Es war mal ein Musiksender. Okay, nein, MTV war nicht nur ein Musiksender. MTV ließ uns teilhaben am Leben der Reichen und Schönen (*hüstel*), vor allem aber an dem der Verrückten. Kein TV-Sender zeichnete ein poppigeres Bild der Lebensrealität der US-Kids in den 80ern und 90ern.

MTV. Ein Sender, bei dem die Menschen noch eskalieren durften, hässliche Autos zu krassen Karren wurden und "fuck" so oft ausgesprochen wurde, dass wir uns fragten, ob die Amis eigentlich auch mal was anderes sagen.

Nebenhier schrieb man dort noch an der Musikgeschichte mit, ließ Bands wie Bon Jovi und Künstler*innen wie Madonna (!) erst so richtig groß werden und bescherte Michael Jackson seine "zweite Karriere".

Jetzt wird MTV 35 Jahre alt, am 1. August 1981 startete der Sender. Zum Geburtstag erinnern wir uns an all die großartigen Sendungen, die uns nachhaltig beeinflusst und die wir ständig geschaut haben.

Pimp my Ride

"Creative – but whack." Total abgeratzte Autos wurden zu, naja, Autos mit eingebauten Diskos, Whirlpools und Kaffeemaschinen. Das Konzept hat von 2004 bis 2007 nicht zuletzt deshalb so gut funktioniert, weil dieser Hip-Hop-Pionier als lässiger Moderator auftrat: X to the Z, XZibit. Wobei das Witzigste daran ja schon war, wie die Schrauber komische Eigenheiten der Fahrzeugbesitzer*innen aufgriffen, in den Umbau integrierten und so verkauften, als repräsentierten sie die Persönlichkeit der Autofahrer*innen.

YO! MTV Raps

Gaaanz oldschool: In der Show, die von August 1988 bis August 1995 lief, traten immer wieder verschiedene Künstler aus dem amerikanischen Hip Hop auf. Moderiert wurde das Ganze von Dr. Dre höchstselbst. Relevant war die Sendung vor allem deshalb, weil sie der damals noch eher nur in der Szene bekannten Rap-Kultur eine Plattform bot und sie in den Mainstream brachte. Hier eine interessante Doku über "YO! MTV Raps":

Jackass & Viva La Bam

"Hi, I'm Johnny Knoxville and welcome to Jackass!" Mit diesem legendären Satz begann jede Folge über eine komplett durchgedrehte Gruppe aus befreundeten Skatern, die sich ab 2000 bis 2002 voll und ganz dem Schabernack verschrieben hatten: Es gab ekelerregende Zeug und gefährliche Stunts, dazu Punkrock. MTV nannte das "Infotainment-Programm mit satirischem Inhalt".

Aus der Show entwickelte sich von 2003 bis 2005 das Format "Viva La Bam", in dem Bam Margera seine Eltern und seinen Onkel quälte. Das Motto: "Bam Margera – what will he do next?" – "Whatever the fuck I want!"

MTV Cribs

Zuschauer bekamen hier vor allem eines: Traumatisierende Einblicke in das Leben der US-Stars (wie bei Mariah Carey). Wenn der Wow-Effekt im nächsten Moment von Fremdscham verdrängt wurde, wussten Zuschauer*innen: Das ist "MTV Cribs". Die Promis nahmen uns mit auf eine Tour durch ihre vier Wände, die nur sie selbst "bescheiden" nannten.

Flavor of Love

Es gab vor dem Bachelor schon mal eine Show im Fernsehen, die auf der gleichen frauenfeindlichen Grundidee basierte. Die machte aber eines viel besser: Sie nahm sich selbst nicht ernst. Weil "Flavor of Love" nämlich so überspitzt daherkam, dass man Macher*innen und Teilnehmer*innen nicht abkaufen konnte, dass sie das auch so meinen, war das von 2006 bis 2008 einfach witzig. Natürlich lag das vor allem am Hauptcharakter Flavor Flav, Rapper von Public Enemy, der immer eine riesenhafte Uhr um den Hals trug. Er wusste schon, was "Swag" ist, als Money Boy noch Philosophie studierte.

Beavis and Butt-Head

Was ist das für 1 Humor? dürften sich die gefragt haben, die die ersten Folgen von "Beavis and Butt-Head" gesehen haben. Übersetzt heißt das übrigens "Vollidiot und Arschgesicht". Zwischen 1993 und 1997 produziert und später immer wieder in unregelmäßigen Abständen ausgestrahlt, verbrachten die beiden Hauptcharaktere der schrägen Comic-Kombi ihre Zeit damit, vor der Glotze abzuhängen, Heavy Metal zu hören, Nachos zu essen und planlos durch die Gegend zu steuern. Dabei lachten sie permanent dämlich, was oft so gar nicht in den Kontext der Handlung passte. Die Serie war durchaus kritisch, kommentierte sie sich doch immer wieder ironisch die damalige Jugendkultur.

MTV Next

"MTV Next" war der moralische Vorbote von Tinder. Nur wurden die Menschen zwischen 2005 und 2008 noch ganz analog von den Partnersuchenden weggewischt. In den 22-minütigen Shows hatten jeweils ein Mann oder eine Frau fünf aufeinander folgende Blind Dates – die sie aber jederzeit durch das Wort "next" abbrechen konnten, was meistens ziemlich wüst rüberkam. Dazu lief ein Minutenzähler: Für jede angebrochene Minute erhielten die Datingpartner*innen einen US-Dollar. Wenn ein Date gut lief, wurde ihnen angeboten, entweder das Geld zu nehmen oder sich noch einmal zu verabreden.

My Super Sweet 16

Wer wollte nicht schon immer verzogene, wohlhabende und frühreife 16-Jährige sehen, die von ihren Eltern mit Geld und Sachleistungen überschüttet werden? Die eine Party zu ihrem 16. Geburtstag feiern und Wünsche erfüllt bekommen, bei denen die meisten von uns sich schon schlecht fühlen würden, wenn wir sie überhaupt aussprächen? Das war "MTV My Super Sweet 16", das von 2005 bis 2008 lief.

MTV war aber selbstverständlich nicht nur für Quatsch gut. Stichwort "MTV Unplugged": Wer erinnert sich nicht an das legendäre Nirvana-Konzert 1993, bei dem die Band sich weigerte, ihren größten Hit, "Smells Like Teen Spirit" zu spielen? Die Konzertreihe ist mittlerweile eine Institution geworden.

An alle Nostalgie-Freunde, die sich immer noch nicht ganz von all den Sendungen trennen können: Der Besitzer des Senders, Viacom, hat kürzlich "MTV Classic" angekündigt – dort werden sie alle bald wieder ausgestrahlt, auch im Netz.

Was für ein schönes Geburtstagsgeschenk.