In Raum Wake Me Up When I Am Famous hängt das Bett an der Wand. Ebenso der Nachttisch und ein Bettvorleger. Der ganze Raum ist um 90 Grad verdreht möbliert, um eine perspektivische Täuschung zu schaffen. Die Idee dahinter: Wer sich in diesem Raum im Sprung fotografieren lässt und das Bild hinterher um 90 Grad dreht, scheint über dem Bett zu schweben. Warum das Ganze? Weil es hochpotentes Futter für jeden Instagram-Account sein soll.

Der verdrehte Raum ist ein Setting des Studio Fame, einer Art interaktiver Ausstellung bestehend aus zwölf begehbaren Containerboxen. Vor 20 Hintergründen sollen Instagrammer*innen und Like-Jäger*innen posieren und eifrig Fotos schießen. Da gibt es zum Beispiel ein unechtes DJ-Pult, vor dem man so tun kann, als verstünde man was vom Auflegen. Ein Becken voll weißer Bälle, die wie Schaum in einer überdimensionalen Badewanne aussehen könnten. Die Skyline von New York, damit man zum Fotomachen nicht mehr selbst hinreisen muss. Ein Klo befüllt mit blauem Glitzer, um mit entsprechender Pose zu suggerieren, man hätte zuvor zu viel Christbaumschmuck gegessen. Oder eine pinke Wanne in einem pinken Badezimmer – weil es auf Instagram wohl beliebt ist, wenn man vollends angezogen in einer nicht weißen, nicht befüllten Badewanne posiert.

Das Innere jeder Box ist gnadenlos gestylt, designt und ausstaffiert. Geschaffen, um die narzisstische Lust nach Selbstdarstellung zu befriedigen. "Wir haben die Fotospots, die du für deinen Instagram Feed brauchst", lautet der Lockspruch des sogenannten Selfie-Museums und impliziert damit, wie wichtig es wäre, einen erfolgreichen Social-Media-Auftritt zu haben.

Ein Selfie-Museum für instant success

Instagram-User*innen wird oft vorgeworfen, mit ihren Fotos die Realität zu verzerren. Insbesondere die erfolgreichsten unter ihnen, die Influencer*innen, stehen in der Kritik, Motive und Erlebnisse zu inszenieren, um eine perfekte, mit Filtern überzeichnete Scheinwelt zu konstruieren. Um im Inszenierungswettbewerb mithalten zu können, sind viele User*innen bereit, eine Menge Aufwand zu erbringen. Sie reisen in fremde, ferne Länder, verkleiden und schminken sich, sie rücken minutenlang ihren Matcha-Latte mit Zimttopping auf dem Frühstückstisch zurecht, damit er auf Instagram gut performt. Nur Perfektion bis ins kleinste Detail ist bei vielen User*innen instagramwürdig. Das Studio Fame hat die perfekte Inszenierung der Kulisse bereits vorab erbracht.

Der Insta-Spielplatz ist nach eigenen Angaben explizit auf junge Instagram-User*innen ausgerichtet. Statt sich die Likes mit selbst ausgedachten, kreativen Ideen zu verdienen, reichen dafür jetzt knappe 24 Euro Eintrittsgeld für 90 Minuten. Statt ans andere Ende der Welt zu reisen, um mit kitschigen Fotos von Sonnenuntergängen anzugeben, reicht es jetzt, sich in den entsprechenden Raum zu stellen und ein Erlebnis zu zeigen, das so nie stattgefunden hat.

Ein legitimes Geschäftsmodell

Zugegeben, die Container sind außen wie innen liebevoll gestaltet und erfüllen ihren Zweck. Es stehen Umkleidekabinen bereit, falls jemand das Bedürfnis verspürt, bei der Fototour das Outfit zu wechseln. Auf der zweiten Containerebene gibt es einen kleinen Bereich zum Ausruhen. Die Betreiber*innen von Studio Fame, Katharina Westphal und Kai-Roland Börner, stehen freundlich vor Ort zur Stelle, um beim Fotoschießen zu helfen. Sie füllen das Bällebad und das Glitzerklo wieder auf, sie ersetzen geplatzte Luftballons und hängen runtergefallene Diskokugeln zurück an die Wand. Sie waren es, die die Bedürfnisse von Instagram-User*innen erkannt haben, sowie die Möglichkeit, damit Geld zu verdienen. Warum auch nicht? Wenn jemand bereit ist, für ein Foto vor mehreren Hundert zerschnittenen Schwimmnudeln zu bezahlen, soll er*sie das auch können.

Wie viele Menschen den Selfie-Spielplatz tatsächlich nutzen werden, ist noch nicht absehbar. Der mehrtägige Testlauf in Hannover war laut Betreiber*innen aber sehr erfolgreich. Nun geht Studio Fame auf Städtetour durch Deutschland, damit noch mehr Instagram-User*innen die Möglichkeit haben, sich in die pinke Badewanne zu setzen und in Handykameras zu duckfacen. Das Insta-Gepose wird durch diese Attraktion aber noch absurder. Hinter den Fotos, die uns aus dem Studio Fame erwarten, wird keinerlei besondere Leistung mehr stecken. Ein Foto war noch nie so wenig wert, ein Like noch nie so billig.

Das werden Instagram-Nutzer*innen spätestens dann erkennen, wenn sie auf der Plattform dieselben Motive bei anderen User*innen recycelt wiederfinden und erkennen, dass es nicht bewundernswert ist, sich seinen Foto-Hintergrund zu erkaufen. Ein Selfie im Studio Fame ist wie aufgewärmtes Essen. Mit jedem Erhitzen wird es labbriger, gehalt- und geschmackloser. Bis es irgendwann ungenießbar wird.