Moritz Hoffmann recherchierte gerade zu einer Hausarbeit in Geschichte, als er bei der Durchsicht des Völkischen Beobachters, der Zeitung der NSDAP, auf die Werbung einer Zigarettenmarke stieß: "Ich weiß nicht mehr, um welche es ging, aber der Claim lautete (sinngemäß) 'Unsere Helden an der Front rauchen nur …'. Der Gedanke, mit Krieg Werbung für Tabak zu machen, schien mir merkwürdigerweise gleichzeitig absurd und logisch", schreibt er auf seinem Blog.

Seit diesem Erlebnis vor 13 Jahren lässt Hoffmann Zeitungswerbung nicht mehr los: "Sie ist, wenn man nach der herkömmlichen geschichtswissenschaftlichen Unterteilung von Quellen geht, die beste Form des 'Überrestes'. Im Gegensatz zur 'Tradition' hat die Werbung nie die Absicht, eine Überlieferung für die Gesellschaft der Zukunft zu sein."

Werbung soll Umsatz bringen, und zwar umgehend. Daher hat sie auch nicht den Anspruch, zeitlos zu sein, sondern ist auf das fokussiert, was jetzt gerade ist. Und so kommt es auch, dass Werbung so schnell altert. Wir kennen das vom Betrachten von YouTube-Clips mit 90er-Jahre-Werbung: Obwohl ihre Entstehung noch gar nicht sooo lange her ist, kommen uns die Werbeclips zum Teil schon vorsintflutlich vor. Das wird auch deutlich, wenn es um Werbung geht, die starre Gender-Stereotype abbildet (glücklich-emsige Hausfrauen in den 50ern), keine Sorgen um die Gesundheit widerspiegelt (der lässige "I go miles for Camel"-Raucher) oder zügellosen Konsum propagiert (würde man heute noch mit "Geiz ist geil" werben?).

Gemeinsam mit zwei Mitstreiter*innen, Charlotte Jahnz und Michael Schmalenstroer, sammelt Hoffmann seit zwei Jahren historische Werbung, teilweise mit Anmerkungen, teilweise ohne. "Dass wir nicht grundsätzlich Begleitinformationen anbieten, heißt dabei natürlich nicht, dass wir das nie tun würden: In Zukunft werden zum Beispiel Anzeigen erscheinen, die aus NS-Zeitungen stammen und der Einordnung ganz dringend bedürfen."

Hier seht ihr eine Auswahl von ihrem Instagram-Account @die_reklame:

gw