Wir haben diesen Beitrag am 21. Juni aktualisiert.

In der Nacht von Donnerstag auf Freitag sind US-amerikanische Kampfflugzeuge Richtung Iran gestartet. Das berichteten zunächst die New York Times sowie die US-amerikanische Presseagentur AP. Die Flugzeug sollten offenbar iranische Ziele angreifen. Die Vergeltungsaktion auf einen Angriff auf eine US-Drohne wurde jedoch abgebrochen. Weder US-Präsident Donal Trump noch andere Verantwortliche seiner Regierung haben die Vorkommnisse bisher kommentiert.

Am Donnerstagmorgen hat die iranische Revolutionsgarde eine Rakete auf eine US-amerikanische Spionagedrohne abgefeuert. Beide Regierungen machten unterschiedliche Angaben über den genauen Abschussort. Die Revolutionsgarden teilten mit, die Drohne sei abgeschossen worden, als sie in den iranischen Luftraum in der Nähe des Bezirks Kohmobarak in Südiran eindrang. Oberkommandeur Hussein Salami bezeichnete den Abschuss als eine Warnung an die Feinde des Iran: "Sie werden nur sicher sein, wenn sie unsere Souveränität, unsere nationale Sicherheit und die nationalen Interessen der großen iranischen Nation respektieren." Laut den USA war die Spionagedrohne über internationalen Gewässern im Golf von Oman von der iranischen Revolutionsgarde abgeschossen worden.

Laut der Tageszeitung Welt hat der Iran somit zum ersten Mal seit Jahren einen gezielten Angriff gegen ein militärisches Objekt der USA offen zugegeben. Donald Trump kommentierte den Abschuss der Drohne auf Twitter mit den Worten: "Iran hat einen sehr großen Fehler gemacht!"

Die US-Flugaufsichtsbehörde FAA hat Flugzeugen, die in den Vereinigten Staaten registriert sind, wegen "verstärkten politischen Spannungen" ein Flugverbot für Teile des Persischen Golfs und des Golfs von Oman erteilt. Es bestehe etwa die Gefahr, dass auch Passagierflugzeuge kommerzieller Fluglinien von den iranischen Streitkräften für Militärflugzeuge gehalten werden könnten.

Wie hat der Konflikt begonnen?

"Wenn Iran kämpfen will, dann wird das das offizielle Ende Irans. Droht den Vereinigten Staaten niemals wieder!" – diesen Satz twitterte Donald Trump, Präsident der USA, im Mai dieses Jahres. Zuvor hatte der Chef der iranischen Revolutionsgarden Hossein Salami gesagt, der Unterschied zwischen "denen und uns ist, dass sie Angst vor einem Krieg und nicht den Willen dazu haben". Seit einigen Wochen spitzte sich der Konflikt zwischen Iran und den USA rasant zu.

Was war der Auslöser?

Das Verhältnis zwischen den USA und Iran ist schon seit Jahrzehnten schlecht. Die jüngste Zuspitzung begann Anfang Mai: Da teilte Pentagon-Chef Patrick Shanahan mit, dass es Hinweise auf mögliche iranische Angriffe gegen in der Region stationiertes US-Personal gebe. Die US-Regierung warf Iran außerdem vor, für Anschläge auf Öltanker und Ölanlagen in der Golfregion verantwortlich zu sein.

Das US-Verteidigungsministerium entsandte einen Flugzeugträger und eine Bomberstaffel in die Region. Alle nicht unbedingt benötigten Mitarbeitenden der US-Botschaft in der irakischen Hauptstadt Bagdad und des Konsulats in Erbil sollten abgezogen werden. Wenige Tage später schlug eine Rakete in der Grünen Zone in Bagdad ein: Dort befinden sich die Sitze von Regierung und Parlament sowie zahlreiche Botschaften westlicher Staaten – auch die der USA. Wer den Raketenangriff, bei dem niemand getötet wurde, verübte und warum, ist bislang unklar – doch Trumps kampfansagender Tweet wurde nur wenige Stunden später veröffentlicht.

Teheran begegnete dem Druck mit Gegendruck: Die Regierung verkündete ebenfalls Anfang Mai, sich künftig nur noch an Teile des Atomabkommens halten zu wollen, wenn die Vertragsstaaten nicht binnen 60 Tagen ihre Versprechen aus dem Abkommen erfüllen.

Was ist das Atomabkommen?

Am 14. Juli 2015 einigten sich die USA, Großbritannien, Frankreich, Russland, China, Deutschland und Iran auf das Atomabkommen. Es sollte Teheran davon abbringen, eine Atomstreitmacht aufzubauen – oder diese zumindest in ferne Zukunft verschieben. Im Gegenzug dazu versprachen die anderen Länder, Wirtschaftssanktionen gegen Iran aufzuheben.

Einer der wichtigsten Akteure, der für das Zustandekommens dieses Abkommens verantwortlich ist, ist Barack Obama, Trumps Vorgänger. Trump stieg ziemlich genau vor einem Jahr, am 8. Mai 2018, aus dem Abkommen aus und erneuerte die Wirtschaftssanktionen gegen Iran. Die anderen Länder hielten an dem Deal fest und versuchten ihre Unternehmen, die durch eine Zusammenarbeit mit Iran von US-amerikanischen Sanktionen betroffen wären, zu schützen – meist nur mit geringem Erfolg.

Dass nun auch Iran sich nicht mehr an das Abkommen halten will, wird als Zeichen dafür gelesen, dass es dieses als nicht mehr profitabel empfindet. In seinem Statement richtete sich der Präsident Hassan Rohani auch an Europa: "Wir unternehmen große Anstrengungen gegen den Drogenschmuggel und haben die Flutwelle von Flüchtlingen nach Europa gestoppt. Das hat uns Milliarden Dollar gekostet, und wir können nicht länger dafür aufkommen, angesichts der Bedingungen, die die USA geschaffen haben."

Wie realistisch ist es, dass es tatsächlich zu einem Krieg kommt?

Beobachter*innen glauben eher nicht daran, dass es tatsächlich zu einem bewaffneten Konflikt kommt. Journalist*innen der ZEITschreiben: "Trump liebt zwar die Symbole des Krieges, er liebt starke Männer, die Flugzeugträger, die Kraftsprüche. Aber er liebt nicht den Krieg."

Trump wolle ein neues Atomabkommen verhandeln, in dem der Iran sich zusätzlich verpflichtet, die Unterstützung terroristischer Vereinigungen zu unterlassen. Um die iranische Führung an den Verhandlungstisch zu bekommen, setze er eine verbale "fire und fury"-Strategie ein.

"Das iranische Regime steht allerdings auf dem Standpunkt, Trump müsse erst wieder dem Nuklearvertrag beitreten, bevor man reden könne. Der Gedanke, dass der Iran in einer erheblich besseren Verhandlungsposition sein könnte, wenn er wie Nordkorea im Besitz einer Atomwaffe wäre, wird den Machthabern in Teheran auch schon gekommen sein."

Die ZEIT hat ebenfalls mit einem hohen US-Diplomaten gesprochen. Dieser möchte einen bewaffneten Kampf nicht ausschließen. Jedoch würde es mit Trump keine Großinvasionen wie unter George W. Bush im Irak geben. Eher würden die USA "etwas ziemlich Großes in die Luft sprengen" – vermutlich denkt er dabei an gezielte Luftangriffe, die beispielsweise ökonomische Strukturen zerstören sollen. Solche Einsätze hat es unter Trump bereits in Syrien gegeben