Für den Blogger Joab Nist sind aufgehängte Zettel mehr als nur ein Mittel zur Kommunikation. Mit der Instagram-Seite Notes of Corona möchte er zeigen, dass sie auch zu einem Zeichen der Solidarität werden können.

Man sagt ja: Erst in Krisenzeiten zeigt sich der wahre Charakter eines Menschen. Die ersten Meldungen waren dann wenig erbaulich: Wir lasen von Menschen, die Hamsterkäufe tätigten und Toilettenpapier, das anschließend überteuert im Internet angeboten wurde. Doch nun, etwa drei Monate nach dem ersten bestätigten Fall einer Erkrankung von Covid-19 in Deutschland, scheint sich vielerorts ein Trend abzuzeichnen, der von Solidarität und Hilfsbereitschaft geprägt ist.

Während das Coronavirus viele Menschen in die Isolation zwingt, tauchten in vielen Hausfluren und an Laternenmasten handgeschriebene Botschaften auf, die zur gegenseitigen Solidarität aufriefen. Das Treppenhaus hat sich zu einem analogen Kommunikationskanal entwickelt, über den in der Nachbarschaft über Hilfsangebote informiert wird oder aufmunternde Sprüche ausgetauscht werden.

"Eine Rolle Klopapier gegen ein Lächeln"

"Wie wird kommunikationstechnisch mit der Krise umgegangen?", fragt der Blogger und Buchautor Joab Nist im Gespräch mit ze.tt und liefert eine mögliche Erklärung gleich hinterher: "Gerade jetzt, wo wir alle irgendwie im selben Boot sitzen und nicht wissen, wohin die Reise geht, ist das Verlangen nach Mitteilung vielleicht noch ausgeprägter", sagt er.

Ein Beispiel dafür ist der Instagram-Account Notes of Corona, der während der Corona-Krise Durchhalteparolen, Danksagungen, Liebesbekundungen und Hilfsangebote aus allen Ecken der Republik sammelt. Für Nist, der mit dem Blog Notes of Berlin bereits seit neun Jahren auf Zetteljagd geht, stellte Notes of Corona eine logische Weiterentwicklung seines erfolgreichen Konzeptes dar. "Notes of Corona ist nicht nur eine Hommage an all die Notizen, sondern gewährt uns auch einen tieferen Einblick in die aktuelle Gemütslage der Menschen."

Zusendungen aus ganz Deutschland

Um mehr über die herauszufinden, ist Joab Nist auf die Mithilfe seiner Community angewiesen. Seit er vor etwa einem Monat mit Notes of Corona an den Start ging, wuchs die Zahl seiner Follower*innen auf Instagram auf über 12.000. Aus ganz Deutschland erreichten ihn seitdem mehrere hundert Zusendungen – und es werden immer mehr. Von selbstgemalten #stayhome-Plakaten, die im eigenen Fenster hängen über diverse nachbarschaftliche Aushänge bis zu Hilfsangeboten oder charmanten Hinweisen, wann das nächste Balkonkonzert stattfindet, ist alles dabei.

Und wie ist es um die Gemütslage der Menschen bestellt? Nimmt man die Zettel als Maßstab, "dann sind wir definitiv solidarisch mit unseren Mitmenschen", sagt Nist. Den Zusendungen kann er entnehmen, dass viele dieser außergewöhnlichen Situation mit viel Kreativität und Humor begegnen. "Vielleicht auch aus Trotz, im Sinne von: Corona schränkt uns zwar gerade massiv ein, aber mundtot machen kann es uns nicht."

Nist erkennt in den Zetteln ein Zusammengehörigkeitsgefühl, das die Menschen in der jüngeren Geschichte so vielleicht noch gar nicht kannten: "Plötzlich ist der Nachbar von nebenan nicht mehr der, der einen nervt, sondern der, der einem hilft oder eben Hilfe benötigt."

Krisenzeiten haben also auch das Potential, neue positive Energie freizusetzen und Menschen zusammenzuschweißen. Nist würde sich wünschen, dass Solidarität, wie sie derzeit vielerorts gelebt wird, auch in Zukunft fortbestehen wird: "Hoffentlich bleibt von diesem Spirit nachhaltig etwas übrig, wenn wir eines Tages wieder zur Normalität zurückkehren werden."Hier könnt ihr Notes of Corona auf Instagram folgen

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