Am Ende war es ganz knapp: Erst in der Stichwahl konnte sich Annegret Kramp-Karrenbauer mit 52 Prozent der Stimmen gegen Friedrich Merz durchsetzen. Jens Spahn war mit rund 16 Prozent bereits im ersten Wahlgang ausgeschieden. Sie löst damit Angela Merkel nach 18 Jahren als Parteivorsitzende ab. Auch wenn nur parteiintern gewählt wurde, die Wahl ist wichtig – denn die CDU-Vorsitzende hat gute Chancen, die nächste Bundeskanzler*in zu werden.

Schon vorher stand fest, dass die CDU nach der Wahl einen konservativeren Kurs einschlagen würde: Auf acht Regionalkonferenzen versuchten die drei Kandidat*innen von sich zu überzeugen, indem sie sich mit konservativen Positionen von der Politik der Kanzlerin distanzierten. Die CDU hat so auch zu einem inhaltlichen Diskurs zurückgefunden und leidenschaftlich um politische Positionen gestritten. Schon lange war die CDU nicht mehr so spannend. Mit Kramp-Karrenbauer hat nun die moderateste Kandidat*in das Rennen gemacht.

Kramp-Karrenbauer ist kein Neuanfang für die CDU

Der Neuanfang, den alle drei Kandidat*innen für ihre Partei gefordert haben, ist AKK jedoch nicht. Sie gilt als Vertraute Merkels, die neben Freundschaft auch eine große inhaltliche Nähe verbindet. Ihre großen politischen Wegziele wie besserer Umweltschutz, Digitalisierung, erfolgreiche Wirtschaft könnten so auch in jedem anderen Parteiprogramm stehen. Wie diese Ziele erreicht werden können, bleibt wenig konkret. Immerhin kann Kramp-Karrenbauer auf eine erfolgreiche Karriere zurückblicken, im Saarland wurde sie mit 40 Prozent wiedergewählt – Werte von denen der Rest der Partei aktuell nur träumen kann.

Vielleicht ist es das große politische Problem unserer Zeit: Die großen Volksparteien unterscheiden sich inhaltlich zu wenig voneinander. Eine starke Wirtschaft, intakte Umwelt und soziale Absicherung finden ja alle irgendwie gut. Am Ende entlädt sich der ganze Diskursstau am Thema Asyl und Migration. Hier hat Kramp-Karrenbauer übrigens eine klare Haltung: Sie möchte straffällige Geflüchtete auch nach Syrien abschieben und lebenslange Einreisesperren in die EU verhängen.

Wichtige Zukunftskonzepte fehlen

Unsere Generation steht vor gewaltigen Herausforderungen. Wir müssen den Klimawandel aufhalten, die Polarisierung der Gesellschaft stoppen, ein aus den Fugen geratenes Wirtschaftssystem korrigieren und die Digitalisierung technologisch, gesellschaftlich und arbeitsmarkttechnisch zum Wohle der Menschen umsetzen. Das alles auch noch parallel und in kürzester Zeit. Dabei laufen wir jetzt schon der Entwicklung hinterher. Noch dazu müssen wir die Umweltschäden vorheriger Generationen ausgleichen. Es wird viel zu wenig darüber diskutiert, wie wir diese Herausforderungen der Generationengerechtigkeit angehen wollen.

Noch scheinen Probleme wie die eigene Rente weit weg, trotzdem müssen wir uns jetzt darum kümmern. Für die Zeit nach 2030 hat die CDU, die sich gerne als Volkspartei mit Führungsanspruch präsentiert, kein Rentenkonzept erarbeitet. Doch dabei werden gerade in diesem Zeitraum, die geburtenstarken Baby-Boomer Jahrgänge in Rente gehen. Im Wahlprogramm von 2017 (PDF) hieß es nur, man wolle eine parteiübergreifende Kommission dazu aufbauen. Die Kommission gibt es mittlerweile, neue Ideen geliefert hat sie nicht. Wenn Kramp-Karrenbauer erfolgreich sein will, muss sie die Chance nutzen, junge Leute einzubinden, um zukunftsfähige Politik zu machen. Die finanziellen Voraussetzungen dafür sind da, Deutschland ist wirtschaftlich so stark wie noch nie.

Es gibt zu wenig junge Menschen in der Politik

Doch junge Menschen sind in der CDU wenige vertreten, zumindest in Positionen, in denen sie wirklich etwas verändern könnten. In seiner Bewerbungsrede für den Parteivorsitz sagte Jens Spahn, es gebe in der CDU mehr Mitglieder über 75 als unter 40. Dabei bräuchten wir dringend Politiker, die die Folgen ihres Handels auch noch erleben. Beispiel Umweltpolitik: Zwar möchte Kramp-Karrenbauer Autohersteller für den Dieselbetrug zur Rechenschaft ziehen, darüber hinaus hat sie aber keine konkreten Pläne.Angela Merkel hat die CDU 18 Jahre auf Kurs gehalten und die Partei unaufgeregt durch einige Krisen geführt. Die ganz großen Themen aber hat sie unangetastet gelassen, wegweisende Entscheidungen verschleppt. Annegret Kramp-Karrenbauer wird sich daran messen müssen, ob es ihr gelingt, Menschen für diese Themen zu begeistern und zukunftsfähige Lösungsansätze zu entwickeln. Insbesondere vor dem Hintergrund einer möglichen Kanzlerkandidatur, die sie bereits angedeutet hat.

Transparenzhinweis: Unser Autor ist Mitglieder der SPD.