Für wenig Smalltalk-Themen lassen sich Menschen im Moment mehr begeistern als für Berichte über die Suche nach einer passenden Wohnung oder einem bezahlbaren Haus. Während die Mieten in der Stadt enorm ansteigen, stehen halbe Dörfer leer und werden nicht mehr von der Bahn angefahren. Wo führt das hin? In der Artikelreihe "Wie wir wohnen werden" fragt unsere Autorin, wie sich unsere Art zu leben in der Zukunft verändern könnte.

Wer in der Großstadt endlich eine bezahlbare Wohnung gefunden hat, zieht so schnell nicht wieder aus. Doch während man sich glücklich in der Gewissheit wähnt, erst mal keinen Vermieter*innen mehr schöne Augen machen zu müssen, passiert manchmal das Leben. So war es auch bei Dennis Prinz, der sich nach einer Trennung plötzlich wieder mit dem harten Wohnungsmarkt in Berlin konfrontiert sah. Weil viele Menschen nach Berlin ziehen, steigen die Preise seit Jahren an. Prognosen zufolge wird die Stadt weiter wachsen, der Berliner Senat spricht von 116.000 weiteren Menschen, die bis 2030 in die Hauptstadt ziehen werden. Die Verschärfung der Preispolitik wird sich fortsetzen. Wie also diesem Problem begegnen?

Prinz Antwort lautet PodLiving, Kapselleben. Das Konzept stammt aus Asien, wo sogenannte Pod Hotels in Großstädten auf möglichst kleinem Raum möglichst viele Menschen unterbringen sollen. Das klingt erst einmal beklemmend. Prinz möchte mit seinem PodLiving-Unternehmen robinhood allerdings weg von klaustrophobischen Schlafwaben. Leerstehende Gewerbeflächen sollen in Wohnraum umgewandelt und mit Kapselzimmern ausgestattet werden. Daneben sollen großzügige Gemeinschaftsbereiche entstehen. Gerne mit Pool, Blumenbeet oder luxuriös ausgestatteter Küche.

Die sogenannten Pods werden voraussichtlich Platz für ein Bett und etwas Stauraum bieten, sind geräuschisoliert und werden gemeinsam mit der Community erarbeitet. Prinz verspricht, dass die Monatsmiete der Pods bei etwa 400 Euro liegen – und damit günstiger sind als so manches WG-Zimmer. Mehr als 2.000 Interessierte haben sich bereits auf der Warteliste eintragen lassen.

Teilen statt haben

Prinz ist ein Freund des Teilens, hat überwiegend in WGs gewohnt, ist gut vernetzt in der Berliner Start-up-SzeneDort gilt: Teilen statt haben, Minimalismus statt Überfluss, Community statt Alleingang. Prinz sagt, er kenne niemanden mehr, der ein Auto oder eine Wohnung kaufen würde: "Ich glaube, sehr viele Menschen leben in einer Post-Status Welt, wo wir uns mehr darüber definieren, was wir erleben und weniger darüber, was wir haben." Man wolle Ressourcen schließlich so klug wie möglich nutzen. Dafür bietet sich PodLiving in seinen Augen optimal an. Der private Raum wird verkleinert und dafür mehr Platz für Begegnungen geschaffen, es sollen feste Gemeinschaften entstehen, die schließlich auch gemeinsamen Luxus finanzieren. Oder wie Prinz sagt: "Wenn mehr Menschen sich einen Whirlpool teilen, dann wird das für alle günstiger."

Wenn mehr Menschen sich einen Whirlpool teilen, dann wird das für alle günstiger." – Dennis Prinz

Dass das Modell nicht den Bedürfnissen aller Menschen entspricht, ist ihm bewusst. robinhood soll vor allem junge Menschen ansprechen, die in die Stadt kommen und nicht von einer Zwischenmiete in die nächste rutschen wollen. Keine Lust auf den Stress, keine Lust auf Verpflichtungen: Statt per Unterschrift auf gedruckten, ewig langen Mietverträgen sollen die Pods über eine App gemietet werden und monatlich gekündigt werden können. "Es soll auf jeden Fall so flexibel sein wie ein Netflix-Abo", erklärt Prinz. Generell sollen Prozesse in dem Wohnbereichen zu großen Teilen digitalisiert werden. Zettel, um sich für die Nutzung der Waschmaschine eintragen zu können, wird es im PodLiving-Space nicht geben.

Als einen zusätzlichen Faktor für die Gentrifizierung von Stadtteilen sieht Prinz sein Unternehmen nicht. Die jungen Menschen, die nach Berlin kommen, würden aktuell schließlich den bestehenden Wohnraum nutzen und durch ihre Nachfrage zum Steigen der Preise beitragen. "Mit PodLiving finden wir eine weitere Möglichkeit, diesem Problem zu begegnen, und dadurch senken wir letztendlich auch die Mieten für alle." Bis die Idee sich finanziell trägt, sollen Investor*innen aushelfen. Aktuell sieht es gut aus für Prinz: Alles deutet darauf hin, dass das erste robinhood in Berlin noch in diesem Jahr bezugsfertig sein wird.

Bei der Umsetzung achtet das Team darauf, auf die speziellen Bedürfnisse verschiedener Bevölkerungsgruppen einzugehen. "Wie schützen wir Frauen, wie sorgen wir für eine gute Mischung innerhalb der Gemeinschaft?", fragt Prinz. Aktuell sei eine der Ideen, eine Frauenquote von 50 Prozent bei den Bewohner*innen geltend zu machen.Wie zukunftsweisend die Idee von Prinz wirklich ist, wird erst ihre Umsetzung zeigen. Der Gründer zieht auch in Betracht, in eine der Kapseln einzuziehen. Sein Zuhause sei dort, wo seine Freunde seien. "Für mich ganz persönlich geht es darum, von netten Menschen umgeben zu sein, die mich bereichern, die ich gern habe, die mir etwas erklären, was ich bisher noch nicht gewusst habe." Für extrovertierte Menschen, die gerne neue Leute kennenlernen und die Gesellschaft anderer lieben, klingt das nach einer guten Idee. Für alle anderen müssen wohl noch andere Antworten auf die Wohnungsnot gefunden werden.