"Ein College-Besuch mit unserer 17-Jährigen. Das macht mich nostalgisch...ES PASSIERT WIRKLICH!" Das twitterte die US-amerikanische Schauspielerin Felicity Huffman, bekannt aus der Serie Desperate Housewives, sinngemäß im Dezember 2017. Das Bild zeigt sie und ihren Ehemann William H. Macy, der ebenfalls Schauspieler ist, Hand in Hand über einen Campus spazieren – offenbar eine Ortsbegehung auf der Suche nach einem geeigneten College für Tochter Sophia.

Am Dienstag, mehr als ein Jahr später, wurde nun bekannt, dass sich Huffman und Macy bald vor Gericht verantworten müssen: Sie und rund 50 andere wohlhabende Elternteile sollen Bestechungsgelder gezahlt haben, um ihren Kindern die nötigen Punkte beim Aufnahmeverfahren an Colleges zu bescheren. Selbst Sportlehrende der berühmten Elite-Universitäten Yale, Stanford, USC, Wake Forest und Georgetown sollen für den erwünschten Betrag bei zu schwachen Leistungen der Bewerber*innen weggeschaut haben. Es handelt sich um einen der größten Korruptionsskandale im Bildungssystem in der US-Geschichte.

Prüfungsergebnisse wurden im Nachgang korrigiert, Doppelgänger*innen wurden eingesetzt

Huffman wurde verhaftet und durch eine Kautionszahlung in Höhe von 250.000 Dollar freigelassen. Im Zentrum der Ermittlungen steht William Rick Singer: Er ist CEO der Stiftung The Key, die Schüler*innen aus wohlhabenden Häusern systematisch beim Prüfungsbetrug geholfen haben soll. Dafür zahlten Eltern Bestechungsgelder zwischen 15.000 und 75.000 Dollar, zwischen 2011 und 2018 verdiente Singer so insgesamt rund 25 Millionen Dollar. Unter den Zahlenden war auch: Schauspielerin Lori Loughlin, bekannt aus Full House, und ihr Ehemann, der Designer Mossimo Giannulli, die 500.000 Dollar zahlten. Ihre Töchter studieren heute an der renommierten University of Southern California.

Viele sehen darin ein Paradebeispiel für das korrupte Bildungssystem in den USA, das privilegierte Kinder zusätzlich bevorzugt.

So soll Singer für 15.000 Dollar Felicity Huffmans älterer Tochter Sophia dazu verholfen haben, bei dem PSAT, einem standardisierten Qualifikationstest für angehende Studierende, der landesweit in den USA vor einer Hochschulbewerbung absolviert werden muss, 1.420 Punkte zu erreichen – das sind 400 Punkte mehr, als Sophia im Jahr zuvor erreichte. Das lief laut Ermittlungsstand so ab: Felicity Huffman und William R. Singer trafen sich bereits im Jahre 2017. Singer bot ihr an, jemanden zu bezahlen, die*der nach der Prüfung Sophias Ergebnisse überarbeiten und korrigieren könne. In anderen Fällen habe man die Testergebnisse gefälscht oder den Kindern die Fragen vorher zukommen lassen, in anderen durch Doppelgänger*innen vertreten lassen. Singer soll bereits im September vergangenen Jahres damit begonnen haben, mit den Behörden zu kooperieren. Er half ihnen dabei, Beweise gegen Loughlin, Huffman und Co. zu sammeln.

"Sie ist talentiert, sehr talentiert", sagte William H. Macy über seine Tochter

Seit Dienstag verschwindet der Fall nicht aus den US-Schlagzeilen. Viele sehen darin ein Paradebeispiel für das korrupte Bildungssystem in den USA, das privilegierte Kinder zusätzlich bevorzugt, während ihre Eltern eifrig das Bild der vermeintlich natürlich begabten Sprösslinge bemühen, die durch ihre Talente Großes leisten. Andere müssen derweil um ihre Existenz fürchten: Im Jahre 2011 wurde etwa eine Mutter in Ohio zu einer Haftstrafe verurteilt, weil sie bei der Schulanmeldung eine falsche Adresse angab. So wollte sie erreichen, dass ihre Töchter auf eine bessere Schule in einem anderen Bezirk gehen konnten. Probleme, die Huffman und Co. wohl nicht kennen.

Stattdessen geht in diesen Tagen wieder ein Interview viral, das Huffmans Ehemann William H. Macy dem Onlinemagazin Parade gab. Da sagte er unter anderem: "Meine Töchter sind außergewöhnliche Frauen. (...) Sie haben noch ein ganzes Leben vor sich, aber ich kann langsam aufatmen. Sie sind 16 und 18 Jahre alt und tolle Personen. Meine Tochter Sophia , die älteste, wird auf die LAHSA gehen [Los Angeles High School of the Arts]. Sie entfaltet sich dort. Ich weiß, sie wird Großes erreichen, und ich unterstütze sie. Ich habe es selbst gesehen: Sie ist talentiert, sehr talentiert."