog. Offenbar hat da jemand 2018 immer noch nicht verstanden, dass eine Werbung mit nackten Frauen dann sexistisch ist, wenn sie nichts mit dem beworbenen Produkt zu tun hat.